Unternehmen

Pessimismus wächst: Unternehmen sehen Klimaneutralität zunehmend als unerreichbar an

Die Hoffnungen auf eine rasche Klimaneutralität schwinden. Laut einer aktuellen Studie von Bain & Company ist der Optimismus unter den Unternehmen, die an der grünen Transformation beteiligt sind, erheblich gesunken. Besonders die stetig steigenden Investitionskosten zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen machen den Weg zur Klimaneutralität zunehmend beschwerlicher.
15.04.2025 10:59
Lesezeit: 2 min
Pessimismus wächst: Unternehmen sehen Klimaneutralität zunehmend als unerreichbar an
Klimaschutz und wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmertum: Geht das noch zusammen? (Foto: dpa) Foto: Soeren Stache

Die Umfrage, die von Bain & Company weltweit unter 700 Managern aus den Bereichen Kraftstoffe, Energie, Bergbau, Chemie und Landwirtschaft durchgeführt wurde, zeigt einen klaren Pessimismus. Demnach glauben 44 Prozent der Befragten, dass die Welt erst im Jahr 2070 oder später klimaneutral wird – also zu einem Zeitpunkt, an dem die Treibhausgasemissionen so weit gesenkt wurden, dass sie durch natürliche Prozesse wie Wälder und Ozeane ausgeglichen werden können. Nur 32 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Klimaneutralität bis 2050 erreicht wird, und 24 Prozent rechnen mit einem Erreichen des Ziels im Jahr 2060.

Ein Jahr zuvor war die Stimmung noch deutlich optimistischer. Damals meinten 38 Prozent der Manager, dass es bis 2050 möglich sein würde, Klimaneutralität zu erreichen, während 31 Prozent einen Zeitraum bis 2060 und ebenfalls 31 Prozent bis 2070 oder später angaben.

Investitionskosten und Kundenunwilligkeit als Hauptbarrieren

Die Hauptursache für die zunehmende Skepsis liegt in den immer höheren Investitionskosten, die zur Erreichung von Klimaneutralität erforderlich sind. Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, dass die Kosten für entsprechende Investitionen im vergangenen Jahr um mindestens 5 Prozent gestiegen sind. Ein Zehntel der Unternehmen berichtete sogar von einem Anstieg von über 20 Prozent.

Ein weiteres großes Hindernis, das in der Studie hervorgehoben wird, ist die mangelnde Bereitschaft der Kunden, für umweltfreundlichere Produkte einen höheren Preis zu zahlen. 69 Prozent der Manager bezeichneten dies als ein erhebliches Problem, da es schwierig ist, eine angemessene Kapitalrendite zu erzielen, wenn der Preis für grüne Produkte nicht entsprechend angepasst wird. Daneben beobachten die Unternehmen einen Rückgang der Unterstützung durch Aktionäre für Investitionen in die Dekarbonisierung.

Zu weiteren Herausforderungen zählen die instabile Regierungspolitik sowie der fehlende Zugang zu Kapital, der die Umsetzung von Investitionen in umweltfreundliche Technologien erschwert.

Wachsender Energiebedarf durch KI

Trotz der pessimistischen Einschätzung bezüglich der Klimaneutralität zeigen sich die Manager hinsichtlich der Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) optimistisch. Doch dieser Optimismus bringt neue Herausforderungen mit sich. Die zunehmende Nutzung von KI führt zu einem rapiden Anstieg des Energiebedarfs, vor allem in Rechenzentren. Bain & Company schätzt, dass der Strombedarf dieser Einrichtungen bis 2027 um 100 Prozent steigen könnte und damit 2,6 Prozent des gesamten BIP an Energieverbrauch ausmachen würde.

Marcin Szczuka, Partner bei Bain & Company, warnt: „Der Energiesektor muss auf diesen Anstieg reagieren, indem er neue Energiemanagementstrategien umsetzt und in Lösungen zur Effizienzsteigerung investiert.“

Die befragten Energieunternehmen scheinen jedoch zuversichtlich, dass es möglich ist, diesen steigenden Energiebedarf zu decken. 84 Prozent der Vertreter von Energieunternehmen glauben, dass neue erneuerbare Energiequellen an Land diesen Bedarf abdecken können. Nur 15 Prozent der Befragten erwägen, zusätzliche Kapazitäten im Bereich der Kernenergie aufzubauen.

Ein langer Weg zur Klimaneutralität

Die zunehmende Skepsis und der Pessimismus in Bezug auf die Klimaneutralität bis 2050 sind ein deutliches Zeichen für die enormen Herausforderungen, denen Unternehmen und Regierungen gegenüberstehen. Der Weg zu einer nachhaltigen Zukunft könnte sich noch weiter verzögern, insbesondere angesichts der hohen Investitionskosten und der unsicheren politischen Rahmenbedingungen. Ein weiteres Problem stellen die Kundenwünsche dar, die oft nicht mit den Preisvorstellungen für grüne Produkte übereinstimmen.

Obwohl die Technologieentwicklung, insbesondere im Bereich der KI, das Potenzial für Effizienzsteigerungen birgt, wird der Energiebedarf weiter steigen. In diesem Spannungsfeld müssen Unternehmen und Regierungen langfristige, nachhaltige Lösungen finden, um die Klimaziele zu erreichen – eine Aufgabe, die immer anspruchsvoller wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...