Weltwirtschaft

Werkbank Asien: „Traditionelle Sklaven wurden besser behandelt“

Lesezeit: 9 min
29.06.2024 16:41
Industrieproduktion, vor allem im Elektronikbereich, findet immer mehr in Asien statt. Allerdings zu teilweise menschenunwürdigen Bedingungen – kritisiert Dr. Werner Rügemer, Publizist und Buchautor, im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.

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DWN: Geht man in einen Elektronikmarkt, findet man nur noch wenige Produkte, die nicht „Made in China“ oder aus anderen asiatischen Ländern sind. Hat sich die Fertigung von Halbleitern, Computern und Computerzubehör endgültig dorthin verlagert? Oder täuscht dieser Eindruck?

Werner Rügemer: Elektronik „made in China“ - das ist hängengeblieben. Aber schon seit etwa 2005 hat die Volksrepublik China die Löhne schrittweise nachhaltig erhöht, jährlich zwischen sechs und zehn Prozent, und die Arbeitsbedingungen wurden erheblich verbessert. Deshalb fliehen vor allem die großen US-Digitalkonzerne wie Apple mit ihren Zulieferfirmen seit über einem Jahrzehnt so schnell wie möglich aus China und verlagern ihre Produktion innerhalb Asiens, vor allem nach Indien, Vietnam, Indonesien, in die Philippinen, aber auch in die USA und nach Mexiko. Und für neue Bereiche wie die aufwendige Elektronik der e-Mobilität (Autos, Bikes, Scooter, Uhren, Drohnen...) werden neue globale Zulieferketten aufgebaut, weiter in Asien, aber auch auf allen Kontinenten. Und ganz vergessen, verdrängt, verheimlicht wird, seit Beginn, die extreme Bedeutung Taiwans.

DWN: Wird Asien auf Kosten Europas industrialisiert? Entstehen dort die Arbeitsplätze der Zukunft?

Werner Rügemer: Dort sind schon jetzt die meisten industriellen Arbeitsplätze der Gegenwart. Asien ist die Fabrik der Welt, mit und ohne China. Die insbesondere aus den USA organisierte Industrialisierung Asiens ist bereits seit knapp 50 Jahren im Gange. Öffentlich bekannt ist die Zuliefer-Industrie in Staaten wie Bangladesh und Pakistan, für westliche Textil- und Schuhkonzerne wie Nike und Hugo Boss. Aber auch westliche Auto-, Pharma-, Agro- und vor allem die großen Digitalkonzerne lassen dort seit Jahrzehnten arbeiten, direkt und noch mehr über Zulieferer. Dabei werden alle wesentlichen menschenrechtlichen Arbeitsrechte der UNO und die Konventionen der UNO-Unterorganisation International Labor Organization ILO verletzt.

Aber diese Industrialisierung hat zwei ganz unterschiedliche Gesichter: Erstens die ständige Ausweitung und Differenzierung der Niedrigstlohn-Ketten für die führenden Konzerne des kapitalistischen Westens wie vor allem in Indien. Aber zweitens die ganz andere Industrialisierung der Volksrepublik China: Dort wurde, ebenfalls ausgehend von kolonial verursachter extremer Verarmung, die Industrialisierung insbesondere seit den 1980er Jahren vorangetrieben – aber in nationaler Souveränität und mit Achtung und Aufwertung der in der Industrie Beschäftigten. So wurde China in wenigen Jahrzehnten zur größten Industrie-, Wirtschafts- und Handelsnation der Erde, mit innerchinesischen Produktionslinien, mit der Regulierung auch der privaten Unternehmen, der chinesischen wie der westlichen sowie mit dem Aufstieg von etwa 700 Millionen Arbeitern und auch der Mittelklasse – während andere westlich industriell und politisch geförderte Staaten wie Indien oder die Philippinen nichts Vergleichbares geschafft haben, ohne souveräne technologische Entwicklung, auch die arbeitende Bevölkerung dort ist extrem arm geblieben, zudem mit Millionen von extrem Prekären im informellen Sektor.

