Politik

Ukraine-Krieg: Russland bombardiert Energiesystem der Ukraine

Schwerer russischer Angriff auf die Ukraine: Über 100 Raketen und zahlreiche Drohnen trafen heute 15 ukrainische Regionen, darunter auch die Hauptstadt Kiew. Stromausfälle und Notabschaltungen erschüttern das Land. Präsident Selenskyj erneuert den Appell an westliche Partner: "Keine Reichweitenbeschränkung für unsere Verteidigung!" Die Situation bleibt angespannt.
26.08.2024 17:30
Lesezeit: 2 min

Bei einem der schwersten Angriffe in zweieinhalb Jahren Krieg hat Russland die Ukraine massiv mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen aus der Luft beschossen. 15 der insgesamt 24 ukrainischen Regionen seien getroffen worden, teilte Ministerpräsident Denys Schmyhal auf Telegram mit. „Es gibt Tote und Verletzte.“ Das Hauptziel der Angriffe sei einmal mehr das Energiesystem der Ukraine gewesen. In der Hauptstadt Kiew und in anderen Landesteilen kam es zu Stromausfällen und Notabschaltungen.

Russland habe mehr als 100 Raketen und ähnlich viele Kampfdrohnen eingesetzt, sagte Präsident Wolodymr Selenskyj. Er erneuerte die flehentliche Kiewer Bitte an Partnerländer, den Einsatz westlicher Waffen gegen Militärziele tief im Rückraum Russlands zu erlauben. „Jeder Führer, jeder Partner von uns weiß, welche starken Entscheidungen notwendig sind, um diesen Krieg zu beenden, und zwar auf faire Weise.“ Für die Ukraine dürfe es keine Reichweitenbeschränkung geben, weil auch Russland seine Angriffe nicht beschränke. Ähnlich appellierten Selenskyjs Stabschef Andrij Jermak und Außenminister Dmytro Kuleba an die Verbündeten.

Weil die Angriffe den ganzen Vormittag andauerten, sammelten sich die Angaben zu Opfern und Schäden nur langsam. In ersten Behördenberichten war von 5 Toten und 17 Verletzten in verschiedenen Landesteilen die Rede. Das Bombardement traf die Ukraine, als die Menschen nach dem Wochenende mit dem Unabhängigkeitstag wieder zur Arbeit gingen.

In Kiew war der Luftalarm erst nach fast acht Stunden gegen 13.45 Uhr Ortszeit (12.45 Uhr MESZ) vorbei, weil bis dahin immer noch Schwärme russischer Kampfdrohnen im Luftraum registriert wurden. Videos zeigten, wie die Menschen in der Millionenstadt dicht gedrängt die U-Bahnstationen als unterirdische Zuflucht nutzten.

Elf russische Langstreckenbomber in der Luft

Der ukrainischen Luftwaffe zufolge setzte die russische Armee zeitweise elf Langstreckenbomber Tu-95 ein, die als Abschussrampen für Marschflugkörper dienen. Außerdem wurden demnach Hyperschallraketen Kinschal auf die Ukraine abgefeuert. Auch aus dem Schwarzen Meer sei die Ukraine mit Marschflugkörpern Kalibr beschossen worden. Dazu wurden nach vorläufigen Angaben Dutzende Drohnen in der Luft geortet. Angaben zu Treffern auf militärische Ziele machte die Ukraine wie üblich nicht.

Wegen der Nähe der russischen Angriffe zur polnischen Grenze ließ das polnische Militär Abfangjäger aufsteigen, wie die Nachrichtenagentur PAP meldete. An dem Einsatz waren den Angaben nach auch Flugzeuge anderer Verbündeter beteiligt.

Notabschaltungen im ukrainischen Stromnetz

„Der Feind lässt nicht von seinen Plänen ab, den Ukrainern das Licht auszuschalten“, schrieb Energieminister Herman Halutschschtenko auf Facebook. Die Lage sei schwierig. Der Stromversorger Ukrenerho und andere Energiefirmen versuchten, das Netz durch Notabschaltungen zu entlasten. Wo kein Strom ist, fällt meist auch die Versorgung mit Wasser aus.

Seit dem Jahreswechsel 2023/24 hat Russland mit mehreren kombinierten Luftangriffen versucht, Kraftwerke und die Energieinfrastruktur der Ukraine auszuschalten. Bei einem Angriff am 29. Dezember setzte die russische Armee nach Kiewer Zählung 122 Raketen und Marschflugkörper sowie 36 Drohnen ein. In der Ukraine waren mehr als 30 Tote zu beklagen.

Die Ukraine wehrt seit Februar 2022 eine große russische Invasion ab. Am Samstag hatte die Europas zweitgrößtes Land den 33. Jahrestag seiner Unabhängigkeit von der Sowjetunion begangen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn: Ab Sonntag neuer Fahrplan – Ausdünnung in der Fläche
11.12.2025

Am kommenden Sonntag tritt der neue Fahrplan im Fernverkehr der Deutschen Bahn in Kraft. Er bringt für Fahrgäste unter anderem...

DWN
Finanzen
Finanzen Fed-Zinsentscheid: US-Notenbank senkt erneut US-Leitzins - Folgen für Deutsche?
11.12.2025

Der jüngste Fed-Zinsentscheid der US-Notenbank bewegt Wechselkurse, Finanzmärkte und deutsche Geldbeutel. Doch wem nützt der niedrigere...

DWN
Politik
Politik Steuerfreie Überstundenzuschläge in der Kritik: Reform bringt fast nichts
11.12.2025

Steuerfreie Überstundenzuschläge sollen ab 2026 die Arbeitsmotivation der Deutschen ankurbeln: Mehrarbeit soll sich lohnen. Deshalb...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Medienkrieg: Warum Paramount Skydance das Netflix-Angebot sprengt
10.12.2025

Ein Übernahmekampf erschüttert die US-Medienbranche, weil Paramount Skydance das vermeintlich entschiedene Rennen um Warner Bros....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Volkswagen beendet Fahrzeugproduktion: Umbaupläne für Gläserne Manufaktur in Dresden
10.12.2025

Die VW-Fahrzeugproduktion in Dresden endet aus wirtschaftlichen Gründen nach mehr als 20 Jahren. Über die Zukunft des ehemaligen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jobabbau bei BASF und Co.: Deutsche Chemie-Industrie historisch schlecht ausgelastet
10.12.2025

Teure Energie, Wirtschaftskrise und Preisdruck: Die deutsche Chemiebranche steckt in der schwierigsten Krise seit 25 Jahren. Auch 2026...

DWN
Politik
Politik Schutz vor Einschüchterung: Bundesregierung beschließt besseren Schutz vor Schikane-Klagen
10.12.2025

Die Bundesregierung schützt Journalisten, Wissenschaftler und Aktivisten künftig besser vor sogenannten Schikane-Klagen. Mit dem Vorhaben...

DWN
Finanzen
Finanzen Kapitalmarkt 2026: Mehr Börsengänge in Deutschland und Europa erwartet
10.12.2025

Mit Ottobock, TKMS und Aumovio zählen drei deutsche Börsendebüts zu den gewichtigsten in Europa im laufenden Jahr. Doch viele...