Startups: Frauenanteil in der Gründung
Besonders in der Start-up-Szene stehen Frauen vor erheblichen Herausforderungen und sind stark unterrepräsentiert. Trotz einer positiven Entwicklung liegt der Frauenanteil in Start-ups derzeit bei etwas über 20 Prozent, womit die angestrebte Parität noch weit entfernt ist. In 37 Prozent der Start-up-Teams ist mindestens eine Frau vertreten, während reine Männerteams einen Anteil von 62,6 Prozent ausmachen. Zum Vergleich: Im Bereich der Existenzgründungen liegt der Frauenanteil bei 42 Prozent. Im europäischen Vergleich befindet sich Deutschland damit nur im Mittelfeld. Studien belegen jedoch, dass Teams mit Frauen einen besonderen Mehrwert für Gesellschaft und Wirtschaft schaffen, da sie tendenziell mehr Wert auf Nachhaltigkeit und soziales Unternehmertum legen.
Leaky Pipeline in den MINT-Fächern
Auch in anderen Berufen des MINT-Arbeitsmarktes (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) ist der Frauenanteil deutlich geringer. Dies liegt nicht daran, dass junge Mädchen in den Schulen weniger Interesse oder Begabung an MINT-Fächern zeigen, sondern vielmehr daran, dass sie in ihrem Interesse zu wenig bestärkt werden. Außerdem spricht die Forschung von dem Phänomen der "Leaky Pipeline". Die sogenannte tropfende Leitung beschreibt den kontinuierlichen Verlust von Frauen auf den verschiedenen Karrierestufen, von der Ausbildung bis hin zu Führungspositionen. Trotz eines hohen Anteils an weiblichen Absolventinnen in MINT-Fächern bleiben nur wenige in der Branche, was auf strukturelle Barrieren, mangelnde Unterstützung und Vernetzung, fehlende Vorbilder sowie geschlechtsspezifische Vorurteile zurückzuführen ist.
Gender-Gap-Kapital
Ein weiterer Faktor, der Frauen im Start-up-Ökosystem benachteiligt, ist die Finanzierung. Männerteams steht durchschnittlich fast neunmal mehr Kapital zur Verfügung als Frauenteams. Studien zeigen eine deutliche Kluft zwischen dem Kapitalbedarf – der bei Frauen- und Männerteams ähnlich ist – und der tatsächlich erhaltenen Finanzierungssumme. Diese Kluft ist auch durch den ungleichen Zugang zu sogenannten Business Angels bedingt. Geschlechtsspezifische Stereotype und Vorurteile führen dazu, dass Gründerinnen im Investmentprozess benachteiligt sind. So geben 84 Prozent der Gründerinnen an, bei Investmententscheidungen kritischer hinterfragt zu werden als ihre männlichen Kollegen. Da der Großteil der Investoren männlich ist, werden Männer bevorzugt finanziert. Es mangelt an weiblichen Investorinnen im Start-up-Ökosystem und an starken Netzwerken zwischen Frauen in verschiedenen Bereichen.
Fehlende Vereinbarkeit
Ein weiterer Punkt ist die Doppelbelastung von Frauen durch Beruf und Familie. Das Alter, in dem gegründet wird, fällt oft mit der Familiengründung zusammen. Die Vereinbarkeit beider Bereiche wird durch den hohen Druck und die Unsicherheit in der Start-up-Szene sowie durch große Verantwortung und lange Arbeitszeiten enorm erschwert. Strukturell sind Frauen in diesem Punkt benachteiligt, da sie nach wie vor den Großteil der Care-Arbeit übernehmen und daher in erhöhtem Maße von der fehlenden Vereinbarkeit von Beruf und Familie betroffen sind als männliche Gründer. So geben 81 Prozent der vom Start-up befragten Frauen an, dass dies ein zentraler Hebel ist.
Erschwerender Faktor: soziale Herkunft
Nicht nur das Geschlecht beeinflusst den Erfolg in der Start-up-Szene, sondern auch der sozioökonomische Hintergrund. Viele Start-up-Gründer und Gründerinnen haben einen akademischen Abschluss und kommen aus Akademikerhaushalten. So haben 60 Prozent der Start-up-Gründer mindestens ein Elternteil mit akademischem Abschluss und 14 Prozent mit Promotion. Zudem haben ein Drittel der Start-up-Gründer mindestens ein Elternteil, das selbstständig ist. Dieser Hintergrund erleichtert den Zugang zu Gründungen von Start-ups durch Vorbilder und familiäre Netzwerke, die oft den Weg zu Finanzierungen ebnen.
Personen, die intersektional von beiden Faktoren betroffen sind – Frauen aus nicht-akademischen Familien und Familien ohne Selbstständige oder Unternehmer – haben es besonders schwer, Fuß zu fassen. Um Deutschland als führenden Start-up-Standort zu etablieren, sollten wir als Gesellschaft den Mehrwert, den Frauen als Gründerinnen von Start-Ups bereithalten, ausschöpfen. Daher müssen Initiativen zur Stärkung weiblicher Netzwerke, Förderung von Frauen in MINT-Fächern, verbesserte Vereinbarkeit und eine gerechtere Verteilung von Investitionskapital intensiviert werden. Dies sind entscheidende Schritte, um eine inklusivere und diversere Start-up-Szene zu schaffen.