DWN: Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Werner Rügemer: Ich habe vor 40 Jahren, 1984, eine mehrwöchige Feldforschung im kalifornischen Silicon Valley gemacht. Ich wollte vor Ort die Realität dieser aufsteigenden, auch in der Bundesrepublik Deutschland hochgelobten High Tech-Industrie sehen: Alles sei sauber, ohne rauchende Schlote, innovativ, umweltschonend, gesund, kommunikativ, mit neuen und interessanten Arbeitsplätzen und neuem Wirtschaftsaufschwung: So hatte etwa 1983 der damalige bundesdeutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher/FDP vor der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA geschwärmt.

Vor Ort sah ich zwar die glänzenden Konzernfassaden von Hewlett Packard, Intel, National Semiconductor und Advanced Micro Devices und die erfolgreichen, medial gehypten Aufsteiger wie Steve Jobs - Jobs als mediale Leitfigur lief locker in Jeans und offenen Pullis herum, mit Randlosbrille und Birkenstock-Sandalen, lobte sich als Veganer und dass es bei Apple keine Hierarchien gebe, und er sei Anhänger des Kommunitarismus, einer moderneren Form des Sozialismus.

Aber Ingenieure, Lehrer, Behördenmitarbeiter, auch Wissenschaftler der Elite-Universität Stanford, die Umweltinitiativen berieten, berichteten mir etwas anderes. Gewerkschafter zeigten mir die sweatshops: Hier montierten vielfach illegal gehaltene Niedrigstlohn-Migrantinnen aus Mexiko und Indonesien die Chips und wurden, weil ungeschützt, wegen der dabei verwendeten Chemikalien krank, ihnen fielen die Haare aus, sie hatten Fehlgeburten. Feuerwehrleute berichteten: Hier gibt es keine geordnete Entsorgung der chemisch verseuchten Abwässer, sie werden heimlich irgendwo weggeschüttet oder werden in Tanks aufbewahrt, die dann undicht werden. Ein Ingenieur bei Lockheed, Friedensaktivist, erklärte mir: Der Rüstungskonzern ist das größte Unternehmen in Silicon Valley, für seine Interkontinental-Raketen braucht er die besten Chips von Intel! Ich habe dazu 1985 das Buch veröffentlicht: Neue Technik – alte Gesellschaft. Silicon Valley.

Auch wegen der Kritik begannen Apple, Microsoft, Intel usw. damals schon, so viel Arbeitsplätze wie möglich aus dem Silicon Valley in die Länder zu verlagern, aus denen bisher die Niedriglöhner eingewandert waren, vor allem aber nach Taiwan und China, zunächst. In Taiwan herrschte unter der faschistoiden Diktatur von Tschiang Kai-schek und seines Sohnes bis 1987 das Kriegsrecht. Taiwan war zugleich ein US-Protektorat. Hier entwickelte sich auf Drängen der Silicon Valley-Konzerne der heute weltweit größte Konzern für die Chipherstellung: Taiwan Semiconductor Manufacturing Coporation TSMC – und mit TMSC entwickelte sich in Taiwan der heute weltweit größte Organisator für Niedrigstlöhnerei in der Elektronik-Industrie: der Konzern Foxconn, 1974 gegründet. Daneben gibt es in Taiwan noch ähnliche, zunehmend global aktive Niedrigstlohn-Spezialisten wie Pegatron und Wistron.

DWN: Können Sie uns die Arbeitsbedingungen bei Foxconn näher erläutern?

Werner Rügemer: Zunächst: Foxconn ist der weltweit führende Organisator von kasernierter Niedrigstlöhnerei. Die wichtigsten Kunden sind die US-Digitalkonzerne wie Nvidia, Apple, Microsoft, Hewlett Packard, Dell, Intel, Amazon, Google, Cisco, Motorola, in China sind es Lenovo und Huawei, in Japan sind es Nintendo, Sony und Toshiba, Samsung in Südkorea, Nokia in Finnland.

