Wirtschaft

EU-Autozölle gegen China: Scholz entscheidet gegen Strafmaßnahmen auf chinesische Elektroautos

Nach Differenzen innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP bezüglich der Frage nach EU-Autozöllen auf Elektroautos aus China, hat Bundeskanzler Olaf Scholz nun entschieden.
04.10.2024 10:54
Aktualisiert: 04.10.2024 10:54
Lesezeit: 2 min

Aus grünen Regierungskreisen wurde mitgeteilt, dass der SPD-Politiker beschlossen hat, dass die Bundesregierung bei der heutigen Abstimmung in Brüssel gegen die EU-Autozölle stimmen wird. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat diese Entscheidung akzeptiert.

Scholz übernimmt damit angesichts der Meinungsverschiedenheiten der Koalitionspartner das letzte Wort. Es hieß aus Berlin, dass der Kanzler seine Richtlinienkompetenz ausübt. Bereits vor zwei Jahren nutzte Scholz diese Befugnis, um einen befristeten Weiterbetrieb der Atomkraftwerke durchzusetzen. Ein Regierungssprecher äußerte sich am Donnerstagabend nicht zum Abstimmungsverhalten. Die deutsche Autoindustrie hatte sich gegen die EU-Autozölle starkgemacht und vor einem internationalen Handelskonflikt gewarnt.

Grüne Ministerien favorisierten Enthaltung

Innerhalb der Koalition drängten die FDP-geführten Ministerien für Finanzen und Verkehr auf ein klares Nein zu den EU-Autozöllen. Auch Kanzler Scholz äußerte sich kritisch gegenüber den geplanten Strafzöllen. Die von Grünen geleiteten Ministerien für Wirtschaft und Außenpolitik hingegen sprachen sich für eine Enthaltung aus, um weitere Verhandlungen mit China zu ermöglichen. Letztlich akzeptierten sie jedoch die Entscheidung für ein deutsches Nein.

Zwar erklärte das Bundeswirtschaftsministerium, dass man einen fairen Wettbewerb wolle, jedoch keinen Handelskrieg durch EU-Autozölle. Europa dürfe gegenüber China nicht naiv sein. "Deshalb hätten wir einen anderen Weg als 'Nein' bevorzugt." Dies sei jedoch keine Glaubensfrage, sondern eine Frage der taktischen Politik. Ziel müsse es sein, eine Verhandlungslösung zu finden, die den eigenen Interessen gerecht wird.

Habeck sagte gegenüber dem "Handelsblatt": "Ich halte den besten Weg zu einer Lösung für eine starke EU, die mit vereinter Verhandlungsmacht handelt. So könnten wir Zölle am ehesten abwenden." Er hätte anders entschieden, betonte Habeck: "China versteht klare Ansagen gut. Schwäche weiß es auszunutzen."

FDP-Chef Christian Lindner äußerte sich am Donnerstagabend auf "X": "Zölle auf chinesische E-Autos wären falsch – das sagt unsere Autoindustrie, die angeblich geschützt werden soll." Mit China müsse man klare Worte finden und verhandeln, "aber Handelskriege bringen nur Verlierer."

EU-Staaten entscheiden heute über Autozölle

Die 27 EU-Mitgliedstaaten entscheiden heute darüber, ob die EU-Kommission ab November zusätzliche EU-Autozölle auf Elektroautos aus China einführen soll. Die EU-Kommission wirft China vor, die Wertschöpfungskette der Elektroautos massiv zu subventionieren und damit den Wettbewerb zu verzerren, um sich unfaire Vorteile zu verschaffen.

Die Behörde plant deshalb, zusätzliche Zölle einzuführen, die in einigen Fällen voraussichtlich über 35 Prozent liegen könnten. Laut der EU-Kommission sind chinesische Elektroautos etwa 20 Prozent günstiger als die in der EU hergestellten Modelle.

Eine ausreichende Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten könnte die Maßnahme verhindern, was aber zuletzt als unwahrscheinlich galt. Deutschland wird mit seinem "Nein" voraussichtlich nur wenig Einfluss auf das Ergebnis haben. Um die EU-Autozölle noch zu stoppen, müssten 15 Länder dagegen stimmen, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten. EU-Diplomaten gehen allerdings nicht davon aus, dass es eine Mehrheit gegen die Zölle geben wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...