Technologie

Preisschock bei der Schienenmaut: So teuer könnte Bahnfahren 2026 werden

Der Bund plant eine milliardenschwere Eigenkapitalspritze für die Bahn – doch dies könnte unerwartete Nebenwirkungen haben: Bahnfahren könnte bald teurer werden. Ein erhöhtes Eigenkapital könnte nämlich zu höheren Trassenpreisen führen, einer Art Schienenmaut, die Verkehrsunternehmen zahlen müssen. Diese Trassenpreise sollen 2026 erneut deutlich steigen.
20.08.2024 14:04
Lesezeit: 2 min

Die Güterbahnen warnen vor einem "Preisschock". Auch im Nah- und Fernverkehr drohen Preissteigerungen und Angebotskürzungen. Das Bundesverkehrsministerium will hier gegensteuern.

Eigenkapital als potenzieller Bumerang

Die Bundesregierung hat einen neuen Haushaltsentwurf für 2025 beschlossen, um Milliardenlücken zu schließen. Erreicht wird das vor allem durch Umschichtungen bei der bundeseigenen Deutschen Bahn, die 4,5 Milliarden Euro zusätzliches Eigenkapital erhalten soll. Diese Summe wird nicht auf die Schuldenbremse angerechnet und ersetzt direkte Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt.

Zuvor war eine Eigenkapitalerhöhung von 5,9 Milliarden Euro vorgesehen, um Investitionen in die Sanierung des Schienennetzes zu ermöglichen. Die Bahn soll außerdem ein milliardenschweres Darlehen erhalten. Insgesamt wird sie in den kommenden Jahren frisches Kapital von mehr als 20 Milliarden Euro erhalten.

Aber: Die Bahn muss Zinsen zahlen, die sie wiederum über die Trassenpreise refinanzieren muss, was zu höheren Trassenpreisen führt.

Schienenmaut: Trassenpreise für alle Unternehmen

Die Trassenpreise, eine Art Schienenmaut, werden von der Bahn-Infrastruktursparte InfraGo erhoben. Alle Unternehmen, die die Infrastruktur der Bahn nutzen, zahlen diese Schienenmaut, einschließlich der Bahn selbst.

Mit diesen Einnahmen finanziert die Bahn laufende Kosten, Instandhaltung und Investitionen in das über 33.000 Kilometer lange Schienennetz in Deutschland.

Drastische Erhöhung ab 2026 geplant

Für 2026 plant InfraGo eine erhebliche Erhöhung der Trassenpreise. Besonders betroffen wäre der Regionalverkehr, für den eine Erhöhung um 23,5 Prozent bei der Bundesnetzagentur beantragt wurde. Dies geht aus einer Trassenpreisinformation hervor, die am Montag veröffentlicht wurde. Zuerst berichtete die "Süddeutsche Zeitung".

Die geplante Eigenkapitalerhöhung für 2026, über deren Höhe noch nicht abschließend entschieden wurde, führt zu zusätzlichen Kosten, so InfraGo. "Diese resultieren aus Abschreibung und Kapitalkosten und verursachen den Großteil der Gesamtkostensteigerung."

Durchschnittliche Preiserhöhung um mehr als 19 Prozent

Im Schnitt sollen die Trassenpreise ab 2026 um 19,1 Prozent steigen. Für den Fernverkehr wird eine Steigerung von 10,1 Prozent erwartet, für den Güterverkehr eine Erhöhung um 14,8 Prozent.

Die Branche befürchtet weitreichende Auswirkungen: "Es droht weniger Bahnverkehr für mehr Geld", so Sarah Stark, Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Bahnindustrie.

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" erwarten mehrere Bundesländer wegen der steigenden Schienenmaut Einschnitte bei Regionalzügen und S-Bahnen. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte, dass bei einer drastischen Erhöhung der Trassenpreise für den Nahverkehr in den Ländern erhebliche Probleme entstehen könnten.

Bereits für 2025 hat die Bundesnetzagentur eine deutliche Erhöhung der Trassenpreise genehmigt. Besonders der Fern- und Güterverkehr wird betroffen sein, da die Preise im Regionalverkehr bislang gesetzlich gedeckelt sind. Bei der geplanten Erhöhung für 2026 rechnet die Bahn damit, dass diese Deckelung gerichtlich gekippt wird.

