Politik

Nato-Treffen: Ukrainischer Außenminister Sybiha fordert von Nato mehr Druck auf Russland

Das Treffen der Außenminister der Nato-Staaten in Brüssel geht zu Ende. Im Fokus stehen Gespräche über die Ukraine. Kiew fordert dabei verstärkte Maßnahmen gegen Russland und rechnet mit einer Zunahme militärischer Angriffe.
04.04.2025 09:00
Aktualisiert: 04.04.2025 09:00
Lesezeit: 2 min
Nato-Treffen: Ukrainischer Außenminister Sybiha fordert von Nato mehr Druck auf Russland
NATO-Generalsekretär Mark Rutte (rechts) und der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha sprechen auf einer Pressekonferenz im NATO-Hauptquartier (Foto: dpa). Foto: Virginia Mayo

Russische Drohnen greifen Charkiw erneut an: Druck der Nato sei nötig

Zum Abschluss des zweitägigen Nato-Außenministertreffens hat die Ukraine das Verteidigungsbündnis dazu aufgerufen, den Druck auf Russland weiter zu erhöhen. „Russland muss den Frieden ernst nehmen. Es ist nun nötig, mehr Druck auf Moskau auszuüben“, erklärte der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha in Brüssel neben Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Beim Treffen wurde auch über weitere Hilfen für die Ukraine beraten. Sybiha warnte mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump geplanten Strafzölle: „Man darf nicht vergessen, dass in Europa ein echter Krieg herrscht. Russland ist nach wie vor eine existentielle Gefahr für Europa.“

In der Nacht schlug erneut Luftalarm über vielen Teilen der Ukraine an. Die Stadt Charkiw im Osten wurde Ziel russischer Drohnenangriffe. Bürgermeister Ihor Terechow meldete via Telegram mindestens vier Todesopfer und 35 Verletzte. Auch in der Region Dnipropetrowsk kam es laut Regionalchef Serhij Lysak zu schweren Angriffen mit iranischen Shahed-Drohnen. Besonders betroffen waren die Städte Dnipro und Kamianske. In Dnipro erlitten drei Menschen Verletzungen. Es brachen Brände aus, Verwaltungsgebäude wurden beschädigt.

In der Region Saporischschja verletzten Drohnenangriffe laut Militärverwaltung einen 63-jährigen Mann und eine 70-jährige Frau, zudem wurde zivile Infrastruktur zerstört. Auch über der Hauptstadt Kiew wurde die Flugabwehr aktiv. Zwei Männer erlitten dabei Verletzungen, wie die Militärverwaltung berichtete. Russland erklärte, 107 ukrainische Drohnen über elf russischen Regionen abgefangen zu haben.

Ukraine rechnet mit verstärkten Angriffen

Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren gegen die großflächige Invasion Russlands. Das Präsidialamt rechnet damit, dass Russland seine Truppen um 150.000 Soldaten verstärken wird. Pawlo Palissa, Vizechef der Kanzlei von Präsident Selenskyj, sagte in Kiew: „Russland hat aktuell keine Probleme bei der Rekrutierung.“

Diese frischen Kräfte könnten zwar nicht sofort eingesetzt werden, sagte Oberst Palissa im Interview mit dem Sender Suspilne. Dennoch werde der Druck an den Frontlinien durch Russland spürbar zunehmen.

Nato-Staaten diskutieren Rüstungspläne mit EU

Die Nato-Außenminister treffen sich heute mit EU-Außenbeauftragter Kaja Kallas. Besprochen werden soll auch der Beitrag der EU zu den gemeinsamen Rüstungsanstrengungen. Geplant sind EU-Finanzhilfen in Höhe von 150 Milliarden Euro. Eine Sonderregelung sieht vor, Verteidigungsausgaben aus den EU-Schuldenregeln auszuklammern. Ziel ist es, in vier Jahren rund 800 Milliarden Euro zu mobilisieren.

Dabei soll auch US-Außenminister Marco Rubio überzeugt werden, dass Europa seine Rüstungsziele ernst nimmt. US-Präsident Trump hatte der EU zuletzt mangelndes Engagement vorgeworfen und kritisiert, sie verlasse sich zu sehr auf den Schutz der USA.

Studie: Russland produziert Waffen effizienter

Die Denkfabrik Royal United Services Institute (Rusi) aus Großbritannien stellt fest, dass Russland seine Waffenproduktion im Krieg gegen die Ukraine erfolgreicher steigern konnte als Europa. Das stellt auch für die Nato eine Herausforderung dar. „Russlands Vorsprung bei der Rüstungsproduktion bedroht die Nato und ihre Abschreckungsfähigkeit“, heißt es im Bericht.

Ursachen für die Rückstände seien laut Rusi fehlende Koordination, ein Übergewicht hochentwickelter Waffentechnik statt Massenproduktion, Bürokratie und mangelnder Zugang zu Testgeländen.

Nato meldet hohe russische Verluste: Selenskyj sieht Kursk-Vorstöße als Erfolg

Die russischen Verluste im Krieg gegen die Ukraine sind laut Einschätzung der Nato zuletzt stark gestiegen. Ein hochrangiger Nato-Vertreter sprach von rund 250.000 Gefallenen. Insgesamt geht man von etwa 900.000 toten oder verletzten russischen Soldaten aus. Allein im Februar sollen mehr als 35.100 Verluste verzeichnet worden sein. Diese Zahlen begründet die Nato mit einer Ausweitung der Kampfgebiete und intensivierten Gefechten an mehreren Frontabschnitten. Die Lage an den Frontlinien bleibt angespannt.

Trotz Rückzügen ukrainischer Truppen aus der Region Kursk sieht Präsident Selenskyj die Operationen auf russischem Boden als Erfolg. „Es ist richtig, den Krieg dorthin zu bringen, wo er begonnen wurde“, sagte er in einer Videobotschaft. Er filmte die Ansprache in der ukrainischen Grenzregion Sumy, von der aus im August 2024 der Vorstoß ins russische Gebiet begann. Im Austausch mit Kommandeuren in Kursk ging es um Ausrüstung und notwendige Unterstützung. „Wir arbeiten daran, unsere Positionen zu sichern“, betonte er.

Im Sommer 2024 hatte die Ukraine rund 1.300 Quadratkilometer russischen Territoriums erobert. Inzwischen verbleiben laut ukrainischen Beobachtern nur kleine Gebiete nahe der Grenze. Im März nahm Russland die Stadt Sudscha zurück.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...