Was zunächst klingt wie das Drehbuch eines dystopischen Science-Fiction-Films, wird derzeit in aller Ernsthaftigkeit in den Hinterzimmern der globalen Tech-Elite diskutiert: Eine Gruppe US-amerikanischer Technologie- und Kryptomilliardäre – darunter Namen wie Peter Thiel, Sam Altman und Marc Andreessen – unterstützt das Unternehmen Praxis, das nichts Geringeres plant, als den Bau einer neuen Stadt.
Tech-Milliardäre planen libertäre Parallelstadt – und haben Grönland im Visier
Eine private, libertäre Enklave – ohne staatliche Regulierung, dafür mit eigener „Bürgerschaft“, eigener Technologie-Infrastruktur und einer klaren Botschaft: Das System der westlichen Staaten ist gescheitert – jetzt übernehmen wir. Und als möglicher Standort steht nun ein brisantes Ziel im Raum: Grönland.
Der Tech-Exodus – und ein geopolitisches Pulverfass
Im Schatten globaler Krisen, wachsender Regulierung und geopolitischer Spannungen wächst in der US-Tech-Szene eine neue Bewegung: Der Traum von der vollständigen Souveränität. Praxis will diesen Traum in die Realität umsetzen – mit Milliardeninvestitionen, eigener Infrastruktur, und der Rückendeckung prominenter Strippenzieher aus dem Silicon Valley und der Kryptobranche.
Dass dabei ausgerechnet Grönland ins Visier gerät, ist kein Zufall. Die rohstoffreiche Insel – geostrategisch zwischen den USA, Europa und der Arktis gelegen – ist seit Jahren Ziel politischer Begehrlichkeiten. Ex-Präsident Donald Trump sprach offen vom Kauf Grönlands – eine Idee, die damals als absurd galt, heute jedoch neue Nahrung bekommt.
Denn einer der Unterstützer des Praxis-Projekts ist Ken Howery, Mitgründer von PayPal, enger Vertrauter von Elon Musk und designierter US-Botschafter in Dänemark. Laut Reuters wurde ihm die Idee einer libertären Stadt in Grönland bereits präsentiert – und er soll sie „ernst nehmen“.
87.000 „Bürger“ – und ein 500-Millionen-Dollar-Plan
Der Kopf hinter dem Projekt ist Dryden Brown, ein 29-jähriger Unternehmer, der nach eigenen Angaben bereits 525 Millionen US-Dollar eingesammelt hat. Er plant eine Stadt auf mindestens 40 Quadratkilometern, bewirbt sich selbst als eine Art digitaler Stadtgründer und will im Mai mit einer weltweiten Tour potenzielle Standorte besichtigen – darunter Nuuk, Rom, Marrakesch und Tokio.
Schon über 87.000 Menschen sollen sich registriert haben, um Teil dieser neuen Welt zu werden. Doch was auf den ersten Blick wie ein Startup mit urbanen Ambitionen wirkt, hat längst eine politische Dimension.
Politisches Projekt – oder digitaler Feudalismus?
Denn Praxis ist mehr als nur eine „neue Stadt“. Es ist der Versuch, ein völlig neues System zu etablieren – losgelöst von demokratischen Strukturen, steuerlichen Pflichten und sozialstaatlicher Verantwortung. Was die Initiatoren als „libertäre Utopie“ beschreiben, könnte in der Realität zu einem digitalen Feudalsystem führen: Wer zahlt, bestimmt. Wer nicht mithalten kann, bleibt außen vor.
Der ehemalige Hedgefonds-Angestellte Brown polarisiert nicht nur wegen seiner ambitionierten Visionen – sondern auch wegen seiner Vergangenheit. Die New York Times berichtete 2023 über fragwürdige politische Sympathien und dubiose Finanzquellen. Brown selbst konterte mit einem Slogan, der tief blicken lässt: „Die Presse ist tot. Lang lebe die Praxis.“
Grönland: Ein neuer Spielball der Macht?
Ob Praxis in Grönland wirklich Fuß fassen kann, ist unklar. Die dänische und grönländische Regierung haben Trumps Übernahmepläne in der Vergangenheit kategorisch abgelehnt – doch der geopolitische Druck wächst. Mit der Ernennung von Howery zum US-Botschafter könnte Washington nun auf diplomatischem Wege neue Hebel ansetzen.
Während Europa sich in Bürokratie und Schulden verstrickt, bauen sich im Hintergrund neue Machtzentren auf – finanziert von Tech-Milliardären, getrieben von ideologischen Utopien und bereit, das System zu umgehen.
Fazit
Was Praxis plant, ist nicht nur ein Immobilienprojekt. Es ist ein Angriff auf die Grundordnung westlicher Staaten. Grönland wird zum Testfall einer neuen Ära, in der Geld, Technologie und Ideologie neue Realitäten schaffen. Die Frage ist nicht mehr, ob – sondern nur noch, wo und wann.