Foxconn ist ein Weltkonzern, der größte Konzern Taiwans mit Zentrale in Taipeh, und steht auf der Welt nach Umsatz auf Platz 27. Etwa 1,3 Millionen Beschäftigte sind fest angestellt. Sie leiten die vielen Millionen Niedrigstlöhner, die in ganz Asien Smartphones, Laptops, Spielekonsolen, Mainboards, Kopfhörer, Grafikkarten, multifunktionelle Armbanduhren, Sprechautomaten, Platinen, Netzteile, Konnektoren, Kühlkörper, PC-Gehäuse und alle die heute so vielfältigen Geräte des digital durchsetzten Alltags montieren. Groß wurde Foxconn im Standort China: In der Hochzeit hatte Foxconn hier allein für Apple drei Millionen Arbeiter eingesetzt. Aber seit zwanzig Jahren werden in China die Löhne schrittweise und nachhaltig erhöht, wie in keinem anderen Staat. Deshalb flüchtet Foxconn so schnell wie möglich in arm gebliebene Staaten Asiens, um dort in den industriellen Reservearmeen der vielen Millionen an erpressbaren Arbeitslosen und vertragslosen Prekären im informellen Sektor zu schöpfen.

Ein Beispiel: Foxconn in Indien, in der Sonderwirtschaftszone Chennai im Bundesland Tamil Nadu. Mit der Montage der Apple-iPhones 12, 13, 14, und zuletzt 15 ist Foxconn hierhin aus China geflüchtet. Foxconn lässt durch Agenturen in armen Regionen junge Frauen anwerben, im Alter zwischen 18 und 23 Jahren. Sie werden in überwachten Massenunterkünften mit Mehrstockbetten untergebracht. Die meisten haben weder Verträge noch Ausweise oder sonstige Belege dafür, dass sie bei Foxconn angestellt sind. Sie erhalten keine Sozialleistungen, Gewerkschaftsbeitritt ist verboten, ebenso die Handy-Nutzung auf dem Firmengelände. Sie arbeiten im 6-Tage-3-Schicht-Betrieb, für 88 Cent pro Stunde – davon werden aber die Kosten für die Unterkunft, für das billige Essen und für die täglichen Transporte von der Unterkunft zur Fabrik und zurück abgezogen. Nach wenigen Jahren sind die Frauen erschöpft, krank – und werden ausgetauscht. Traditionelle Sklaven wurden besser behandelt: Sie sollten möglichst lange gesund und arbeitsfähig bleiben, durften mit ihren Familien leben und Kinder haben. Zurecht kritisieren das die dortigen Gewerkschaften als modernisierte Sklavenarbeit.

DWN: Und das geht im großen Stil so weiter?

Werner Rügemer: Die Arbeits-Aufsichtsbehörden schauen weg, selbst wenn der niedrige nationale, gesetzliche Mindestlohn nicht gezahlt wird. Die rassistische, hinduistische Regierung unter Präsident Modi fördert auch Tamil Nadu als Standort, weil hier der Hindu-Anteil mit etwa 90 Prozent höher liegt als im indischen Durchschnitt. Und die westlichen Initiativen, auch in der EU, haben keine Ahnung, sie kritisieren seit Jahren gebetsmühlenartig vor allem die Lage der Textilarbeiterinnen in Bangladesh. Und die EU hat in ihrem neuen Lieferkettengesetz von 2024 die Elektronik-Industrie ausgespart.

Die indische Regierung Modi hat 2020 ein 7-Milliarden-Programm aufgelegt: Die drei taiwanesischen Niedrigstlohn-Spezialisten Foxconn, Pegatron und Wistron werden hier subventioniert, um westliche Digitalkonzerne anzulocken. Das ist erfolgreich: Dell, Motorola, Hewlett Packard, Nokia, Samsung sind aus China geflüchtet und lassen hier einzelne Produkte endmontieren.

Diese weltweit von Apple & Co. und den westlichen wie indischen Leitmedien verheimlichten Verhältnisse werden immer wieder durch spontane Streiks unterbrochen, kurzzeitig: So streikten im Dezember 2021 mehrere tausend der 17.000 Arbeiterinnen bei Foxcon in Chennai. Sie blockierten die Autobahn von Chennai nach Bangalore. Anlass war eine Lebensmittelvergiftung in einem Komplex von Massenunterkünften für mehr als 2.000 Arbeiterinnen. Die Proteste anderer Beschäftigter weiteten sich entlang der Autobahn aus. Die Polizei schritt ein, 20 Aktivisten wurden verhaftet. Aber Berichte über solche Proteste gegen massive Menschenrechtsverletzungen werden von Apple & Co., von der EU, von den Leitmedien unterdrückt. Auch die hiesigen Aktivistinnen, die ständig an ihrem Apple-iPhone hängen und sich für Frauenrechte einsetzen, stellen sich blind.

