Politik

Neueste Zahlen aus dem Innenministerium: Abschiebungen im ersten Halbjahr um 20 Prozent gestiegen

Kanzler Scholz hatte vor knapp einem Jahr Abschiebungen „in großem Stil“ angekündigt. Nach der Solinger Terrorattacke werden die Forderungen nach einer härteren Migrationspolitik wieder lauter. Nun gibt es brandneue Zahlen.
27.08.2024 15:35
Aktualisiert: 27.08.2024 16:01
Lesezeit: 2 min

Die Zahl der Abschiebungen nimmt weiter zu. Im ersten Halbjahr 2024 sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums knapp 9.500 Menschen aus Deutschland abgeschoben worden. Das zeigt eine Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Im Vergleichszeitraum 2023 waren es 7.861 und im gesamten Jahr 16.430 vollzogene Abschiebungen, im Jahr davor knapp 13.000.

Am häufigsten betroffen sind Türken und Georgier

915 Menschen mit türkischem Pass machten die größte Gruppe im ersten Halbjahr aus, die abgeschoben wurden. Betroffene aus Georgien (839), Nordmazedonien (774), Afghanistan (675), Albanien (586) und Syrien (534) lagen dahinter. Abgeschoben wurde vor allem nach Georgien, Nordmazedonien, Österreich, Albanien und Serbien. Nach Syrien und Afghanistan schickt Deutschland aber aktuell niemanden. Seit dem tödlichen Messerangriff auf einen Polizisten in Mannheim Ende Mai wird in der Bundesregierung über diese Möglichkeit diskutiert.

Ein Großteil der 9.465 im ersten Halbjahr abgeschobenen Menschen wurde den Angaben zufolge ausgeflogen: 7.848 Personen. Bei einem Drittel aller Abschiebungen (3.043 Fälle) handelte es sich um sogenannte Überstellungen im Rahmen der Dublin-Verordnung. Das heißt, Betroffene wurden in das europäische Land zurückgebracht, das für ihr Asylverfahren zuständig ist, weil sie dort zuerst ankamen. In 164 Dublin-Fällen wurde nach Bulgarien abgeschoben, wohin auch der Solinger Attentäter überstellt werden sollte.

Zum Stichtag 30. Juni waren den Angaben zufolge 226.882 Personen in Deutschland ausreisepflichtig, davon 182.727 Personen mit und 44.155 ohne sogenannte Duldung. Geduldete sind ausreisepflichtig, können aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden, zum Beispiel, weil sie keine Ausweisdokumente haben oder krank sind.

Über 14.000 gescheiterte Abschiebungen

Im ersten Halbjahr 2024 scheiterten 14.067 Abschiebungen vor der Übergabe an die Bundespolizei, zum Beispiel, weil Flüge gestrichen wurden, Menschen nicht anzutreffen oder krank waren oder aus anderen auch organisatorischen Gründen. 534 Abschiebungen wurden während oder nach Übernahme durch die Bundespolizei abgebrochen. Gründe können hier sein, dass sich Fluggesellschaften oder Piloten weigern, Betroffene mitzunehmen, auch „Widerstandshandlungen“ werden genannt, medizinische Gründe oder laufende juristische Verfahren.

Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger sagte, immer wieder werde nach mehr Abschiebungen gerufen, dabei steige die Zahl seit Jahren kontinuierlich an. „Nach dem Terroranschlag von Solingen werden erneut reflexhafte Rufe nach mehr Abschiebungen laut. Dazu muss gesagt werden: Abschiebungen sind keine Maßnahmen der Prävention von Kriminalität. Sie werden den Islamismus nicht einhegen.“ Es brauche handfeste Strategien der Kriminalitätsprävention und Jugendsozialarbeit.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Industrie im Umbruch: Produktion wächst, Aufträge und Beschäftigung sinken
05.11.2025

Die Industrie in Europa zeigt ein uneinheitliches Bild. Einige Länder steigern ihre Produktion, während andernorts Aufträge und...

DWN
Technologie
Technologie „DeepL Agent“: Start-up DeepL startet autonomen KI-Agenten
05.11.2025

Der Kölner KI-Übersetzungsspezialist DeepL hat bislang selbst großen Tech-Konzernen erfolgreich die Stirn geboten. Nun fordert das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stellenabbau Mittelstand: Jedes vierte Familienunternehmen baut Jobs ab
05.11.2025

Auch bei den Familienunternehmen in Deutschland sind zunehmend Jobs in Gefahr: 23 Prozent der Unternehmer wollen in diesem Quartal...

DWN
Politik
Politik New York: Demokrat Mamdani wird Bürgermeister - eine Niederlage für US-Präsident Trump
05.11.2025

Die liberale Hochburg New York bekommt einen neuen Bürgermeister: Zohran Mamdani ist 34 Jahre alt, Muslim – und präsentiert sich schon...

DWN
Technologie
Technologie Reduzierung von CO2: Deutsche Bahn setzt erstmals Schienen aus „grünem“ Stahl ein
05.11.2025

Die Deutsche Bahn schließt einen Liefervertrag mit dem saarländischen Hersteller Saarstahl für klimafreundlich produzierte Schienen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hybrides Arbeiten: Freiheit mit Nebenwirkungen? Wie Flexibilität nicht zur Belastung wird
05.11.2025

Homeoffice und Büro im Wechsel galten lange als Zukunftsmodell. Doch die vermeintliche Freiheit zeigt zunehmend Risse – von sinkender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Black Friday 2025: So tricksen Händler Kunden weltweit aus
05.11.2025

Die Jagd nach Schnäppchen wird zur Täuschung. Immer mehr Händler erhöhen ihre Preise schon Wochen vor dem Black Friday, um sie später...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rennen um autonomes Fahren: VW baut in China eigene KI-Chips
05.11.2025

Sorgen vor ausbleibenden China-Chiplieferungen und Entwicklungsdruck bei autonomem Fahren plagen die Autoindustrie. Warum VW nun einen...