Forderungen nach Reformen in der Branche

"Die bisherigen Baukostenzuschüsse zur Finanzierung der Infrastruktur hätten das verhindert", meint Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen, in dem die Cargo-Wettbewerber der Deutschen Bahn organisiert sind. Wie viele andere fordert er eine Reform der Trassenpreissystematik.

"Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung jetzt ein Moderne-Schiene-Gesetz auf den Weg bringt", betont Stark vom Bahnindustrie-Verband. Ein Schienenfonds könnte eine planungssichere, überjährige Finanzierungsarchitektur schaffen.

InfraGo verweist auf laufende Gespräche mit dem Bund über einen Kompensationsmechanismus, um die Belastungen durch die Trassenpreiserhöhung abzufedern.

Bund sichert Unterstützung zu

Das Bundesverkehrsministerium kündigte konkrete Maßnahmen an: "Die Kombination aus Eigenkapital und Darlehen wird die Auswirkungen auf die Konzernverschuldung und die Trassenpreise abmildern", teilte ein Sprecher mit. Außerdem habe das Ministerium Mittel für die Fortsetzung der Trassenpreisförderung gesichert, während die Verzinsung des Eigenkapitals der InfraGO deutlich gesenkt werde.

Das Ministerium werde "zeitnah" einen Plan vorlegen, wie der Finanzierungsmechanismus der Schieneninfrastruktur in Deutschland zukunftssicher gestaltet werden kann.

Gesetzliche Anpassungen?

Der Grünen-Bahnexperte Matthias Gastel fordert, die Trassenpreise im Eisenbahnregulierungsgesetz grundlegend neu zu regeln, um niedrigere Nutzungsentgelte und damit wirtschaftlichere Bahnverkehre zu ermöglichen. Westenberger ergänzt, dass ein gemeinwohlorientierter Schieneninfrastrukturbetreiber, ähnlich wie die Autobahn GmbH, keine Gewinne erwirtschaften sollte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell auf Höhenflug trotz drohender US-Handelszölle
07.07.2025

Der DAX überrascht mit einem starken Anstieg über 24.000 Punkte – und das trotz drohender US-Zölle. Wie reagieren Investoren auf die...

DWN
Politik
Politik Tesla-Aktie: Riskiert Musk mit seinen Parteiplänen die Zukunft des Elektro-Autobauers?
07.07.2025

Elon Musk will angeblich eine eigene Partei gründen – doch Experten warnen: Sollte er seine politischen Machtspielchen ernst meinen,...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Hält die Rallye noch ein paar Wochen?
07.07.2025

Die Wall Street feiert Rekorde, doch Experten warnen: Die Rallye steht auf wackeligen Beinen. Wie lange die Märkte noch steigen und warum...

DWN
Panorama
Panorama Regierung ohne Klarheit über Zahl der Zivilschutz-Helfer
07.07.2025

Bei Katastrophenlagen sind Zivilschutz-Helfer unersetzlich. Doch wie viele tatsächlich einsatzbereit wären, bleibt unklar. Die...

DWN
Politik
Politik Trump über Musk-Partei: "lächerlich"
07.07.2025

Elon Musk plant eine eigene Partei – und sorgt damit für politische Sprengkraft in den USA. Ex-Präsident Trump hält wenig von der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie-Verband meldet massiven Mitgliederzuwachs
07.07.2025

Die deutsche Rüstungsindustrie erlebt einen beispiellosen Zulauf – insbesondere bei einem zentralen Verband. Doch hinter dem rasanten...

DWN
Finanzen
Finanzen Höchster Zuwachs fauler Bankkredite in Deutschland
07.07.2025

Deutschlands Banken sehen sich mit einem alarmierenden Anstieg fauler Bankkredite konfrontiert – deutlich stärker als ihre europäischen...

DWN
Panorama
Panorama Digitales B2B-Marketing: Teuer, ineffizient – und oft falsch gemacht
07.07.2025

Viele B2B-Unternehmen verbrennen im Digitalmarketing stillschweigend tausende Euro – mit Copy-Paste-Inhalten, die niemand sehen will....