Waren die Erwartungen in der jüngsten Vergangenheit einfach zu hoch an die Künstlichen Intelligenz (KI)? Ist sie der große Durchbruch oder überwiegt nun doch langsam die Enttäuschung? Fakt ist, die KI ist nicht so selbsterklärend wie sie immer propagiert wird. Die neuen Computerprogramme wären simpel in der Anwendung, so die gängige Behauptung. Beinahe jeder Laie ohne Programmierkenntnisse könne damit etwas anfangen. Doch so einfach ist es nicht. Der Self Service funktioniert nur bedingt, für die Implementierung und Zuschneidung auf die Bedürfnisse des Unternehmens braucht man doch wieder Spezialisten. Das dämpft bereits die Einsatzmöglichkeiten, denn ohne das Wissen, auch wenn es letztendlich einfacher in der Anwendung ist, kann auch die KI nicht passgenau laufen.
Wenn wir von Hype sprechen, klingt es, als ob es sich um einen Trend handelt, der auch wieder vorüber geht. KI ist aber in dem Sinne kein Trend, sondern eine neue Technologie, die nur eine Richtung kennt, und zwar sich weiterzuentwickeln und wahrscheinlich nachhaltig zu bleiben. Sie hält bereits Einzug in den meisten Anwendungen, nun geht es darum, sich das Wissen und den Umgang damit anzueignen. Der sogenannte Hype, wenn man davon sprechen kann, bezieht sich eher auf Anwendungen wie Microsoft 365 Copilot oder ChatGTP4, die mit großen Erwartungen angekündigt wurden und vielleicht in dem einen oder anderen Fall nicht ganz den Vorstellungen entsprechen. Das führt zu Ernüchterung und lässt den Hype abflachen. Was wir in der Breite sehen, ist das die meisten Unternehmen mit einer schwachen KI arbeiten, also mit Programmen, die auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert sind, aber nicht über ihr Fachgebiet hinaus lernen können.
Laut dem Gartner Hype Cycle for Artificial Intelligence haben KI-Trends 2024 Ihren Höhepunkt bereits überschritten. Was bedeutet das? Der Hype Cycle von Gartner ist ein Modell zur Darstellung der Reifung, Akzeptanz und Verbreitung von Technologien und Innovationen. Er beschreibt, wie neue Technologien typischerweise durch verschiedene Phasen der Aufmerksamkeit und Reife gehen. Er besteht aus fünf Phasen:
Innovation Trigger (Innovation): Eine neue Technologie entsteht und erzeugt viel Interesse, jedoch mit wenig praktischen Anwendungen.
Peak of Inflated Expectations (Gipfel der Erwartungen): Die Technologie wird übermäßig gehypt, was unrealistische Erwartungen erzeugt.
Trough of Disillusionment (Tal der Enttäuschung): Der Hype flacht ab, da die Technologie die hohen Erwartungen nicht sofort erfüllt.
Slope of Enlightenment (Phase der Erkenntnis): Erste erfolgreiche Anwendungsfälle erscheinen, und die Vorteile werden deutlicher.
Plateau of Productivity (Produktivitätsplateau): Die Technologie etabliert sich und wird von der breiten Masse genutzt.
Ein sogenannter Hype ist sicherlich ChatGTP, der die fünf Phasen mehr oder weniger bereits durchlaufen hat und beim Produktivitätsplateu angekommen ist. Diese KI hat sich mittlerweile etabliert und durchdringt zunehmend alle Bereich sowohl im privaten Umfeld als auch im beruflichen. Vielleicht ist es besser nicht die generelle KI als Hype anzusehen, sondern verschiedene Aspekte und Teilbereich der Technologie wie Deep Learning, Generative Adversarial Networks (GANs) oder Quantencomputing, die durch sie geschaffen wurden. Diese unterschiedlichen Ansätze befinden sich in unterschiedlichen Stadien des Gartner Hype Cycle.
Generative Künstliche Intelligenz – Ist das die Zukunft?
Gartner betont, dass zum Beispiel die Generative Künstliche Intelligenz derzeit den Höhepunkt des Hypes erreicht hat und enorme Erwartungen weckt. Diese Technologie, die kreative Algorithmen zur Inhaltserstellung verwendet, wird als zukunftsweisend für transformative Anwendungen angesehen. Sie befindet sich auf dem Höhepunkt der Aufmerksamkeit und gilt aufgrund ihrer kreativen Möglichkeiten als bahnbrechend. Von der Content-Erstellung bis hin zu AI-gestützten Chatbots hat sie das Potenzial, neue Grenzen zu setzen. Die Erwartungen sind groß, da man davon ausgeht, dass Generative AI die Art und Weise, wie wir Informationen erstellen und teilen, grundlegend verändern könnte.
Experten sehen einen weiteren Trend bei der emergenten Künstlichen Intelligenz. Dabei handelt es sich um KI-Modelle, die emergente Fähigkeiten aufweisen, die sie nicht explizit gelernt haben. Interessant ist es deshalb, weil die Programme dadurch menschenähnliche Intelligenz erreichen können. Die KI-Modelle beginnen Sprache auf eine Weise zu verwenden, die über das hinausgeht, was ihnen explizit beigebracht wurde. Interessante Fortschritte werden in diesem Bereich vom Amazon-AGI Team (Künstlicher Allgemeiner Intelligenz) berichtet. In die AGI-Richtung gehen auch die Spekulationen, die aktuell über das Unternehmen OpenAI, dem Erfinder von ChatGTP, im Umlauf sind. Die Rede ist vom Projekt „Strawberry“, welches erstmals im November 2023 auftauchte, als durchgesickerte Dokumente Hinweise auf ein revolutionäres KI-Modell in der Entwicklung gaben. Es gibt Spekulationen, dass Projekt Strawberry eine aktualisierte, teurere Version von GPT-4 sein könnte oder ein völlig neues Modell. Mittels Federated Machine Learning und Graph Data Science (GDS) prophezeit sie eine neue Ära der kollaborativen Intelligenz, in der Maschinen nicht nur Wissen erzeugen, sondern dieses auch mühelos teilen. Auch hier sind wir erst bei Schritt eins oder zwei des Gartner Hype Cycle angekommen.
Sollten sich die Gerüchte um das Projekt Erdbeere, so die Übersetzung, bewahrheiten, könnte dies eine neue Ära der KI-Anwendungen bedeuten. Zum Beispiel könnten dadurch im Bereich Medizinische Diagnose komplexe medizinische Analysen erfolgen unter Berücksichtigung von Symptomen, Patientengeschichten und aktuellen Forschungsergebnissen. Die neue KI-Fähigkeit zum logischen Denken wäre in der Lage hieraus neue Erkenntnisse selbstständig zu erarbeiten.
Fakt ist, dass sich die KI sehr schnell weiterentwickelt und mit immer besseren und ausgewählten Trainingsdaten gefüttert wird. Das übergeordnete Ziel, welches mit dieser neuen Technologie angestrebt wird, ist die intuitive Nutzung, ähnlich wie wir es bereits mit dem Smartphone können. Erst dann kann jeder von ihren Vorteilen teilhaben. Noch benötigen wir Prompt Engineering oder Programmierung dazu. Erst wenn die breite Masse die Anwendungen nahezu spielerisch bedienen können werden wird das „Plateau of Productivity“ erreichen.