Politik

Alleinerziehende stark von Einkommensarmut betroffen - Kindergrundsicherung würde das Problem verschärfen

Eine aktuelle Studie verdeutlicht erneut, dass Alleinerziehende und ihre Kinder in Deutschland weiterhin besonders stark von Einkommensarmut betroffen sind. Laut der Bertelsmann Stiftung waren im vergangenen Jahr 41 Prozent der rund 1,7 Millionen Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern von Armut betroffen. Im Vergleich dazu lag der Anteil bei Paarfamilien zwischen 8 Prozent (bei einem Kind) und 30 Prozent (bei drei oder mehr Kindern).
26.06.2024 06:53
Lesezeit: 1 min
Alleinerziehende stark von Einkommensarmut betroffen - Kindergrundsicherung würde das Problem verschärfen
Führt die Kindergrundsicherung bei der Armutsproblematik zu Verschlechterungen? (Foto: dpa). Foto: Sebastian Kahnert

Kritik an der geplanten Kindergrundsicherung

Die geplante Einführung einer Kindergrundsicherung stößt auf Kritik. Anette Stein, Expertin der Bertelsmann Stiftung, bemängelt, dass die vorgesehene Maßnahme die Armutsproblematik nicht nachhaltig lösen könne und sogar zu Verschlechterungen führen könnte. Der Gesetzentwurf steckt seit Monaten im parlamentarischen Verfahren fest.

Über 82 Prozent der Ein-Eltern-Familien werden von alleinerziehenden Müttern geführt, während knapp 18 Prozent von alleinerziehenden Vätern geführt werden. Trotz vereinzelter Verbesserungen in der Situation der Alleinerziehenden bleibt ihre Lage prekär. Die relative Einkommensarmut betrifft Personen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung zur Verfügung haben.

Kindererziehung und Armutsbekämpfung

Unter den 8,5 Millionen Familien mit Kindern unter 18 Jahren in Deutschland machen alleinerziehende Familien etwa 20 Prozent aus. Der Anstieg seit 2019 auf etwa 1,7 Millionen Ein-Eltern-Familien ist teilweise auf Zuwanderung aus der Ukraine zurückzuführen. Regionale Unterschiede zeigen sich mit einem Anteil von 16,5 Prozent Alleinerziehenden in Bayern und 27,5 Prozent in Berlin.

Fast die Hälfte der Kinder in Haushalten mit Bürgergeld-Bezug lebt in einem Ein-Eltern-Haushalt. Besonders hoch ist das Armutsrisiko für alleinerziehende Mütter, wobei der Anteil an Haushalten mit Bürgergeld-Bezug in Bremen mit 55 Prozent am höchsten und in Thüringen mit 27 Prozent am niedrigsten ist.

Trotz hoher Erwerbstätigkeit bei Alleinerziehenden - 71 Prozent der Mütter und 87 Prozent der Väter sind berufstätig - bleibt die finanzielle Lage oft schwierig. Fehlende Unterhaltszahlungen und unzureichende staatliche Unterstützungsleistungen tragen dazu bei, dass sich die Situation vieler Alleinerziehender nicht entscheidend verbessert hat.

Ausblick auf die Kindergrundsicherung

Die geplante Kindergrundsicherung soll verschiedene Leistungen für Kinder bündeln und wurde vom Bundeskabinett bereits beschlossen. Ob sie jedoch Anfang 2025 eingeführt wird, bleibt unsicher. Kritiker wie die Bertelsmann Stiftung sehen die Reform als ersten Schritt, der jedoch bei weitem nicht ausreicht, um alleinerziehende Familien dauerhaft aus der Armutsfalle zu befreien.

Die Stiftung fordert zusätzlich zu finanziellen Unterstützungsmaßnahmen eine bessere Infrastruktur mit mehr Kitaplätzen, verlässlicher Ganztagsbetreuung und flexibleren Arbeitszeitmodellen. Auch die Rolle der Väter in der Care-Arbeit sollte gestärkt werden, um die Situation für Alleinerziehende nachhaltig zu verbessern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Schuhhändler Görtz erneut in die Insolvenz gerutscht
22.01.2025

Einst gab es in fast jeder Fußgängerzone eine Görtz-Schuhfiliale. Doch das Traditionsunternehmen, das 1875 gegründet wurde, ist erneut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IWF-Prognose Weltwirtschaft: USA im Aufwind - Deutschland abgeschlagen
22.01.2025

Die neue IWF-Konjunkturprognose für die Weltwirtschaft zeichnet ein differenziertes Bild für das Wachstum der Industrienationen....

DWN
Finanzen
Finanzen Apple-Aktie rutscht ab: Jefferies-Analyst senkt Kursziel – jetzt Apple-Aktie kaufen?
21.01.2025

Die Apple-Aktie steht am Dienstag mächtig unter Druck. Ein skeptischer Analystenkommentar sowie schwächere Verkaufszahlen in China sorgen...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt-Entwicklung 2025: Stimmung hellt sich auf, welche Segmente sind die Favoriten?
21.01.2025

Nachdem das Transaktionsvolumen auf dem Immobilienmarkt für zwei Jahre deutlich zurückgegangen war, hat er sich vergangenes Jahr...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steigende Sozialabgaben pushen Schwarzarbeit: Handwerk wird unbezahlbar
21.01.2025

Steigende Sozialabgaben sorgen für steigende Preise: Das Handwerk fordert jetzt eine Sozialabgabenbremse, sonst werden Handwerksarbeiten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IfW Kiel zur Trump-Präsidentschaft: "Zeiten der immer schnelleren Globalisierung vorbei"
21.01.2025

Für die deutsche Wirtschaft ist die Präsidentschaft von Donald Trump laut dem Wirtschaftsinstitut IfW Kiel mit erheblichen Unsicherheiten...

DWN
Politik
Politik Gericht bestätigt: Sächsische AfD darf als rechtsextrem bezeichnet werden
21.01.2025

Der sächsische Landesverband der AfD hatte 2023 gegen die Einschätzung des Verfassungsschutzes Beschwerde eingelegt, die Partei als...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis und Ölpreis: Trumps zweite Amtszeit könnte turbulent für den Rohstoffmarkt werden
21.01.2025

Donald Trump ist zum zweiten Mal US-Präsident – turbulente Zeiten scheinen sicher. Unmittelbare Auswirkungen kommen auf den...