Wirtschaft

Solarindustrie: Chinas Überkapazitäten überfluten den Weltmarkt

Chinas Solarindustrie bedroht die Weltwirtschaft mit staatlich erzeugten Überkapazitäten und Preis-Dumping. Die chinesischen Hersteller sind zu allem bereit, um Marktanteile zu gewinnen. Auch deutsche Hersteller haben darunter zu leiden.
06.04.2024 12:31
Lesezeit: 2 min
Solarindustrie: Chinas Überkapazitäten überfluten den Weltmarkt
Chinas Solarmodulhersteller dominieren am Weltmarkt und stellen europäische Produzenten vor große Herausforderungen. (Foto: dpa) Foto: Huang Bohan

Die enormen Überkapazitäten in der Solarindustrie Chinas halten weltweit die Preise auf Tiefstständen und verdrängen kleinere Anbieter. Die Überproduktion basiert vor allem auf großzügigen staatlichen Unterstützungszahlungen und ist Ausdruck von Chinas Anspruch bei erneuerbaren Energien eine dominante Marktstellung zu erlangen.

Das Vorgehen ruft die Wettbewerbshüter der EU auf den Plan. Die Kommission prüft nun, ob drittstaatliche Subventionen ein unangemessen günstiges Angebot ermöglicht haben und leitete Untersuchungen gegen zwei chinesische Hersteller von Phovoltaik-Anlagen ein, die sich bei einer Ausschreibung für den Bau und Betrieb eines Solarparks in Rumänien beworben hatten. Auch US-Finanzministerin Janet Yellen warnte die Pekinger Regierung jüngst vor den negativen Auswirkungen, die durch Subventionen für Produkte aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, darunter auch Solarmodule, entstehen. Ihrer Meinung nach überschwemmen diese die Weltmärkte und stellen eine Bedrohung für amerikanische Firmen, Arbeitnehmer aber auch für die Weltwirtschaft dar.

Die Überkapazitäten in Chinas Solarindustrie sind ein Sinnbild für die Herausforderungen, vor denen die nach Kaufkraftparität größte Volkswirtschaft der Welt steht. Hohe staatlich gelenkte Industrieinvestitionen und ein niedriger privater Konsum führen dazu, dass viele Sektoren mehr produzieren, als der Binnenmarkt aufnehmen kann.

„Chinas geschätzte Wafer-, Zell- und Modulkapazität, die im Jahr 2024 produziert wird, reicht aus, um den weltweiten Bedarf pro Jahr jetzt bis 2032 zu decken“, meint Xuyang Dong, Analyst bei Climate Energy Finance in Sydney.

Insbesondere deutsche und europäische Solarfirmen ächzen seit vielen Jahren unter dem staatlich subventioniertem Preisdumping der Chinesen. Fast die Hälfte der chinesischen Solarmodulexporte im Jahr 2023 ging nach Europa, wie aus Daten der Energie-Denkfabrik Ember hervorgeht. Viele ehemalige Fabriken kündigten wegen der Importflut bereits ihre Schließung an – in Deutschland zuletzt das Werk von Meyer Burger in Freiberg.

Chinesische Solarmodul-Produzenten bauen Kapazitäten weiter aus – zu jedem Preis

Ende 2023 betrug Chinas jährliche Produktionskapazität für fertige Solarmodule nach Angaben der „China Photovoltaic Industry Association“ 861 Gigawatt (GW), das ist mehr als das Doppelte der weltweiten Modulinstallationen von 390 GW. Die Produktionskapazität dürfte in diesem Jahr um weitere 500 bis 600 GW steigen, so die Prognosen von Wood Mackenzie und Rystad Energy, da chinesische Schwergewichte wie Longi , Jinko Solar und JA Solar weiterhin neue Anlagen bauen.

Das Überangebot habe die Preise für fertige Solarmodule in China bis 2023 um 42 Prozent gedrückt, wodurch chinesische Module mehr als 60 Prozent billiger seien als in den USA hergestellte Geräte, sagt Huaiyan Sun, Analyst bei Wood Mackenzie. Einige reine Modulhersteller hätten sogar Bestellungen mit negativen Margen angenommen, um ihren Marktanteil zu sichern. Rystad-Analyst Marius Bakke, erklärte, die größten Akteure würden ihren Marktanteil ausweiten, während kleinere aus dem Markt gedrängt würden. Eine Konsolidierung der Branche dürfte nach Einschätzung der Experten die Preise jedoch nicht wesentlich stützen, da die Überkapazitäten blieben und somit auch die Sorgen über Dumpingpreise.

„Da das Angebot auch 2024 noch immer die Nachfrage übersteigen wird, ist ein nachhaltiger Anstieg der Komponentenpreise unwahrscheinlich, sofern er nicht durch politische Änderungen unterstützt wird“, führt Bakke weiter aus. Dazu zählten etwa Reformen bei der Ausschreibung von Solarkomponenten, die die Verkaufspreise über den Kosten halten würden. China mache aber bislang keine Anstalten, etwas dahingehend zu ändern.

„Das Problem der Überkapazitäten wird sich kurzfristig nicht so leicht lösen lassen, da immer mehr Kapazitäten auf den Markt drängen“, erklärte Huaiyan Sun von Wood Mackenzie. Er beschrieb die Branche als eine, die sich mit dem „Überleben des Stärkeren“ auseinandersetzen müsse.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Umfrage: Deutsche gegen militärische Führungsrolle in Europa
25.11.2025

Rente, Bürgergeld, Wehrdienst – bei solchen Themen ist die Stimmung der Bürger gut erforscht. Für die Außenpolitik gilt das hingegen...

DWN
Politik
Politik Lawrow zu Europa: "Ihr hattet eure Chancen, Leute"
25.11.2025

Haben sich die Ukraine und die USA geeinigt? Europa jedenfalls habe seine Chance verspielt, den Ukrainekonflikt politisch zu entschärfen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Biotech-Unternehmen wandern aus: Europa verliert 13 Mrd. Euro an die USA
25.11.2025

Europas Biotech-Branche steht an einem Wendepunkt, weil zentrale Finanzierungsquellen immer seltener im eigenen Markt zu finden sind....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
25.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Experten warnen vor wachsenden Risiken am Markt
25.11.2025

Die Finanzmärkte stehen unter spürbarer Spannung, während Anleger die Dynamik rund um künstliche Intelligenz bewerten. Doch weist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Doppelbesteuerung Rente: Ob Sie betroffen sind und was Sie tun können!
25.11.2025

In Deutschland müssen auch Rentner ihre Rente versteuern, weil Renten als Einkünfte gewertet werden, obwohl Arbeitnehmer bereits im...

DWN
Politik
Politik Georgiens Krise: Welche Machtverschiebung Europa jetzt alarmieren sollte
25.11.2025

Ein Land am Schwarzen Meer verliert seine demokratischen Sicherungen, während die Regierung Kritiker verfolgt und neue Allianzen mit...

DWN
Politik
Politik Insa-Umfrage aktuell: AfD bleibt in Sonntagsfrage vor Union
25.11.2025

Die aktuelle Insa-Umfrage zeigt eine AfD auf Rekordkurs - und eine Union, die langsam näher rückt. Gleichzeitig bröckelt das Tabu-Image...