Politik

Sozialabgaben und Bemessungsgrenzen steigen kräftig: Lauterbach will Beitragszahler blechen lassen

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat es angedroht: Gutverdiener müssen sich 2025 auf deutlich höhere Kosten einstellen. Neben steigenden Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung werden auch die Beitragsbemessungsgrenzen angehoben! Lauterbachs kostspielige Krankenhausreform könnte die Kosten zusätzlich erhöhen. Was das konkret bedeutet.
17.09.2024 16:00
Lesezeit: 3 min
Sozialabgaben und Bemessungsgrenzen steigen kräftig: Lauterbach will Beitragszahler blechen lassen
Gesundheitsminister Karl Lauterbach: „In der Gesundheitspolitik funktioniert die Ampel.“ (Foto: dpa) Foto: Hannes P Albert

Für Millionen Versicherte wird es Anfang kommenden Jahres deutlich teurer – die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden steigen. „In der Gesundheitspolitik stehen wir vor einem Herbst der Reformen“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Haushaltsdebatte. Spürbar wird das vor allem im Geldbeutel.

Für 2025 rechnet der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mit einem Zusatzbeitragssatz in Höhe von mindestens 2,3 Prozent, also mit 0,6 Prozentpunkten mehr als in diesem Jahr. Und dabei sind kommende Gesetzesvorhaben wie die kostenträchtige Krankenhausreform noch nicht einmal berücksichtigt. Die könnten den GKV-Beitrag zusätzlich um 0,1 Prozent erhöhen.

Beitragsbemessungsgrenze wird angehoben

Neben der Erhöhung der Kranken- und Pflegeversicherung kommt ein weiterer Punkt hinzu, der tiefer in die Taschen der Versicherten greift: Auch die Beitragsbemessungsgrenze soll angehoben werden. Die Beitragsbemessungsgrenze ist der maximale Betrag des Einkommens, bis zu den Sozialversicherungsbeiträgen berechnet werden. Das Einkommen über diese Grenze hinaus bleibt beitragsfrei.

Wie aus dem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hervorgeht, sollen künftig Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zu einem Monatseinkommen von 8.050 Euro gezahlt werden. Derzeit liegt diese Grenze niedriger und unterscheidet sich zwischen Ost und West: Im Westen beträgt sie 7.550 Euro und im Osten 7.450 Euro pro Monat. Die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung soll auf 5.512,50 Euro steigen. Derzeit zahlen Gutverdiener Beiträge auf ihr Einkommen bis 5.175 Euro im Monat.

Beispielrechnung: Wer im kommenden Jahr den Höchstsatz von 5.512,50 Euro brutto verdient, zahlt ab Januar im Monat 44 Euro mehr. Über das Jahr sind das 528 mehr Ausgaben. Der Anstieg der Pflegeversicherung ist in diesem Rechenbeispiel noch nicht berücksichtigt.

Lauterbach: „Wir werden wohl einen Anstieg sehen“

Dass es für Versicherte ab dem kommenden Jahr teurer werden könnte, hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schon im August in einem Interview mit der Zeitschrift „Stern“ zugegeben. „Wir werden wohl einen Anstieg sehen“, so Lauterbach damals. Was das konkret bedeutet, dazu äußert sich Lauterbach bis heute nicht. Der Minister erklärt die voraussichtliche Erhöhung damit, dass in der Vergangenheit wichtige Reformen, wie zum Beispiel im Krankenhausbereich, versäumt wurden.

„Jetzt ist die Phase, in der wir Geld in die Hand nehmen müssen, auch das der Beitragszahler.“, so Lauterbach im Interview weiter. Nur so seien Strukturreformen möglich, die langfristig die Kosten dämpfen könnten. Gesundheitsminister Lauterbach plant, die zukünftige Struktur der Krankenhauslandschaft über einen Transformationsfonds zu finanzieren, der zur Hälfte von den Ländern und zur anderen Hälfte von den gesetzlich Versicherten getragen werden soll.

Bundesrechnungshof kritisiert Finanzierung

Scharfe Kritik an den Plänen Lauterbachs zur Krankenhausreform kam vom Bundesrechnungshof. „Die Finanzierung von Krankenhausstrukturen ist nicht Auf­gabe der GKV“, heißt es im Bericht zur Vorbereitung der parlamentarischen Bera­tungen zum Bundeshaushalt 2025, aus dem die „Ärztezeitung“ Anfang September zitierte. Die Gesetzliche Krankenversicherung trage im dualen Finanzierungssystem nur die Kosten für die konkrete Behandlung ihrer Ver­sicherten und den Betrieb der Krankenhäuser.

