Politik

Ausblick 2024: Deutsche Wirtschaft steckt in der Flaute fest

Lesezeit: 3 min
13.01.2024 11:00  Aktualisiert: 13.01.2024 11:00
Warum sich die deutsche Wirtschaft in einer schweren strukturellen Krise befindet, schildert die Vermögensberatung FERI.
Ausblick 2024: Deutsche Wirtschaft steckt in der Flaute fest
Warum sich die deutsche Wirtschaft in einer schweren strukturellen Krise befindet, schildert die Vermögensberatung FERI.
Foto: ronniechua

Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die anhaltende Schwäche der deutschen Wirtschaft schlägt sich in zurückhaltenden Prognosen für viele Wirtschaftsbereiche und Branchen für das Jahr 2024 nieder. Eine kraftlose Weltwirtschaft, steigende Zinsen und zunehmend sichtbare Standortnachteile lassen die Wirtschaft in Deutschland auch im kommenden Jahr auf der Stelle treten.

Industrie nochmals mit realem Umsatzminus

Die Industrie befindet sich bereits seit 2018 in einem Abwärtstrend. Die Produktionszahlen liegen aktuell noch immer um rund 6 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2019. Zwar besteht Hoffnung, dass im zweiten Halbjahr ein verbessertes weltwirtschaftliches Umfeld wieder einen Zuwachs der Industrieproduktion ermöglicht. Insgesamt dürfte die Produktion im Jahr 2024 aber wieder um etwa 2 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2023 liegen. Die Chemiebranche kann sich dabei nach dem drastischen Rückgang der vergangenen Jahre auf niedrigem Niveau stabilisieren. Mit deutlichem Gegenwind muss die Autoindustrie rechnen: Der Wegfall staatlicher Förderungsmaßnahmen für den Kauf von Elektrofahrzeugen und starke internationale Konkurrenz mit wachsenden Marktanteilen für chinesische Hersteller lassen für das Jahr eine um etwa 3,6 Prozent geringere Produktion erwarten als im Jahr 2023. Negativ sind auch die Aussichten für den Maschinenbau, der unter der allgemeinen Investitionsschwäche leidet. Stabilere Erwartungen hinsichtlich der Rahmenbedingungen, mit denen Unternehmen mittelfristig planen können, wären hier ein wesentlicher Faktor für eine Verbesserung der Perspektiven, sind aber aus heutiger Sicht eher Wunsch als beobachtbare Realität.

Schlechte Aussichten für das Baugewerbe

Bei ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren trat die Ampel-Regierung mit dem Versprechen an, pro Jahr 400.000 neue Wohneinheiten schaffen zu wollen. Dieses Ziel ist in weite Ferne gerückt. Tatsächlich ist die Bauproduktion in den beiden zurückliegenden Jahren jeweils um 4 bzw. 3,5 Prozent geschrumpft, und ein Ende der Talfahrt ist noch nicht in Sicht. Das gilt insbesondere für Bauträger und Projektentwickler, deren Geschäft unter gestiegenen Zinsen und hohen Baukosten massiv leidet. Abhilfe könnten hier die Vereinfachung von Bauvorschriften, eine umfassende Entbürokratisierung und die massive Förderung seriellen Bauens schaffen. Dass das Minus im Baugewerbe insgesamt nicht noch höher ausfällt, liegt an einer guten Auftragslage für Vorhaben innerhalb des Bestands und an der positiven Entwicklung des Tiefbaus. Die langfristigen Perspektiven hängen hier allerdings wesentlich von der zuverlässigen Finanzierung der Straßen- und Schienenbauprojekte ab.

Hoffnungszeichen für den Konsum

Mit der sinkenden Inflation verbindet sich die Erwartung eines moderaten Zuwachses des privaten Konsums im Jahr 2024. Vor diesem Hintergrund sollte sich der Umsatz des Einzelhandels nach dem deutlichen Minus im Jahr 2023 zumindest stabilisieren. Reisebüros und -veranstalter haben im Jahr 2023 stark zugelegt und dürften 2024 ebenfalls gut abschneiden. Auch nachdem die Tourismusbranche 2023 ein preisbereinigtes Umsatzplus von 14 Prozent erzielen konnte, liegen die Umsätze noch immer um mehr als 10 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2019. Damit sind weitere Aufholeffekte möglich, auch wenn sich die Dynamik des Wachstums spürbar abschwächen sollte. Mit Umsatzrückgängen ist dagegen im Gastgewerbe zu rechnen, weil der Wegfall der Mehrwertsteuerbegünstigung zu höheren Preisen und sinkender Nachfrage führen wird.

Digitale Wirtschaft koppelt sich von allgemeiner Wirtschaftsschwäche ab

Positiv bleibt die Umsatzentwicklung im IT-Sektor und damit verbundenen Branchen: Der Umsatz mit Dienstleistungen der Informationstechnologie ist inzwischen ein Drittel höher als vor der Pandemie, für die Datenverarbeitung und Webportale beträgt das Plus 19 Prozent. Auch im Jahr 2024 dürften beide Sektoren vom anhaltenden Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung profitieren. Es gilt aber weiterhin das bereits im vergangenen Jahr Gesagte: Um die Potenziale dieser Sektoren voll ausschöpfen zu können, braucht es mehr Impulse auch aus dem politischen Bereich. Mehr Engagement von Kommunen und Ländern in der Digitalisierung von Verwaltungsabläufen und Bürgerdienstleistungen wären hier hilfreich.



Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...