Finanzen

Versicherungspflichtgrenze: Wen trifft die Steigerung im Jahr 2025 und wer profitiert?

Ab 2025 wird der Wechsel in die private Krankenversicherung deutlich schwieriger – die Versicherungspflichtgrenze steigt auf 73.800 Euro. Weniger Wahlfreiheit und höhere Abgaben belasten vor allem die Mittelschicht. Was bedeuten die Änderungen konkret für Sie? Mehr dazu in diesem Artikel.
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04.10.2024 11:02
Lesezeit: 4 min
Versicherungspflichtgrenze: Wen trifft die Steigerung im Jahr 2025 und wer profitiert?
Die massive Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze greift in die Wahlfreiheit von Millionen Angestellten. (Foto: istockphoto / Dilok Klaisataporn) Foto: Dilok Klaisataporn

Ab dem Jahr 2025 wird es für viele Arbeitnehmer in Deutschland schwieriger, in die private Krankenversicherung (PKV) zu wechseln. Grund dafür ist die Erhöhung der sogenannten Versicherungspflichtgrenze, die auf 73.800 Euro im Jahr angehoben wird – das entspricht einem monatlichen Einkommen von 6.150 Euro (Versicherungspflichtgrenze monatlich). Diese Grenze legt fest, ab welchem Gehalt Angestellte nicht mehr versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind und somit in die PKV wechseln können. Im Jahr 2024 lag diese Versicherungspflichtgrenze noch bei 69.300 Euro, sodass der Sprung für 2025 mit 6,5 Prozent besonders stark ausfällt.

Versicherungspflichtgrenze: Definition

Die Versicherungspflichtgrenze (auch Jahresarbeitsentgeltgrenze, JAEG) ist ein festgelegtes Einkommen, ab dem ein Arbeitnehmer in Deutschland die Wahl hat, sich von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu befreien und in die private Krankenversicherung (PKV) zu wechseln.

Hier die wichtigsten Punkte zur Versicherungspflichtgrenze:

  1. Einkommensgrenze: Wenn das regelmäßige Jahresbruttoeinkommen eines Arbeitnehmers die Versicherungspflichtgrenze überschreitet, wird er versicherungsfrei. Das bedeutet, er kann wählen, ob er weiterhin gesetzlich krankenversichert bleiben oder in die private Krankenversicherung wechseln möchte.
  2. Anpassung: Diese Grenze wird jährlich angepasst und orientiert sich an der allgemeinen Lohnentwicklung.

Versicherungspflichtgrenze für die private Krankenversicherung

Für Arbeitnehmer bedeutet die Erhöhung, dass sie künftig deutlich mehr verdienen müssen, um in die PKV zu wechseln. Seit 2013 wurde die Versicherungspflichtgrenze bereits um fast 42 Prozent erhöht. Damals lag sie bei 52.200 Euro pro Jahr, ab 2025 wird sie bei 73.800 Euro liegen. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer im Jahr 2025 monatlich 1.817 Euro mehr verdienen müssen als vor zehn Jahren, um sich für eine private Krankenversicherung entscheiden zu können.

Diese Entwicklung schränkt die Wahlfreiheit vieler Angestellter ein. Bis Ende 2002 war die Versicherungspflichtgrenze mit der Beitragsbemessungsgrenze identisch, doch die damalige rot-grüne Bundesregierung trennte beide Werte, um den Kreis der Arbeitnehmer zu verkleinern, die in die PKV wechseln können. Seitdem steigt die Versicherungspflichtgrenze überproportional zur Beitragsbemessungsgrenze. Der Verband der privaten Krankenversicherung kritisiert diese Entwicklung seit Jahren, da sie den Wettbewerb zwischen GKV und PKV verzerrt. Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbands, fordert daher eine Rückkehr zur alten Regelung, bei der die Versicherungspflichtgrenze auf dem Niveau der Beitragsbemessungsgrenze lag:

„Die massive Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze greift in die Wahlfreiheit von Millionen Angestellten ein und verzerrt den Wettbewerb zwischen GKV und PKV. 7.650 Euro liegt sie mittlerweile über der Beitragsbemessungsgrenze – in Fortsetzung einer Ausnahmegesetzgebung seit 2002. Die Politik sollte endlich zum Normalzustand zurückkehren und die Versicherungspflichtgrenze auf das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze senken – im Sinne der Wahlfreiheit der Verbraucher und des Wettbewerbs“.

Beitragsbemessungsgrenze steigt ebenfalls

Neben der Versicherungspflichtgrenze wird auch die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung für das Jahr 2025 angehoben. Diese Grenze bestimmt, bis zu welcher Höhe das Einkommen für die Beitragsberechnung zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen wird. Sie wird von derzeit 62.100 Euro pro Jahr auf 66.150 Euro im Jahr 2025 steigen. Das entspricht einem monatlichen Einkommen von 5.512,50 Euro. Auch diese Erhöhung um 6,5 Prozent ist höher als im Vorjahr, als die Grenze nur um 3,8 Prozent angehoben wurde.

Für Arbeitnehmer bedeutet dies höhere Beiträge, da mehr Einkommen für die Berechnung herangezogen wird. Dies trifft insbesondere die Mittelschicht, die stärker belastet wird, da die Sozialabgaben steigen, ohne dass sie von den Vorteilen der PKV profitieren können. Arbeitgeber sind ebenfalls betroffen, da sie die Hälfte der Sozialabgaben für ihre Mitarbeiter tragen müssen.