„Die Länder sind zuständig für die Finanzierung der Krankenhausstrukturen. Ihre Entlastung ist angesichts der seit Jahren anwachsenden, erheblichen Lücke zwischen notwendigen und tatsächlichen Investitionen kaum ver­ständlich“, schreibt der Bundesrechnungshof weiter.

Diese Unterstützung setzt sich zusammen aus den Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser (19 Milliarden Euro), dem Coronaversorgungsaufschlag (drei Milliarden Euro), dem Krankenhauszukunftsfonds (vier Milliarden Euro) und den Energiehilfen (sechs Milliarden Euro).

GKV: Gleichmütigkeit statt Maßnahmenkatalog

Auch der GKV-Spitzenverband warnt vor stark steigenden Kosten. Auf Kritik des Verbandes stößt vor allem die offensichtlich empfundene Gleichgültigkeit, mit der Lauterbach den Anstieg der Zusatzbeiträge ankündigt. „Anstatt einen Maßnahmenplan vorzulegen, wie die Versorgung der rund 75 Millionen gesetzlich Versicherten wieder auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden kann, kündigt er anscheinend gleichmütig immer weiter steigende Zusatzbeiträge an.“

In den letzten zehn Jahren habe die Gesetzgebung die Ausgaben immer weiter in die Höhe getrieben. „Einfach die Augen zu verschließen und weitermachen“ sei keine Lösung. Für das Gesamtjahr 2024 rechnet der Verband mit einem Defizit von vier bis 4,5 Milliarden Euro.

Aus NRW hingegen kommt politische Unterstützung für die Anhebung der Betragsgrenze. In einem Interview mit der Ärztezeitung sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karl-Josef Laumann mit Blick auf die Höhe der GKV-Beiträge: „Gut verdienende Arbeitnehmer zahlten wegen der Beitragsbemessungsgrenze nur auf einen Teil ihres Einkommens Beiträge für die Krankenkassen. Jemand mit einem kleinen Einkommen zahlt dagegen auf sein ganzes Einkommen Sozialbeiträge und Steuern.“

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Politik
Politik Polens künftiger Präsident Nawrocki droht mit Blockade gegen Regierungschef Tusk: Was bedeutet das für Polen?
06.06.2025

Karol Nawrocki stellt sich offen gegen Donald Tusk – und kündigt Widerstand an. Welche Folgen hat das für Polens politische...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Russland startet schwersten Angriff seit Monaten
06.06.2025

Im Ukraine-Krieg eskaliert die Lage erneut: Russland greift massiv an, Kiew wird erschüttert. Droht nun ein Gegenschlag – oder ist das...

DWN
Politik
Politik Merz bei Trump: Was der USA-Besuch des Bundeskanzlers wirklich brachte
06.06.2025

Der Kanzler trifft den US-Präsidenten in Washington. Freundliche Worte gab es viele – doch was bleibt nach dem Besuch von Merz bei Trump...

DWN
Finanzen
Finanzen Studie: Hohe Kosten für Einführung des digitalen Euro
06.06.2025

Die Einführung des digitalen Euro wird nach einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC erhebliche Kosten für europäische Banken...

DWN
Politik
Politik Putins Gaskasse bleibt gefüllt – weil Frankreich und Belgien blockieren
06.06.2025

Während Brüssel russisches Flüssiggas verbieten will, stellen sich ausgerechnet Frankreich und Belgien quer – und sichern damit weiter...

DWN
Finanzen
Finanzen Fondsmanager warnt: „Gold ist noch immer unterbewertet“
05.06.2025

Der Goldpreis explodiert – doch laut Fondsmanager Erik Strand ist das Edelmetall noch immer unterbewertet. Die wahre Blase?...

DWN
Panorama
Panorama Stromanbieterwechsel 2025: Neue Fristen ab 6. Juni – wichtige Tipps
05.06.2025

Ein Stromanbieterwechsel soll ab dem 6. Juni deutlich schneller gehen – das klingt gut, hat aber Tücken. Welche Chancen und Risiken...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut wächst: Jede sechste Rentnerin in Deutschland lebt in Altersarmut
05.06.2025

Die neuen Zahlen zur Altersarmut in Deutschland sind alarmierend: 2,1 Millionen Rentnerinnen und 1,3 Millionen Rentner leben unterhalb der...