Politik

Selenskyj wirbt bei EU-Gipfel für „Frieden durch Drohungen!“

Die Ukraine will westliche Partner mit einem „Siegesplan“ zu einem Kurswechsel bei Waffenlieferungen bewegen. Bei einem EU-Gipfel nennt der Präsident jetzt Details. Dabei geht es auch und vor allem um Deutschland. Den Kanzler ficht dies nicht an.
18.10.2024 08:23
Aktualisiert: 18.10.2024 09:05
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten um die Unterstützung seines Plans für einen Sieg gegen Russland geworben. Selenskyj sagte in Brüssel, der Ansatz sei, „Frieden durch Drohungen" zu schaffen. Dazu sollten Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und die USA dafür sorgen, dass in der Ukraine ein passendes Raketen-Paket stationiert werden könne.

Dieses könnte Russland dann entweder in echte Friedensverhandlungen zwingen oder die Zerstörung militärischer Ziele ermöglichen, erklärte Selenskyj. Es gehe darum, die Ukraine zu stärken, um dann bereit für Diplomatie zu sein. Dabei hänge es vom Willen der Partner ab, ob sein Plan umgesetzt werden könne.

Siegesplan erfordert Kurswechsel von Partnern

Selenskyj spielte damit darauf an, dass Kernpunkte seines «Siegesplans» einen politischen Kurswechsel von Ländern wie Deutschland erfordern würden. So lehnt es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bislang ab, der Ukraine weitreichende Waffensysteme für Angriffe auf Ziele im russischen Hinterland zu liefern. Ebenfalls keine deutsche Unterstützung gibt es für den ukrainischen Wunsch nach einer schnellen und bedingungslosen Einladung in die Nato.

Scholz machte am Rande des Treffens mit den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten deutlich, dass er trotz der schwierigen militärischen Lage der Ukraine nicht von seinen bisherigen Positionen abzurücken gedenkt. „Sie kennen die Haltung Deutschlands in den Fragen, die da berührt sind. Daran wird sich auch nichts ändern“, sagte er am Rande des EU-Treffens mit Selenskyj auf eine Frage zum „Siegesplan“.

Deutschland und USA bremsen

Scholz stellte sich dabei abermals auf die Seite der USA, die aus Sorge vor einer weiteren Eskalation des Ukraine-Kriegs ebenfalls zentrale Wünsche Selenskyjs derzeit nicht erfüllen wollen. Auf der anderen Seite stehen vor allem nordische und osteuropäische EU- und Nato-Staaten. Sie argumentieren, dass im Umgang mit Russland nur größtmöglicher Druck zielführend sei.

In nicht öffentlichen Diskussionen wird zudem darauf verwiesen, dass die Einladung zur Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine auch eine Art Trumpfkarte in späteren Verhandlungen mit Russland sein könnte. So könnte die Regierung in Kiew Moskau zum Beispiel anbieten, auf die Nato-Mitgliedschaft zu verzichten, wenn sich Russland aus ukrainischem Gebieten zurückzieht. Eines der erklärten Kriegsziele Russlands ist es nämlich, einen neutralen Status der Ukraine zu erzwingen.

Russland wirft Ukraine Eskalation vor

Aus Russland hieß es bereits am Mittwoch zu Selenskyjs Plan, dieser erkläre in keinem seiner Punkte, wie er den Konflikt lösen wolle, sondern versuche, die westlichen Verbündeten noch tiefer in den Krieg hineinzuziehen. Selenskyj hatte den Plan bereits vergangene Woche in Rom, Paris und London hinter verschlossenen Türen vorgestellt. In Berlin weihte er Kanzler Scholz ein.

Beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder waren die Beratungen über den Ukraine-Krieg nur ein Thema neben Fragen der Migrationspolitik und der Lage in Nahost. Selenskyj wollte nach seinem Besuch beim EU-Gipfel in Brüssel auch die Verteidigungsminister der Nato-Länder treffen. Diese sind derzeit für eine zweitägige Herbsttagung in der belgischen Hauptstadt, bei der es auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gehen soll.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Bahnverbindung nach Aserbaidschan: Türkei baut Teil der Neuen Seidenstraße für 2,4 Milliarden Euro
14.09.2025

Die Türkei baut eine 224 Kilometer lange Bahnverbindung nach Aserbaidschan – als Teil der Neuen Seidenstraße. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China jenseits der Schlagworte: Ein Insider berichtet – Megastädten und ländliche Transformation
14.09.2025

Uwe Behrens hat 27 Jahre in China und Indien gelebt und gearbeitet – lange bevor Schlagworte wie „Belt and Road Initiative“ bekannt...

DWN
Finanzen
Finanzen Debatte neu entfacht: Braucht die Erbschaftsteuer eine Reform?
13.09.2025

Im Bundeshaushalt fehlt das Geld, und immer wieder rücken dabei auch das Vermögen der Deutschen und eine gerechtere Besteuerung in den...

DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritik am Verbrenner-Verbot der EU: So nicht umsetzbar
13.09.2025

Das Verbrenner-Verbot der EU steht vor dem Scheitern: Käufer verweigern sich Elektroautos, Hersteller warnen vor unrealistischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende: WWF-Ranking sieht Brandenburg ganz vorn
13.09.2025

Die Energiewende schreitet ungleichmäßig voran – während Brandenburg laut Umweltverband WWF glänzt, hinken andere Länder hinterher....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lightcast-Bericht: KI-Kenntnisse treiben Gehälter massiv nach oben
13.09.2025

Wer KI beherrscht, kassiert kräftig ab: Laut einer globalen Studie steigern KI-Fähigkeiten das Gehalt um bis zu 43 Prozent – in manchen...