Politik

Milliarden für die Ukraine? G7 ringen um Nutzung russischer Vermögen

Bei den Jachten der Oligarchen wurde nicht lange gefackelt. Europäische Staaten haben sie konfisziert, wenn sie konnten. Jetzt geht es um das russische Staatsvermögen, da scheinen die Bedenken weit größer zu sein, sie zugunsten der Ukraine einzufrieren. Die G7 haben darüber kontrovers diskutiert.
26.05.2024 07:17
Lesezeit: 2 min
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Die führenden demokratischen Industrienationen ringen weiter darum, wie eingefrorene Vermögen der russischen Zentralbank zur Unterstützung der Ukraine genutzt werden können. Deutschland wäre laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereit, weitere Schritte zur Nutzung der Zinserträge zu unternehmen. Voraussetzung sei aber, dass diese Schritte „keine rechtlich nachteiligen oder ökonomisch riskanten Folgen hätten“, betonte der FDP-Politiker beim Treffen der G7-Finanzminister in Norditalien. Das sei aktuell nicht geklärt. Trotz Drucks aus den USA zeichnete sich daher zunächst keine Einigung ab. Ziel dürfte aber ohnehin der Gipfel der Staats- und Regierungschefs Mitte Juni in Apulien sein.

In der EU und in anderen Ländern sind seit dem russischen Angriff auf die Ukraine rund 285 Milliarden US-Dollar (263 Milliarden Euro) an russischen Vermögenswerten eingefroren. Allein in der EU sind es nach Kommissionsangaben rund 210 Milliarden Euro. Dieses Geld wirft jährlich Zinserlöse in Milliardenhöhe ab, die künftig zugunsten der Ukraine eingesetzt werden sollen. Doch wie das geschehen soll, ist unter den G7-Staaten umstritten.

Zinserträge sollen in militärische Ausrüstung fließen

Die EU-Staaten wollen 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung leiten. Mit den restlichen zehn Prozent soll unter anderem der Wiederaufbau von zerstörter Infrastruktur in der Ukraine finanziert werden. Bis 2027 wird mit Einnahmen von 15 bis 20 Milliarden Euro gerechnet.

Die USA halten das für zu zögerlich. Ursprünglich wollten sie nicht nur die Zinserträge, sondern auch das eingefrorene Vermögen selbst einziehen. Das lehnten die EU-Staaten klar als zu riskant ab. Zuletzt schlug US-Finanzministerin Janet Yellen vor, die G7 könnten der Ukraine einen großen Kredit geben, der durch die Zinserträge aus den eingefrorenen russischen Zentralbankgelder abgesichert würde. Dieser Kredit könnte ein Volumen von rund 50 Milliarden Dollar haben.

Lindner betonte, es gebe eine gemeinsame Offenheit der Europäer, den Vorschlag der USA intensiv zu prüfen. Aktuell sei man aber weit entfernt von Verhandlungen, weil es noch sehr viele ungeklärte Fragen gebe. „Wer welche Garantien geben oder Risiken tragen müsste, das ist noch ganz offen“, sagte der deutsche Finanzminister.

Dem Vernehmen nach sieht man in den EU-Staaten unter anderem das Problem, dass der US-Vorschlag künftige Erträge fest einplant, die je nach Zinsentwicklung und Entwicklung des Ukraine-Kriegs gar nicht sicher zur Verfügung stehen.

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire betonte, die EU habe für das laufende Jahr bereits selbst eine gute Lösung gefunden. Zugleich räumte er ein, die Amerikaner hätten ihren Vorschlag verbessert und rechtssicher gemacht. Wichtig sei, dass die G7 Einigkeit in dieser Frage beweise und sicherstelle, dass die Ukraine in den kommenden Jahren die nötigen finanziellen Mittel habe, um sich gegen Russland zu verteidigen.

Bei allen Instrumenten Konsequenzen abwägen

Lindner betonte, gemeinsames Interesse sei, dass sich die Ukraine weiter gegen den russischen Angriff wehren könne, „dass Putin diesen Krieg keinesfalls gewinnen kann, also die Kriegsziele nicht erreicht“. Es müssten aber bei jedem Instrument die Konsequenzen abgewogen werden.

Erst am Donnerstag hatte Kremlchef Wladimir Putin ein Dekret zur Beschlagnahmung von amerikanischen Vermögen unterzeichnet. Damit solle der Schaden kompensiert werden, den die unfreundlichen Handlungen der USA der Russischen Föderation und der Zentralbank Russlands zufügten. Demnach kann ein Gericht Vermögen der USA und von amerikanischen Bürgern in Russland beschlagnahmen, etwa in Form von Aktien, Anteilen an Kapitalgesellschaften und Grundstücksrechten. Moskau hatte auch die in der EU geplante Beschlagnahmung der Zinserlöse als Diebstahl kritisiert.

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