Wer profitiert von den Änderungen?

Von den Änderungen profitieren vor allem die gesetzlichen Krankenkassen, die durch die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze mehr Einnahmen erzielen. Auch der Staat hat ein Interesse daran, die GKV zu stabilisieren, da sie einen großen Teil der Gesundheitsversorgung in Deutschland sicherstellt. Für die Versicherten jedoch, insbesondere die mittleren Einkommensgruppen, bringen die Anpassungen vor allem höhere Belastungen mit sich.

Kritik an dieser Entwicklung kommt unter anderem vom Forschungsinstitut ZEW und dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). Beide Institutionen warnen davor, dass die steigenden Sozialabgaben die Arbeitsanreize in Deutschland senken könnten. Arbeitnehmer müssen mehr verdienen, um netto das gleiche zur Verfügung zu haben, was besonders für die Mittelschicht eine zusätzliche Belastung darstellt.

Wer verliert durch die Änderungen?

Die großen Verlierer dieser Entwicklung sind vor allem Arbeitnehmer mit mittleren bis höheren Einkommen, die stärker in die Pflicht genommen werden. Sie müssen nicht nur mehr verdienen, um in die private Krankenversicherung wechseln zu können, sondern zahlen auch höhere Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, da mehr von ihrem Gehalt zur Beitragsberechnung herangezogen wird.

Besonders betroffen sind jüngere, gutverdienende Arbeitnehmer, die sich langfristig von der PKV Vorteile erhoffen – wie individuelle Tarife und bessere Leistungen – nun aber länger in der GKV bleiben müssen.

Wichtige Fakten zur privaten Krankenversicherung

Die private Krankenversicherung (PKV) ist eine Option für gutverdienende Angestellte, Beamt*innen und Selbstständige. Hier sind die wesentlichen Punkte, die Sie wissen sollten (erfasst von DKB):

Gesundheitscheck vor Aufnahme: Anders als die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) prüft die PKV Ihre Gesundheit vor Vertragsbeginn. Wer gesundheitliche Risiken oder ein höheres Alter mitbringt, kann abgelehnt werden oder muss mit teuren Zuschlägen rechnen.

Individuelle Leistungswahl: Es gibt keinen festen Leistungskatalog. In der PKV wählen Sie den Umfang Ihrer Versicherungsleistungen selbst. Höhere Tarife bieten oft umfangreichere Leistungen und freie Arztwahl. Dennoch kann die GKV in manchen Bereichen, wie Psychotherapie oder Krankengeld, bessere Leistungen bieten.

Keine Familienversicherung: In der PKV müssen alle Familienmitglieder separat versichert werden. Das bedeutet, dass für jedes Mitglied ein eigener Beitrag gezahlt wird, was gerade bei Familien hohe Kosten verursachen kann.

Beitragsberechnung: Anders als in der GKV, wo das Einkommen den Beitrag bestimmt, richtet sich der Beitrag in der PKV nach Ihrem Alter, Gesundheitszustand und den gewählten Leistungen.

Rechnung und Erstattung: Privatversicherte erhalten Rechnungen direkt von Ärzten oder Kliniken und müssen diese zunächst selbst bezahlen. Danach erfolgt die Kostenerstattung durch die Versicherung – was bei hohen Summen zu finanziellen Belastungen führen kann.

Stabile Beiträge, auch bei Veränderung der Lebenslage: In der PKV bleiben die Beiträge konstant, auch wenn sich Ihr Einkommen reduziert, etwa bei Arbeitslosigkeit oder Teilzeitarbeit. In der GKV hingegen sinken die Beiträge mit einem geringeren Einkommen.

Steigende Kosten im Alter: Auch wenn die PKV Rücklagen für das Alter bildet, steigen die Beiträge im Alter häufig stark an. Rentner müssen oft mit sehr hohen Beiträgen rechnen.

Erschwerter Wechsel: Der Wechsel zurück in die GKV oder zu einer anderen privaten Versicherung ist kompliziert. Wer einmal in der PKV ist, bleibt oft langfristig gebunden. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter bedeutet zudem den Verlust eines Großteils der Altersrückstellungen.

Eine Entscheidung für die PKV sollte gut überlegt sein, da sie langfristige finanzielle und gesundheitliche Folgen haben kann.

Fazit: Eingeschränkte Wahlfreiheit und höhere Kosten für Arbeitnehmer

Die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung und der Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2025 stellt eine deutliche Hürde für Arbeitnehmer dar, die in die PKV wechseln wollen. Die höheren Grenzen schränken die Wahlfreiheit ein und führen zu einer stärkeren Belastung durch Sozialabgaben, insbesondere für die Mittelschicht. Während die gesetzlichen Krankenkassen und der Staat von den höheren Beiträgen profitieren, sehen sich viele Arbeitnehmer mit zusätzlichen Kosten konfrontiert.

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Iana Roth ist Redakteurin bei den DWN und schreibt über Steuern, Recht und HR-Themen. Zuvor war sie als Personalsachbearbeiterin tätig. Davor arbeitete sie mehrere Jahre als Autorin für einen russischen Verlag, der Fachliteratur vor allem für Buchhalter und Juristen produziert.

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