Finanzen

Lohnt sich eine Bitcoin Geldanlage? „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch. Auch akademische Experten sind gespalten, ob sich die Investition als Geldanlage lohnt.
Autor
02.05.2024 05:24
Aktualisiert: 02.05.2024 08:24
Lesezeit: 4 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Lohnt sich eine Bitcoin Geldanlage? „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
Über die letzten 15 Jahre hinweg hat sich Bitcoin als äußerst rentables, jedoch auch sehr volatiles Asset etabliert. (Foto: iStock/bodnarchuk) Foto: bodnarchuk

Der Bitcoin-Hype geht ungebremst weiter. Das liegt auch am Halving vom 20. April 2024, das bloß alle vier Jahre stattfindet. An dem Samstag halbiert sich das Tempo der neu ausgegebenen Bitcoin-Menge.

Finanzökonomen, die zu den Portfolio-Eigenschaften von Bitcoin forschen, sind indes gespalten. „Eine Anlage in Bitcoins ist gleichzusetzen mit dem Kauf eines Lotteriescheins oder einem Besuch im Casino“, erklärt etwa Matthias Horn von der Universität Bamberg gegenüber DWN. Zwar bestehe eine kleine Chance auf einen großen Gewinn, aber ein Totalverlust sei ebenfalls realistisch.

Die starken Kursschwankungen würden darauf hindeuten, dass es sich um ein rein spekulatives Asset handele. Die oft zu lesende Aussage, der Bitcoin-Preis müsse aufgrund der begrenzten Bitcoin-Menge steigen, sei Unsinn. „Nahezu alle Ressourcen und Güter sind begrenzt“, erklärt Horn. „Dennoch muss ihr Preis nicht steigen. Bei einigen muss sogar Geld bezahlt werden, um die Güter entsorgen zu können.“ Entsprechend würden manche Marktteilnehmer den fairen Preis bei null sehen, andere würden Kursziele jenseits der 100.000 US-Dollar ausrufen.

Bitcoin als Geldanlage „ein geeignetes Asset zur Diversifikation“

Matthias Horn rät daher davon ab, die Altersvorsorge in Bitcoin anzulegen. Investieren sollten Privatanleger „höchstens etwas Spielgeld, auf das sie nicht angewiesen sind“.

Der Finanzökonom Alexander Brauneis sieht Bitcoin hingegen als möglichen Baustein in einem diversifizierten Aktien-Anleihe-Portfolio. „Langfristig betrachtet stellt die akademische Literatur fest, dass Bitcoin sehr wohl ein geeignetes Asset zur Diversifikation von traditionellen Portfolios ist“, erklärt der Professor der Nottingham Trent Universität gegenüber DWN und verweist auf mehrere akademische Studien. Allerdings gebe es auch gegenteilige Befunde.

In den vergangenen 15 Jahren habe sich Bitcoin als sehr ertragreiches, aber auch sehr volatiles Asset etablieren können. „Bitcoin hätte insbesondere in den Bullenmärkten von 2013, 2017 und 2021 substantiell positive Beiträge zur Gesamtperformance eines traditionellen Portfolios geleistet, in den Bärenmärkten der jeweiligen Folgejahre 2014, 2018 und 2022 wäre jedoch das genaue Gegenteil davon eingetreten“, erklärt Brauneis. Spot-ETF-Zulassungen in den USA, gesetzliches Zahlungsmittel in zwei Ländern, gegenwärtige Allzeithochs und Höchststände der Netzwerk-Hashrate deuteten an, dass Bitcoin gekommen sei, um zu bleiben oder zumindest noch etwas länger zu bleiben.

„Ungeachtet der Frage, was Bitcoin nun wirklich ist (Pyramidenspiel/Religion versus dezentrales, nicht-korrumpierbares, inklusives, öffentliches Netzwerk zum Transfer von Vermögenswerten), kann begründet behauptet werden, dass es ,anders‘ als viele andere Assetklassen ist“, schreibt Brauneis weiter. „Genau diese Eigenschaft macht Bitcoin - für Menschen mit einer entsprechenden Risikotoleranz - zu einer validen Option als Diversifikator in traditionellen Portfolios, getreu dem Sprichwort ,Nicht alle Eier in einen Korb legen.‘“ Konkret rät der Kryptoexperte risikobereiten Anlegern, maximal einen niedrigen einstelligen Prozentanteil des Vermögens zu investieren.

