Politik

USA und Großbritannien greifen Militärziele von Huthi-Miliz im Jemen an

Lesezeit: 5 min
12.01.2024 08:39  Aktualisiert: 12.01.2024 08:39
Die USA und Großbritannien haben in der Nacht zum Freitag mehrere Militäranlagen der Huthi-Miliz im Jemen angegriffen. Der Nahost-Konflikt weitet sich aus.
USA und Großbritannien greifen Militärziele von Huthi-Miliz im Jemen an
Die USA und Großbritannien haben Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen bombardiert. Der Nahost-Konflikt weitet sich aus. (Foto: dpa)
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Die USA und Großbritannien haben in der Nacht zum Freitag nach eigenen Angaben mehrere Militäranlagen der Huthi-Miliz im Jemen angegriffen. "Diese Angriffe sind eine direkte Reaktion auf die beispiellosen Angriffe der Huthi auf internationale Schiffe im Roten Meer", erklärte US-Präsident Joe Biden am Donnerstag (Ortszeit) und fügte hinzu, dass er nicht zögern werde, weitere Maßnahmen zum Schutz der Menschen und des freien Handelsflusses anzuordnen.

Der britische Premierminister Rishi Sunak erklärte am Freitag, dass die Royal Air Force des Landes an der Seite der USA und mit nicht-operativer Unterstützung der Niederlande, Australiens, Kanadas und Bahrains gezielte Angriffe auf militärische Stellungen der Miliz gestartet habe. "Die genauen Ergebnisse der Angriffe im Jemen werden noch ausgewertet, aber erste Anzeichen deuten darauf hin, das die Fähigkeit der Huthi, die Handelsschifffahrt zu bedrohen, einen Rückschlag erlitten hat", hieß es in der Erklärung des Premierministers.

Dem amerikanischen Verteidigungsministerium zufolge haben die Angriffe auf die Huthi-Stützpunkte aus der Luft und von See aus statt gefunden. Wie US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in einer Erklärung mitteilte, war es das Ziel, Drohnen, ballistische Raketen und Marschflugkörper, das Küstenradar und die Luftüberwachung der Miliz zu zerstören.

Wie mehrere Zeugen vor Ort gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters berichteten, wurde ein Militärstützpunkt neben dem Flughafen der Hauptstadt Sanaa sowie ein Standort in der Nähe des Flughafens Taiz getroffen. Zudem sollen ein Huthi-Marinestützpunkt in Hodeidah und Militärstandorte im Gouvernment Hadschah Ziel der Angriffe gewesen sein. Eine mit der Angelegenheit vertraute Person aus US-Regierungskreisen erklärte, die Angriffe seien gegen mehr als ein Dutzend Standorte gerichtet gewesen. Großbritannien setzte nach Angaben der britischen Regierung vier Eurofighter Typhoon Kampfflugzeuge ein.

Huthi-Miliz kündigt Gegenschläge an

Die Angriffe der USA und Großbritanniens wurden auch von einem Sprecher der Huthi-Miliz bestätigt. Wie Abdul Qader al-Mortada auf X schrieb, habe es Angriffe auf verschiedene jemenitische Städte gegeben. Er bezeichnete den Angriff als "amerikanisch-zionistisch-britische Aggression gegen den Jemen". Bei den Angriffen seien fünf Huthi-Kämpfer getötet und sechs weitere verletzt worden, sagte ein Sprecher der schiitischen Miliz.

Zuvor hatte der Anführer der Huthis am Donnerstag erklärt, dass jeder Angriff der USA auf die Gruppe nicht ohne Antwort bleiben werde. Eine mit der Angelegenheit vertraute Person aus US-Regierungskreisen erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass bisher keine Vergeltungsmaßnahme der Miliz gegenüber den USA und Großbritannien verzeichnet werden konnte, man aber nicht überrascht wäre, wenn die Huthi-Rebellen zum Gegenschlag ausholten.

Nach Angaben des US-Militärs feuerten die Huthis am Donnerstag eine ballistische Anti-Schiffs-Rakete in die internationalen Schifffahrtswege im Golf von Aden ab - der 27. Angriff der Gruppe seit dem 19. November.

