Politik

Haftbefehl für Netanjahu: G7 sucht gemeinsame Linie - und Hintertür der Staatsräson?

Der internationale Haftbefehl gegen Israels Regierungschef stellt viele Staaten vor Probleme - insbesondere Deutschland. Auch bei einem Außenminister-Treffen in Italien sorgt das für Kopfzerbrechen. Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock befindet sich dabei auf der verzweifelten Suche nach einer Hintertür der deutschen Staatsräson.
26.11.2024 08:57
Aktualisiert: 26.11.2024 09:08
Lesezeit: 2 min
Haftbefehl für Netanjahu: G7 sucht gemeinsame Linie - und Hintertür der Staatsräson?
Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, besucht den Netzarim-Korridor im Gazastreifen. Wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl gegen den israelischen Regierungschef erwirkt. (Foto: dpa) Foto: Maayan Toaf/Israel Gpo

Nach dem Haftbefehl gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sind die G7-Staaten auf der Suche nach einem gemeinsamen Nenner. Die Außenminister der Gruppe sieben demokratischer Industrienationen (G7) berieten bei einem Treffen in Italien über die Folgen aus dem Beschluss des Internationalen Strafgerichtshofs. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob Netanjahu bei einer Auslandsreise verhaftet würde.

Differenzen in der Sache

Eine einheitliche Haltung ist kaum zu erwarten. So erkennen die USA das Gericht in Den Haag, das den Haftbefehl vergangene Woche verhängte, grundsätzlich nicht an. Andere Israel-Verbündete - insbesondere Deutschland - stehen dadurch vor einem Dilemma. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte mit Blick auf Netanjahu, niemand stehe über dem Gesetz. Sie wolle sich aber nicht in "laufende Verfahren" einmischen.

Italien als Gastgeber des Treffens in der italienischen Kleinstadt Fiuggi bemühte sich um eine Formulierung, die alle sieben Staaten mittragen. "Wir wollen eine Übereinkunft mit den anderen G7-Ländern, damit wir eine gemeinsame Position haben", sagte Außenminister Antonio Tajani. "Das ist auch ein politisches Problem, nicht nur eine Frage der Justiz." Das Thema dürfte die Runde auch am Dienstag beschäftigen, dem zweiten und letzten Tag.

Baerbock: "Bundesregierung hält sich an Recht und Gesetz"

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat Haftbefehle gegen Netanjahu und dessen früheren Verteidigungsminister Joav Galant wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Krieg erlassen. Eigentlich sind alle Vertragsstaaten des IStGH verpflichtet, die Haftbefehle zu vollstrecken. Mit Ausnahme der USA gehören alle G7-Staaten dazu.

Die Bundesregierung hat sich noch nicht festgelegt, ob Netanjahu bei einer Einreise die Verhaftung droht. Baerbock sagte jedoch: "Die Bundesregierung hält sich an Recht und Gesetz, weil niemand über dem Gesetz steht." Die Justiz sei zu dem Schluss gekommen, "dass es hinreichend Indizien für sie gibt, diesen Schritt jetzt zu unternehmen".

Nahost und Ukraine ebenfalls Thema

Weitere wichtige Themen des Treffens sind der Krieg in der Ukraine sowie die Folgen der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten für die internationale Ordnung. Am Dienstag kommt der ukrainische Verteidigungsminister Andrij Sybiha zu der Runde hinzu. Tajani plädierte in diesem Zusammenhang für eine baldige Friedenskonferenz mit Beteiligung der USA und Russlands.

Weiter sagte der Gastgeber mit Bezug auf Russland: "Die Einigkeit ist jetzt unsere Kraft." Die G7 dürften sich nicht abschotten. Deshalb seien bei dem Treffen auch Vertreter aus Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabiens, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar dabei. Italien hat noch bis zum Jahresende im Kreis der G7 den Vorsitz inne. Im nächsten Jahr führt Kanada die Geschäfte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Neue Bundesregierung: Union stellt Personal für Ministerposten vor
28.04.2025

Rund eine Woche vor der geplanten Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler der neuen Bundesregierung wollen CDU und CSU ihre Besetzung der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Seeweg kann zur neuen Umweltroute werden – so sieht das neue Klimapaket aus
28.04.2025

Die internationale Schifffahrt galt lange als Klimasünder mit Sonderstatus. Nun ändert sich das grundlegend: Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen „Hart arbeiten – das ist alles“: Wie Nvidia zum Börsenliebling wurde
28.04.2025

Vom Tellerwäscher zum Tech-Tycoon – wie Jensen Huang mit eiserner Disziplin Nvidia zur KI-Supermacht machte und nun gegen die Schatten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Teslas versteckter Goldesel wankt – Emissionsrechte geraten ins Visier des Boykotts
27.04.2025

Teslas Einnahmequelle aus dem Emissionshandel schrumpft durch sinkende Verkaufszahlen, politische Boykotte und steigende Konkurrenz.

DWN
Finanzen
Finanzen Geldpolitik ohne Zentralbank: Wie Solana über Inflation abstimmen lässt
27.04.2025

Ohne Leitzins, aber mit Weitblick: Die Solana-Community entscheidet selbst über Inflation und Ertragsverteilung. Zwei aktuelle...

DWN
Technologie
Technologie Gesundheit wird Geschäft: Apple verkauft mit der Apple Watch Hoffnung – nicht nur Technologie
27.04.2025

Die Apple Watch feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Doch unter dem glänzenden Aluminium-Gehäuse der meistverkauften Smartwatch der Welt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Werbungskosten: Das alles können Sie von der Steuer absetzen
27.04.2025

Werbungskosten sind ein großer Hebel, um bei der Steuererklärung richtig Geld zu sparen. Erfahren Sie in diesem Ratgeber, was alles...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Handelskrieg vertreibt Bitcoin-Miner aus Asien – Kryptoindustrie unter Schock
27.04.2025

Mit Strafzöllen auf Importe aus Südostasien erschüttert Trump die globale Krypto-Lieferkette. Die Folgen: Chaos, Millionenverluste und...