Matthias Horn überzeugen die bisherigen Studien hingegen nicht. „Sehr wichtig zu verstehen ist, dass Studienergebnisse zu Korrelationen zwischen Bitcoins und anderen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffen, Immobilien etc. rein deskriptiv und auf die Vergangenheit bezogen sind“, erklärt er. „Nur weil es in einem früheren Zeitraum eine schwache oder gar eine negative Korrelation zwischen Aktien- und Bitcoinpreisen gegeben hat, heißt das nicht, dass der Bitcoin in Zukunft zu einer guten Diversifikation eines Aktien-Anleihe-Portfolios beitragen wird.“

Korrelation von Bitcoin zu Aktien ist gestiegen

Die Korrelation von Bitcoin zum breiten Aktienmarkt hat sich im langfristigen Trend erhöht. Laut DWS stieg diese zum US-Aktienindex S&P 500 vom negativen Bereich auf 0,4. Bei einer Korrelation von 1 entwickeln sich die Renditen von zwei Vermögenswerten im perfekten Gleichlauf, bei -1 exakt gegenläufig und bei null gibt es keinen Zusammenhang. Zum Vergleich: Die Korrelation von Gold zum S&P 500 liegt bei nahe null oder ist je nach Zeitraum sogar negativ.

Bitcoin korreliert zu Gold wiederum mit -0,2 bis 0,2 - also ohne erkennbaren Zusammenhang. Das hat die Stiftung Warentest für den Stichtag 31. Januar 2024 berechnet. Die Korrelation zum MSCI World lag in den vergangenen drei Jahren sogar bei 0,45. Je geringer oder negativer eine Korrelation zwischen zwei Vermögenswerten, desto besser.

„Gründe für die zunehmende Korrelation zwischen Aktien und Kryptowährungen könnten in der zunehmenden Popularität von Krypto-Handels-Plattformen sowie der zunehmenden Verbreitung von Krypto-Anlagevehikeln wie Krypto-ETPs auf dem Aktienmarkt liegen“, schreiben die DWS-Analysten. Allerdings warnen die Analysten vor voreiligen Schlüssen: Zuletzt sei die Korrelation wieder gesunken.

Alexander Brauneis gibt zu, dass Bitcoin „weniger anders“ und zunehmend wie Tech-Investments werde. Die Korrelation zu Aktien und Tech-Werten sei in den vergangenen Jahren gestiegen. „Das ist mit Markowitz beurteilt natürlich schlecht für Diversifikation.“ Gleichzeitig sei aber auch die Volatilität gesunken. Der Bitcoin-Preis schwankt also nicht mehr so kräftig wie in der Vergangenheit.

Laut dem Kryptomedium Cointribune ist die Jahresvolatilität von Bitcoin von 90 Prozent im Jahr 2018 auf 65 Prozent im Jahr 2023 gefallen. Die Bitcoin-Preis schwankte also im Schnitt um 65 Prozent um seinen Jahresmittelwert. Das ist mehr als dreimal so viel wie beim MSCI World oder Gold, die eine Volatilität von rund 20 Prozent aufweisen.

Gleichzeitig bricht Bitcoin immer wieder stark ein. Etwa fiel der Eurokurs von Mai bis Juni 2021 von 48.000 auf 27.000 Euro (-45 Prozent), von November 2021 bis Januar 2022 von 56.000 auf 31.000 Euro (-45 Prozent) und von April bis Juni 2022 von 39.000 auf 18.000 Euro (-54 Prozent). Im Corona-Crash von Februar bis März 2020 gab der Preis um rund 50 Prozent nach (von 9600 auf 4500 Euro).

So ticken Krypto-Investoren

Laut einer Studie von Forschern der Frankfurter Goethe-Universität investieren denn auch vor allem spekulative, renditefokussierte Anleger in Krypto-Finanzprodukte. Diese handelten viel öfters als durchschnittliche Anleger (9,1 statt 2 Trades pro Monat) und würden sich dreimal so häufig pro Monat in das Online-Depot einloggen.

