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Bürokratie in Deutschland kostet jährlich 146 Milliarden Euro

Bürokratie-Abbau soll Kosten sparen. Durch die überbordende Bürokratie entgehen Deutschland bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr an Wirtschaftsleistung, zeigt jetzt eine neue Studie.
14.11.2024 09:29
Aktualisiert: 14.11.2024 09:29
Lesezeit: 2 min

Dokumentation, Anträge, der Passierschein A38 - vielleicht gibt es ein paar graue Männer, die das lieben. Für den Großteil der Menschen ist Bürokratie, vor allem unnötige Bürokratie ein Alptraum in Papierform. Wobei der Alptraum jetzt zunehmend auch elektronisch stattfindet. Und nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch richtig viel Geld kostet. Schon lange wird nach Bürokratie-Abbau gerufen, doch wie schafft man dieses Monster aus der Welt? Wieviel die Bürokratie uns kostet, zeigt eine neue Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) im Auftrag der IHK für München und Oberbayern.

„Das große Ausmaß der Kosten durch die Bürokratie verdeutlicht die Dringlichkeit des Reformbedarfs. Die Kosten von Nichtstun sind riesig, gemessen am Wachstumspotenzial, das im Bürokratieabbau schlummert,” sagt Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien.

Grundlage für die Berechnungen ist ein „Bürokratie-Index“, der für eine Vielzahl von Ländern den Bürokratieaufwand in für die Wirtschaft und Unternehmen relevanten Bereichen multidimensional abbildet. Auf Basis dieses Datensatzes identifizieren die Forschenden Länder, die tiefgreifende Bürokratiereformen umgesetzt haben und verfolgen deren wirtschaftliche Entwicklung über die Zeit. Auf Basis dieser Ergebnisse simulieren sie die Wirkung einer Bürokratiereform, die Deutschland auf das niedrige Bürokratieniveau von Schweden, dem Spitzenreiter im Bürokratie-Index, gebracht hätte.

Auch die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung kann eine wichtige Rolle zur Verringerung des bürokratischen Aufwands beitragen. „Würde Deutschland bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung auf das Niveau von Dänemark aufschließen, wäre die Wirtschaftsleistung um 96 Milliarden Euro pro Jahr höher“, ergänzt Falck.

„Bürokratie wird seit zwei Jahren in allen IHK-Umfragen als das größte Problem der Wirtschaft genannt. Je kleiner die Unternehmen sind, desto gravierender ist die Belastung. Die ifo-Studie beziffert erstmals, wie stark Bürokratie und fehlende Digitalisierung unsere Unternehmen tatsächlich ausbremsen“, sagt Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern. „Der Schaden im dreistelligen Milliardenbereich ist gigantisch. Es darf nun keinen Verzug mehr geben. Ein sofortiges Bürokratiemoratorium muss her. Alle Nachweis- und Dokumentationspflichten, Berichtspflichten und Statistikmeldungen, alle ständigen Gesetzesänderungen, Datenschutzvorgaben und langwierigen Verwaltungsverfahren gehören auf den Prüfstand, müssen deutlich verschlankt und teilweise komplett abgeschafft werden – und das in Berlin und Brüssel“, so Gößl weiter. „Die Verwaltungsdigitalisierung muss auf die Sprünge kommen: Die Unternehmen brauchen einen zentralen Online-Zugang zu allen wirtschaftsrelevanten Leistungen und bundesweit einheitliche, nutzerfreundliche Lösungen.“

In der Studie berechnen die Forschenden direkte und indirekte Kosten, die durch Bürokratie in Deutschland entstehen. Aufgrund dieser Methodik fallen die Gesamtkosten der Bürokratie mehr als doppelt so hoch aus als andere Schätzungen, wie die des Normenkontrollrats, der auf direkte Bürokratiekosten in Höhe von 65 Milliarden Euro pro Jahr kommt.

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