Saudi-Arabien reagiert besorgt

Das Außenministerium Saudi-Arabiens teilte in einer Erklärung mit, dass man die Luftangriffe im Jemen mit großer Besorgnis beobachte und zur Vermeidung einer Eskalation angesichts der Ereignisse in der Region aufrufe. Das Ministerium bezieht sich dabei auf Israels Bombenkrieg im Gazastreifen, die mit den Angriffen der Huthi-Rebellen auf die Handelsschifffahrt in Verbindung stehen, da sich die Miliz mit der radikal-islamischen Hamas solidarisch erklärt hat.

Ägyptens Einnahmen aus dem Suez-Kanal sind wegen der Angriffe von Huthi-Rebellen auf Schiffe seit Jahresbeginn im Vergleich zu 2023 um 40 Prozent eingebrochen. Das sagte der Leiter der Kanalbehörde, Osama Rabie, am Donnerstag im Fernsehen. Der Schiffsverkehr sei zwischen dem 1. und dem 11. Januar im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent zurückgegangen.

In dem ans Rote Meer grenzenden Jemen haben die Huthi-Rebellen wiederholt Schiffe vor der von ihnen kontrollierten Küste attackiert. Viele Schiffe meiden daher das Rote Meer und den Suez-Kanal und fahren einen Umweg um Südafrika, was zu höheren Kosten und längeren Roten führt. 15 Prozent des Welthandels verlaufen durch den Suez-Kanal zwischen dem Mittelmeer und dem Roten Meer. Es ist die kürzeste Schiffsverbindung zwischen Asien und Europa.

Es ist das erste Mal, dass die vom Iran unterstützte Gruppe der Huthi-Rebellen bekämpft wird, seit diese Ende vergangenen Jahres damit begonnen hat, internationale Schiffe im Roten Meer anzugreifen. Die Angriffe im Jemen gelten als Ausweitung des Krieges im Gazastreifen, obwohl die USA und Großbritannien sowie ihre Verbündeten gemeinsam erklärten, die Situation nicht eskalieren lassen zu wollen.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) hatte die Huthi-Rebellen am Donnerstag noch dazu aufgerufen, ihre Angriffe auf Schiffe unverzüglich einzustellen. Dies ging aus einer Resolution des Sicherheitsrates hervor, die mit elf Ja-Stimmen, keiner Gegenstimme und vier Enthaltungen angenommen wurde. Die Resolution unterstützt die von den USA geführte Task Force zur Verteidigung der Schiffe, warnte aber gleichzeitig vor einer Eskalation der Spannungen.

Reaktionen anderer Länder

Italien hat Regierungskreisen zufolge eine Beteiligung an den Luftangriffen der USA und Großbritanniens auf die Huthi-Miliz im Jemen abgelehnt. Die USA und Großbritannien hätten angefragt, die Regierung in Rom habe sich aber dagegen entschieden, sagt ein Regierungsvertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte. Italien verfolge eher einen Kurs zur Beruhigung der Lage statt einer militärischen Konfrontation. Zudem wäre eine Zustimmung des Parlaments für eine Beteiligung nötig gewesen.

Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen hat Israel im Gaza-Krieg gegen die radikal-islamische Palästinenser-Gruppe Hamas erneut Verstöße gegen das Völkerrecht vorgeworfen. "Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass Israel die grundlegenden Prinzipien des humanitären Völkerrechts nicht einhält", sagt die Sprecherin des Hochkommissariats der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR), Elizabeth Throssell. Dabei gehe es um "Unterscheidung, Verhältnismäßigkeit und Vorsichtsmaßnahmen bei der Durchführung von Angriffen". Das UN-Menschenrechtsbüro habe betont, dass Israel bei Verstößen dagegen für Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten zur Verantwortung gezogen werden könnte.

Die Bundesregierung steht nach Angaben von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hinter dem Militärschlag der USA, Großbritanniens und weiterer Verbündeter gegen die Huthi-Rebellen im Jemen. "Die Reaktion hat unsere politische Unterstützung", sagte die Grünen-Politikerin am Freitag nach einem Treffen mit dem Außenminister von Malaysia, Mohamad Hasan, in der Hauptstadt Kuala Lumpur.

