Politik

Bundestag: Abstimmung über CDU-Antrag zur Migration - 5-Punkte-Plan von Merz erhält Mehrheit

Der Bundestag hat einen der Entschließungsanträge der Union angenommen, den sogenannten 5-Punkte-Plan. Merz' Antrag zur Migrationspolitik erhielt im Bundestag eine Mehrheit - mit den Stimmen der AfD. SPD und Grüne kritisieren dies als Tabubruch. Das Ergebnis der Abstimmung dürfte den Wahlkampf nachhaltig beeinflussen.
29.01.2025 23:18
Aktualisiert: 29.01.2025 23:18
Lesezeit: 3 min
Bundestag: Abstimmung über CDU-Antrag zur Migration - 5-Punkte-Plan von Merz erhält Mehrheit
Das Plenum des Deutschen Bundestages (Foto: dpa). Foto: Christoph Soeder

Bundestag-Abstimmung über CDU-Antrag

Eine Woche nach der Messerattacke von Aschaffenburg hat die Bundestag-Abstimmung mit Unterstützung der AfD einen CDU-Antrag zur Migration verabschiedet. Laut Sitzungsleitung stimmten 348 Abgeordnete dafür, 345 dagegen, zehn enthielten sich. Es gilt als sicher, dass die Mehrheit nur mit AfD-Stimmen zustande kam. Das Abstimmungsverhalten einzelner Abgeordneter wird jedoch erst später veröffentlicht.

Die CDU und CSU verfügen über 196 Sitze im Parlament. FDP und AfD hatten vor der Abstimmung im Bundestag ihre Zustimmung signalisiert. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses applaudierte die AfD. SPD, Grüne und Linke votierten dagegen, während das BSW Enthaltung anzeigte. Der Bundestag hat sich damit für mehr Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen ausgesprochen. Ein entsprechender Antrag der CDU/CSU-Fraktion fand eine Mehrheit, wie die Sitzungsleiterin Katrin Göring-Eckardt mitteilte. Die Mehrheit kam sehr wahrscheinlich mit den Stimmen der AfD zustande. Genaue Informationen, wer mit Ja gestimmt hat, folgen im Laufe des Mittwochabend. Die Abstimmung war namentlich und nicht anonym.

Nach der Bundestag-Abstimmung wurde die Sitzung unterbrochen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte, dass man „nicht so einfach zur Tagesordnung“ übergehen könne. Die Union habe sich „aus der politischen Mitte entfernt“. Laut aktuellen Wahlumfragen ist die Zustimmung im Bund für die AfD weiter gestiegen. Bei einer YouGov-Umfrage stieg der AfD-Wert um vier Punkte auf 23 Prozent. Damit wird die Alternative für Deutschland zur zweitstärksten Kraft hinter der Union, die 29 Prozent erhalten würde, wenn heute Bundestagswahl wäre.

Zweiter Antrag abgelehnt - heftiger Schlagabtausch vor der Abstimmung

Ein zweiter Antrag der Union mit umfassenden Reformvorschlägen für eine restriktive Migrationspolitik und zusätzliche Befugnisse der Sicherheitsbehörden fand keine Mehrheit.

Vor der Abstimmung zur Migrationspolitik im Bundestag hatten sich Kanzler Olaf Scholz und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz einen besonders heftigen Schlagabtausch über den Umgang mit der AfD geliefert. Der SPD-Kanzler Scholz warf Merz vor, die klare Abgrenzung zu extrem rechten Parteien aufzugeben. „Sie nehmen die Unterstützung der AfD für Ihre rechtswidrigen Vorschläge offen in Kauf“, rief er dem Oppositionsführer in seiner Regierungserklärung im Parlament zu.

CDU-Antrag zur Migration nicht bindend

Der CDU-Antrag zur Migration fordert die Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen, hat aber keine rechtlich bindende Wirkung. Ein weiterer Unions-Antrag zur Sicherheitspolitik scheiterte. Vor der Abstimmung lieferten sich Kanzler Olaf Scholz und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz eine hitzige Debatte über die AfD.