DWN: Geplant waren weitere milliardenschwere Investitionen für eine Chipfabrik im indischen Bundesstaat Gujarat. Was ist daraus geworden?

Werner Rügemer: Die Regierung Modi fördert die Flucht von Foxconn, und der ähnlichen taiwanesischen Niedrigstlohn-Spezialisten wie Pegatron und Wistron aus China: Modi bietet Indien als die große Alternative zu China an, mit konkurrenzlos niedrigen Löhnen und hohen staatlichen Subventionen.

Die von Foxconn und der indischen Regierung in Gujarat geplante neue Chip-Fabrik scheiterte aber aus zwei Gründen: Erstens verfügt Indien nicht über die Kette der Zulieferer, die für die Herstellung von Chips nötig ist, etwa für seltene Erden und für die hochkomplizierten Produktionsmaschinen. Zweitens wollte der zweitgrößte Konzern Taiwans, TSMC, der größten Chiphersteller der Welt, micht mitmachen. TSMC baut gegenwärtig lieber neue Chipfabriken in anderen Staaten, die marktnäher sind und noch höhere Subventionen bieten, etwa die USA, Deutschland und Israel.

DWN: Und ist damit das Vordringen von Foxconn in Indien gestoppt?

Werner Rügemer: Überhaupt nicht, im Gegenteil. Die US-Regierung unterstützt Modi, und zwar noch heftiger, seit sich Indien dem BRICS-Bündnis angeschlossen hat. Die Auftragsfertigung für Apple in Indien durch Foxconn wird noch mehr ausgeweitet. Beim Staatsbesuch Modis in Washington im Juni 2023 lobte US-Präsident Biden, dass Indien noch mehr für Apple arbeiten lässt. Modi sagte Subventionen zu, zum Beispiel für folgendes Projekt: Foxconn lässt in der hinduistischen 25.000 Einwohner-Kleinstadt Sriperumbudur einen riesigen, 12stöckigen Schlafraumkomplex hochziehen, für 37.000 junge Frauen: Aufgrund von Protesten haben die Zimmer jetzt nur noch sechs Betten. Die Entfernung zwischen der Massenunterkunft und den Montagefabriken beträgt hier zwischen 50 und 95 Kilometer – das sind bis zu sechs Stunden Fahrt in engen Bussen, sechs Mal pro Woche. Und Apple hat in Tamil Nadu einen zweiten Niedrigstlohn-Spezialisten engagiert, Flex: Auch hier wurde für höhere Löhne und die Zulassung einer Gewerkschaft gestreikt, im Februar 2024.

DWN: Welche anderen westlichen Firmen nutzen Indien als Produktionsstandort?

Werner Rügemer: Siemens hat den in seiner Geschichte weitaus größten Auftrag für die Herstellung von Lokomotiven bekommen – in Indien. In Gujarat wird Siemens, gefördert mit Subventionen, für drei Milliarden Euro 1.200 E-Loks produzieren lassen.

Allein in der genannten Sonderwirtschaftszone Chennai sitzen auch 80 Zulieferer, die mit ähnlichen Arbeitsbedingungen auf die Herstellung von Autoteilen einschließlich Autoreifen spezialisiert sind, für Autokonzerne wie Hyundai, KIA, Skoda, und für den indischen Autokonzern Tata. Inzwischen hat sich Foxconn als Auftragsfertiger auch in die e-Mobilität eingeklinkt, etwa mit Nvidia für den Autokonzern Stellantis.

Indien ist mit tausenden von Zulieferfirmen der weltweit größte Standort für die Produktion von Motorrädern, Fahrrädern, Traktoren. Die indische Tochter von Daimler, BharatBenz, lässt in Chennai LKWs und Busse bauen. Der deutsche Autozulieferer Bosch unterhält in Bangalore seit 2017 ein Zentrum für KI, und auch SAP sucht hier hochmotivierte, billigere indische Software-Ingenieure: SAP unterhält neben der Zentrale im deutschen Walldorf in Indien den größten Entwicklungsstandort.

DWN: Indien und Asien stehen also hoch im Kurs.