Zudem neigten Kryptoinvestoren zu Anlagefehlern, Herdenverhalten und würden riskante Portfolios halten. Etwa würden sie häufig Aktien kaufen, die zuvor viel Medienaufmerksamkeit erfahren hätten, Gewinner-Aktien aus der jüngeren Vergangenheit sowie volatile Lotterie-Aktien. Die Forscher analysierten knapp 900 Kundendepots bei einer großen deutschen Onlinebank zwischen 2014 und 2017.

Matthias Horn sieht in einem Fachartikel zudem technische Risiken. Da Bitcoin nicht auf Konten bei traditionellen Finanzinstituten gehalten werden könne, könnten Verbraucher nur durch ihre Wallets auf Einheiten der Kryptowährung zugreifen. Wallets auf externen Geräten wie einem USB-Speicher könnten verloren, gestohlen oder zerstört werden, während Wallets auf einem PC, Smartphone oder einer Cloud gehackt werden könnten.

Außerdem würden risikomindernde Dienste von klassischen Bankdienstleistungen fehlen. Etwa könnten falsch ausgeführte Transaktionen nicht rückabgewickelt werden und es gebe auch keine Einlagensicherung. Gestohlene oder falsch überwiesene Bitcoin seien „unwiederbringlich verloren“.

Nicht nur Bitcoin-Forscher sind indes zwiegespalten, sondern auch die Bafin und die Verbraucherzentrale. Während die Verbraucherzentrale pauschal von Bitcoin als Geldanlage abrät, warnt die Bafin nur vor den Risiken und empfiehlt Kryptos „allenfalls als Beimischung zu einem bereits vorhandenen, breit in andere Anlageklassen gestreuten Portfolio von Geldanlageprodukten“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

Elias Huber

Elias Huber arbeitet als freier Journalist und Honorar-Finanzanlagenberater. Der studierte Volkswirt schreibt vor allem über die Themen Wirtschaft und Geldanlage. 

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Erbschaften oft steuerfrei - Ausnahmen sollen abgeschafft werden
17.09.2025

Jedes Jahr werden Milliarden oft steuerfrei vererbt oder verschenkt. Manche halten die Steuereinnahmen dadurch für zu gering. Die Debatte...

DWN
Finanzen
Finanzen Tesla-Aktie gilt als „sinnlos überbewertet“ und erzielt dennoch gigantische Renditen
17.09.2025

Investoren, die die hohe Bewertung ignorierten und die Tesla-Aktie in Erwartung großer Gewinne und künftiger Marktmacht kauften, wurden...

DWN
Politik
Politik IW-Analyse deckt auf: Regierung stopft Haushaltslöcher mit Sondervermögen
17.09.2025

Mit dem Sondervermögen Infrastruktur wollte die schwarz-rote Koalition eigentlich den Investitionsstau im Land auflösen. Doch eine...

DWN
Panorama
Panorama Deutschlandticket: Preis könnte 2026 von einst 9 auf 64 Euro klettern
16.09.2025

Die Finanzierung des Deutschlandtickets sorgt weiterhin für Spannungen zwischen Bund und Ländern. Hinter den Kulissen wird um einen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Die Lage ist ernst“ – Maschinenbau fordert Taten von Merz
16.09.2025

Der deutsche Maschinenbau, eine Schlüsselbranche mit rund einer Million Beschäftigten, steckt in einer tiefen Krise: Schwache Konjunktur,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stimmung hellt sich auf – Hoffnung für Autobranche und Chemie
16.09.2025

Nach langer Durststrecke gibt es wieder positive Signale für die deutsche Wirtschaft. Das ZEW-Konjunkturbarometer zeigt einen deutlichen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Gasspeicher über Zielmarke von 70 Prozent hinaus gefüllt- Winter-Risiken bestehen
16.09.2025

Die deutschen Erdgasspeicher sind derzeit zu rund 75 Prozent gefüllt und haben damit das für den 1. November festgelegte Ziel von 70...

DWN
Politik
Politik Taiwan veröffentlicht neuen Zivilschutzleitfaden für möglichen China-Angriff
16.09.2025

Taiwan hat ein aktualisiertes Handbuch zum Zivilschutz vorgestellt, das die Bevölkerung auf einen möglichen militärischen Angriff Chinas...