Kanzlerkandidat Scholz warf Merz vor, die klare Abgrenzung zu extrem rechten Parteien aufzugeben. "Sie akzeptieren die AfD-Unterstützung für Ihre rechtswidrigen Vorschläge", sagte Scholz. Er unterstellte zudem, die Union könnte nach der Wahl eine Koalition mit der AfD eingehen. Merz wies diese Behauptung als "niederträchtig" zurück und bekräftigte, er nehme die AfD-Zustimmung in Kauf, um seine Vorschläge zur Migration durchzusetzen. Er betonte, dass man nicht tatenlos zusehen könne, wie "Menschen weiter bedroht, verletzt und ermordet werden".

Weidel kritisiert Scholz und Merz gleichermaßen

AfD-Chefin Alice Weidel griff sowohl Scholz als auch Merz an. Sie bezeichnete die Regierungserklärung als "ungeheuerlich" und warf Scholz "autoritäres Denken" vor. Die Migrationspolitik der Regierung nannte sie einen "politisch motivierten Kontrollverlust". Zudem kritisierte sie, dass die Union inhaltlich AfD-Positionen übernehme.

Als Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt das Ergebnis der Abstimmung im Bundestag verkündete, feierten AfD-Abgeordnete die Entscheidung.

Bundestag-Abstimmung zu 5-Punkte-Plan: BSW enthält sich bei CDU-Antrag zur Migration

Das BSW kündigte bereits im Vorfeld an, sich bei der Bundestag-Abstimmung zum CDU-Antrag zur Migration zu enthalten. In der Debatte wurde betont, dass es ein faktisches Einreiseverbot für Personen ohne gültige Papiere geben solle. Dies solle auch für Asylbewerber gelten. Vollziehbar ausreisepflichtige Personen sollen in Haft genommen werden, die Bundespolizei soll bei Rückführungen eine größere Rolle erhalten.

Straftäter und Gefährder mit Ausreiseverpflichtung sollen so lange in Haft bleiben, bis ihre Abschiebung vollzogen werden kann. Dauerhafte Grenzkontrollen werden ebenfalls gefordert. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte bereits vor Monaten stationäre Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen eingeführt.

Nach Aschaffenburg nur noch zwei Wahlkampfthemen

Der Messerangriff von Aschaffenburg, bei dem ein psychisch kranker Afghane zwei Menschen tötete, darunter ein zweijähriges Kind, und weitere schwer verletzte, hat die Wahlkampfthemen verschoben. Der 28-jährige Tatverdächtige war ausreisepflichtig.

Seitdem dominieren Migration und der Umgang mit der AfD den Wahlkampf. Die Union sieht sich durch den Fall in ihrer Haltung zur Verschärfung der Migrationspolitik bestätigt. Merz erklärte im Bundestag, dies sei eine Verpflichtung gegenüber den Opfern. Die rot-grüne Minderheitsregierung hingegen hält die bestehenden Regeln für ausreichend, sieht aber Vollzugsprobleme.

Scholz: "Ein Kanzler darf kein Zocker sein"

Scholz unterstellte Merz, er lege Pläne vor, die gegen das Grundgesetz und EU-Recht verstießen. "Politik ist kein Pokerspiel", warnte Scholz. "Ein deutscher Kanzler darf kein Zocker sein, denn er entscheidet im schlimmsten Fall über Krieg oder Frieden."

Merz wies dies zurück. Laut Artikel 72 des EU-Vertrags habe nationales Recht Vorrang, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet sei. Er fragte: "Wie viele Kinder müssen noch Opfer solcher Taten werden, bis Sie das als Gefährdung anerkennen?" Zudem verweist er auf Artikel 16a des Grundgesetzes, wonach Asyl nicht für Einreisende aus sicheren Drittstaaten gilt.

Scholz: Merz bricht demokratischen Grundkonsens

Besonders heftig wurde der Streit um die AfD. Scholz kritisierte die Union dafür, dass sie die Stimmen der AfD akzeptiere. "Sie tolerieren die Unterstützung derer, die unsere Demokratie bekämpfen und unser Land spalten", so Scholz. Er sprach von einem "unverzeihlichen Fehler". Seit Gründung der Bundesrepublik sei es Konsens gewesen, nicht mit extremen Rechten zu kooperieren. Diesen Grundsatz habe Merz aufgekündigt.

Merz entgegnete, dass Versuche, mit SPD und Grünen einen Konsens zur Migrationspolitik zu finden, gescheitert seien. Nun sei es Zeit zu handeln, auch wenn dies bedeute, "unerträgliche Bilder" von jubelnden AfD-Abgeordneten zu ertragen.

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