Wirtschaft

Nach vier Jahren: Castor-Transport erreicht Deutschland

Nach vier Jahren hat erstmals wieder ein Castor-Transport mit hochradioaktiven Abfällen aus dem Ausland Deutschland durchquert. Der Zug, beladen mit vier Behältern, erreichte um 17.45 Uhr das staatliche Zwischenlager in Philippsburg bei Karlsruhe, wie die Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) mitteilte.
20.11.2024 20:16
Lesezeit: 2 min
Nach vier Jahren: Castor-Transport erreicht Deutschland
Polizeifahrzeuge stehen im nahen Umfeld des Bahnhofs hinter einem symbolischen Atommüllfass (Foto: dpa). Foto: Uwe Anspach

Trotz Mobilisierungen von Atomkraftgegnern verlief der Transport, der über Frankreich, das Saarland und die Pfalz nach Baden-Württemberg führte, ohne Zwischenfälle.

Rückkehr von Atommüll aus La Hague abgeschlossen

Die Fracht bestand aus radioaktiven Abfällen, die bei der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente im französischen La Hague angefallen waren. Laut GNS ist Deutschland völkerrechtlich und sind die Kernkraftwerksbetreiber privatrechtlich verpflichtet, diese Überreste zurückzuholen. Der erfolgreiche Abschluss dieses Castor-Transports sei ein wichtiger Schritt im Rahmen eines verantwortungsvollen Atomausstiegs, betonte Jörg Michels, Leiter der Kernkraftsparte von EnBW <DE0005220008>, bereits im Oktober.

In der Vergangenheit wurden Castor-Transporte von teils massiven Protesten begleitet. Ausschreitungen und Blockaden waren keine Seltenheit. Seit der Entscheidung für den Atomausstieg verlaufen diese Transporte jedoch störungsfrei. So auch der letzte Castor-Transport aus dem Ausland vor vier Jahren.

Kritik an "Atommüllverschiebungen"

Trotz des friedlichen Verlaufs formierten sich in Philippsburg Protestaktionen. Eine Mahnwache machte auf die Gefahren aufmerksam, die hochradioaktiver Atommüll für kommende Generationen darstelle. Kritiker bemängeln vor allem das Fehlen eines Endlagers. Ohne eine langfristige Lösung seien "Atommüllverschiebungen von A nach B" nicht akzeptabel, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative "Anti-Atom Südwest".

Die Behörden sicherten den Castor-Transport mit umfangreichen Maßnahmen, darunter Hubschraubereinsätze. Aus Sicherheitsgründen wurden bis zuletzt weder Route noch Zeitplan bekannt gegeben. Dennoch hatten Atomkraftgegner die Abfahrt am Dienstag beobachtet, und der Zug überquerte die Grenze am Mittwoch. Nach Angaben der GNS wurde der Transport streng überwacht. Staatliche Atomaufsichten sowie unabhängige Gutachter kontrollierten mit Messungen die Einhaltung aller Vorschriften und Grenzwerte. Die Sicherheit von Mensch und Umwelt habe dabei oberste Priorität gehabt.

Atommüll: Zwischenlagerung für Jahrzehnte geplant

Vier speziell konstruierte Waggons brachten die Castor-Behälter nach Philippsburg. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte erst vor wenigen Tagen in einem Eilverfahren die Einlagerung in der dafür vorgesehenen Halle genehmigt.

Die GNS teilte mit, dass die Behälter in den nächsten Tagen vom Zug auf Straßenfahrzeuge umgeladen und dann schrittweise ins Brennelemente-Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände transportiert würden. Bereits seit 2007 lagern in diesem Zwischenlager 102 Behälter mit radioaktiven Abfällen. Mit den nun gelieferten vier Castoren ist die Kapazität vorerst ausgeschöpft. Der Betrieb des Zwischenlagers ist bis 2047 genehmigt, eine Verlängerung gilt mangels Endlager als wahrscheinlich.

Noch ausstehend sind Transporte aus England, die für die Zwischenlager in Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Isar (Bayern) vorgesehen sind. Für diese Castor-Transporte liegt bisher keine Genehmigung vor.

Castor-Transport: 115 Tonnen pro Behälter

Der letzte Castor-Transport aus dem Ausland im Jahr 2020 brachte sechs Behälter des Typs HAW28M von der britischen Wiederaufarbeitung in Sellafield nach Biblis. Auch die aktuellen Behälter in Philippsburg gehören zu diesem Typ, der speziell für hochradioaktiven Abfall entwickelt wurde.

Ein Castor-Behälter ist eine massive Konstruktion aus Gusseisen und Edelstahl und bringt beladen 115 Tonnen auf die Waage. Die 40 Zentimeter dicken Außenwände und ein System aus mehreren Stahldeckeln sorgen für höchste Sicherheitsstandards. Die Behälter haben Fall-, Feuer- und Explosionsprüfungen bestanden, einschließlich eines Tests mit einem explodierenden Gastankwagen. Jeder Behälter fasst 28 sogenannte Kokillen aus Edelstahl, in die hochradioaktive Abfälle bei 1.100 Grad Celsius mit Silikatglas verschmolzen wurden. Eine Kokille enthält bis zu 400 Kilogramm dieser Glasmasse, die den Atommüll sicher umschließt.

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