Werner Rügemer: Nicht nur Indien. „Apple hat zehntausende von zuliefernden Unternehmen auf nahezu allen Kontinenten“, so heißt es mal nebenbei (und bewundernd) im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung FAZ. Zehntausende Zulieferer! Allein für Apple! Im Geschäftsbericht 2021 nennt Apple eine Zahl: „Bei einigen unserer Zulieferer in 53 Staaten sind während dieses Jahres 21 Millionen Beschäftigte über ihre Rechte informiert worden“ – diese 21 Millionen Niedrigstlöhner sind offensichtlich nur ein kleiner Teil des allein für Apple ausgebeuteten Millionenheeres.

Aber mit der ständig erweiterten Digitalisierung und KI und der dafür nötigen Geräte und Arbeiter werden die Zulieferketten schon längst auch in anderen Staaten Asiens ausgeweitet, in Vietnam, Myanmar, Malysia, Indonesien, den Philippinen. Seine Watch-Uhren lässt Apple in Vietnam montieren, mithilfe von Zulieferern aus Thailand - und weil in Vietnam die Löhne steigen, holen Apple-Foxconn billigere Wanderarbeiter aus Laos und Kambodscha nach Vietnam.

Und die westlichen Autokonzerne etablieren Zulieferer der e-Mobilität zunehmend auch in armen Regionen Afrikas, etwa in Tunesien und Marokko – und für die qualifizierteren Arbeiten nicht zuletzt auch weiter in osteuropäischen EU-Staaten, ebenfalls mit staatlichen und EU-Subventionen. Foxconn hat neuerdings jeweils einen Standort in den beiden EU-Staaten Ungarn und Tschechien, und allein in Brasilien fünf Standorte, ebenso in Mexiko. Und Foxconn ist natürlich auch im digitalen hot spot Israel präsent, bei den Geräten für die digitale Patientenüberwachung.

DWN: Asien gilt zudem doch auch weiterhin als Reservoir für Wanderarbeiter?

Werner Rügemer: China stellt keine Wanderarbeiter, das tun aber die vom westlichen Kapitalismus arm gehaltenen anderen Staaten Asiens. So kommt bekanntlich der größte Teil der Belegschaften der Kreuzfahrtschiffe der größten derartigen Konzerne Carnival, Royal Caribbean und Norwegian Cruise – alle mit Sitz in den USA – aus den Philippinen. Bauarbeiter in Katar kommen aus Asien, Landarbeiter in Israel kommen aus Thailand – und übrigens: Modis Indien schickt 90.000 Bauarbeiter nach Israel, weil die bisher wegen Arbeitslosigkeit erpressten billigen Arbeiter aus den besetzten palästinensischen Gebieten nicht mehr geholt werden, wegen des Krieges in Gaza.

DWN: Nvidia, Apple, Microsoft & Co. gelten als die nach Marktkapitalisierung, Börsenwert und Gewinnausschüttung größten Unternehmen der Welt – wäre das ohne die Billiglöhne in Asien denkbar?

Werner Rügemer: Nein. Das ist aber nur solange möglich wie die vielen hundert Millionen ausgebeutetem Niedrigstlöhner in der „Fabrik Asien“ – darunter die vielen Frauen, so verheimlicht werden können wie bisher.

Ähnliches gilt ja auch für die davon profitierenden, nicht ganz so hoch bewerteten Konzerne wie die Taiwan-Konzerne Foxconn und TSMC, und es gilt auch für Siemens, Daimler und SAP aus Deutschland. Übrigens: Die heute im „westlichen“ Kapitalismus führenden US-Investoren wie BlackRock, Vanguard & Co. gehören mit ihren superreichen Kapitalgebern gleichzeitig zu den führenden Aktionären sowohl bei Apple, Microsoft & Co., und auch noch bei Foxconn und TSMC, und auch bei den Kreuzfahrtkonzernen – und auch noch bei Siemens, SAP und Daimler, gleichzeitig!

Info zur Person: Der Publizist Dr. Werner Rügemer ist Autor unter anderem von „Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts“, „Imperium EU - Arbeitsunrecht, Krise, neue Gegenwehr“ und „Blackrock & Co enteignen“. Zuletzt erschien sein Buch „Verhängnisvolle Freundschaft. Wie die USA Europa eroberten. 1. Stufe: Vom 1. zum 2. Weltkrieg.“ Im Papyrossa Verlag, Köln.



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