Jordanien warnt nach den Angriffen der USA und Großbritanniens auf die Huthi-Miliz im Jemen vor einer Eskalation der Spannungen in Nahost. Seine Regierung verfolge die Entwicklungen in der Region des Roten Meeres und deren Auswirkungen auf die regionale Sicherheit mit Sorge, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur (Petra) Außenminister Ajman Safadi. Das Versäumnis der internationalen Gemeinschaft, Israels "extremistische" Politik und "Aggression" gegen die Palästinenser zu stoppen, gefährde die Sicherheit in der Region und drohe den Nahen Osten in weitere Konflikte und Kriege zu treiben.

Dänemark stellt sich hinter die Angriffe auf die Huthi-Miliz im Jemen. Seine Regierung unterstütze das Vorgehen der USA und Großbritanniens, erklärt Außenminister Lars Lokke Rasmussen. Den Huthis dürfe es nicht gelingen, den internationalen Schiffsverkehr aus dem Roten Meer und dem Suezkanal zu verdrängen. Dänemark hatte sich in der vergangenen Woche einer Warnung der USA angeschlossen, in der die Huthis aufgefordert wurden, die Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer einzustellen. Der dänische Großreeder Maersk leitet derzeit wie viele andere Unternehmen der Branche seine Containerschiffe von der Suezkanal-Route durch das Rote Meer auf die längere und teurere Strecke um das Kap der Guten Hoffnung an der afrikanischen Südspitze um.

Frankreich fordert die Huthi-Rebellen im Jemen nach den Luftangriffen der USA und Großbritanniens zu einer sofortigen Einstellung der Attacken auf Handelsschiffe im Roten Meer auf. Zugleich wies das Außenministerium in Paris der Huthi-Miliz die Schuld für die Verschärfung der Spannungen zu. Die Huthis trügen die "schwerwiegende Verantwortung für die Eskalation in der Region", heißt es in einer Erklärung des Ministeriums.

Großbritannien hat die gemeinsamen Luftangriffe mit den USA auf Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen als einen "Akt der Selbstverteidigung" bezeichnet. Ziel sei gewesen, weitere Angriffe auf Schiffe in der Region zu verhindern, auch auf britische Kriegsschiffe, sagt der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, James Heappey. Eine Eskalation in der Region müsse vermieden werden. Die Warnung an die Huthis gelte aber weiter. Man werde sehen, ob die Angriffe auf Schiffe in den nächsten Tagen aufhörten. Großbritannien plane derzeit keine unmittelbaren weiteren Angriffe auf die Huthis, sagt er der BBC.

Russland kritisiert den Angriff der USA und Großbritanniens auf Stellungen der Huthi-Rebellen. Das Vorgehen zeige eine völlige Missachtung des Völkerrechts, erklärt die Sprecherin des Außenministerium in Moskau, Maria Sacharowa. Der Angriff löse eine Eskalation in der Region aus.

Russland beantragt wegen des Angriffs der USA und Großbritanniens auf Huthi-Stellungen im Jemen eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates. Das teilt die Vertretung Russlands bei den Vereinten Nationen (UN) mit.

Auch die mächtige Hisbollah-Miliz im Libanon verurteilt den Angriff der USA und Großbritanniens auf Stellungen der Huthi-Miliz. "Die amerikanische Aggression bestätigt einmal mehr, dass die USA ein vollwertiger Partner bei den Tragödien und Massakern sind, die der zionistische Feind im Gazastreifen und der Region verübt", erklärt die Hisbollah-Miliz. Die Hisbollah wird vom Iran unterstützt und hat sich solidarisch mit der Hamas im Gazastreifen erklärt. Im Grenzgebiet zwischen dem Libanon und Israel kommt es seit langem immer wieder zu Scharmützeln zwischen Hisbollah und israelischem Militär. Seit geraumer Zeit wird befürchtet, dass sich der Konflikt im Gazastreifen auf die Region ausweitet.

Der Iran verurteilt die Angriffe der USA und Großbritanniens auf Stellungen der schiitischen Huthi-Miliz im Jemen. Es seien mehrere Städte im Jemen angegriffen worden, sagt der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, dem Nachrichtenportal Nournews zufolge. "Wir werten das als klare Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität des Jemens sowie als Verstoß gegen internationale Gesetze, Vorschriften und Rechte." Der Iran begreift sich als Schutzmacht der Schiiten, die neben den Sunniten den größten Zweig des Islams bilden, und ist ein wichtiger Verbündeter der Huthi. Beide gehören wie auch die Hamas, die Hisbollah-Miliz im Libanon und andere der sogenannten Achse des Widerstandes an.


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