Wirtschaft

Steht das Verbrenner-Verbot vorm aus? Europas Rechte bläst zum Gegenschlag gegen EU-Establishment

Konservative und rechte Kräfte im EU-Parlament wollen das Aus für Verbrennungsmotoren kippen – mit wachsender Unterstützung auch aus dem Industrieflügel.
17.04.2025 13:59
Aktualisiert: 17.04.2025 14:03
Lesezeit: 2 min

Nach der Europawahl weht in Brüssel ein anderer Wind – und dieser riecht nicht mehr nur nach Elektromobilität und Klima-Ideologie, sondern zunehmend nach synthetischem Kraftstoff und konservativem Realismus. Die politische Rechte im Europäischen Parlament (EP) formiert sich – mit einem klaren Ziel: die Rückkehr zur Technologieneutralität und damit zur Wiederbelebung des Verbrennungsmotors.

Verbrenner-Verbot vorm Aus?

Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen, selbst aus dem Hause CDU, hat bereits erste Schritte unternommen: Strafen für Autohersteller wegen verfehlter CO₂-Ziele sollen aufgeschoben werden. Der Druck auf das 2035er-Verbot von Verbrennungsmotoren wächst – und mit ihm der Einfluss der konservativen und rechten Fraktionen.

Milliardenbußen abgewendet – fürs Erste

Der CDU-Politiker Jens Gieseke, einer der profiliertesten Vertreter der Automobilindustrie im Parlament, spricht offen von einem Sieg der Vernunft. Bis zu 15 Milliarden Euro hätten europäische Autohersteller an Strafzahlungen leisten müssen – nicht etwa, weil sie untätig gewesen wären, sondern weil die Infrastruktur für E-Mobilität schlicht nicht bereit ist.

„Die Regulierung war unrealistisch und ideologisch überfrachtet“, so Gieseke gegenüber VŽ. „Die EU hat Ziele gesetzt, die an der Lebensrealität vieler Bürger und der Industrie vorbeigehen.“

Die Kommission lenkte ein: Die CO₂-Emissionen sollen nun über den Zeitraum 2025 bis 2027 gemittelt und nicht mehr punktuell ab 2025 bewertet werden. Ein deutliches Signal an die Industrie – aber auch an die Wähler.

Die Rechte zieht an einem Strang – und zielt auf das Herzstück des Green Deals

Die neue Stärke der Konservativen, insbesondere der EVP und der EKR-Fraktion, bringt das Herzstück des Green Deals ins Wanken: das Verbrenner-Verbot ab 2035. Gieseke will es kippen – und bekommt Unterstützung aus Tschechien, Italien, Frankreich und sogar aus Teilen der Grünen.

Die Alternative? Ein „Wettbewerb der Technologien“. Statt Verbote sollen Innovation, Markt und Verbraucher entscheiden, wie Europas Mobilität der Zukunft aussieht. E-Fuels, Biokraftstoffe, Wasserstoff – alles soll möglich sein. Auch klassische Verbrennungsmotoren, sofern sie CO₂-neutral betrieben werden können. „Wir müssen nicht alles neu erfinden – wir müssen nur aufhören, uns selbst zu fesseln“, sagt Gieseke.

Realitätscheck: Warum Elektroautos allein nicht reichen

Hohe Anschaffungskosten, mangelhafte Ladeinfrastruktur, Versorgungsprobleme bei Batterierohstoffen – die Euphorie rund um E-Mobilität hat ihre Schattenseiten. China, das längst über dominierende Marktanteile und industrielle Skalenvorteile verfügt, setzt Europa zusätzlich unter Druck.

Virgilijus Sinkevičius, grüner Verkehrspolitiker aus Litauen, zeigt Verständnis für die konservative Linie: „Die Hersteller sind nicht allein schuld. Wenn unsere Politik an der Realität vorbeigeht, verlieren wir den globalen Wettbewerb.“

Recyclingvorschriften: Nachhaltigkeit mit der Brechstange

Während auf der einen Seite die Industrie atmet, verschärft Brüssel an anderer Stelle den Ton: Recycelter Kunststoff soll künftig Pflichtbestandteil von Neuwagen werden – ein weiterer Eingriff in die Produktionsprozesse, der die Hersteller laut Experten bis zu 70 Euro pro Fahrzeug kosten könnte.

1.400 Änderungsanträge liegen bereits auf dem Tisch. Kritiker sprechen von einem „verdeckten Umbauprogramm“, das vor allem eines ist: teuer, komplex und realitätsfern. „Recycling ja – aber nicht um jeden Preis“, mahnt Gieseke. „Unsere Konkurrenz schläft nicht. Während wir uns mit Lackschichten auf Stoßstangen beschäftigen, bringen chinesische Hersteller komplette Fahrzeuge zum halben Preis auf den Markt.“

Fazit: Die Entscheidung rückt näher – kippt das Verbrenner-Verbot?

Noch ist das Verkaufsverbot für Verbrenner ab 2035 Gesetz. Doch die politische Realität in Brüssel verschiebt sich rasant. Die konservativen Kräfte im Parlament wittern ihre historische Chance: den technologischen Dogmatismus zu beenden und der europäischen Industrie wieder Luft zum Atmen zu verschaffen.

Der Kampf um den Verbrennungsmotor ist Symbol und Realität zugleich. Er steht für eine Wirtschaftspolitik, die sich zwischen Ideologie und Industrieanspruch entscheiden muss. Die Rechte will genau hier ansetzen – und hat die ersten Erfolge bereits verbucht.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Verbrenner – als Totgesagter – bald sein politisches Comeback feiert. Und mit ihm ein neues Kapitel in Europas Industriepolitik.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen XRP-Inhaber strömen zu ALL4 Mining, um mit dem Bitcoin-Mining zu beginnen und verdienen 9.777 US-Dollar pro Tag

Nach zwei Bärenmärkten und einem langwierigen Kampf mit der US-Börsenaufsicht SEC hat XRP endlich seinen Rekord von 2018...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Adidas-Aktie: Keine Preiserhöhung wegen Zöllen außerhalb der USA
30.07.2025

Trotz wachsender Unsicherheit durch US-Zölle liefert Adidas starke Halbjahreszahlen – und verzichtet bewusst auf Preiserhöhungen...

DWN
Finanzen
Finanzen Verlockung Bitcoin-Kurs: Doch das Misstrauen wächst mit dem Hype
30.07.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsstrategie machen, institutionelle Anleger kaufen in Milliardenhöhe, und der Bitcoin-Kurs...

DWN
Technologie
Technologie GenAI: Wie Unternehmen generative KI sicher einführen können
30.07.2025

Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) verspricht höhere Effizienz und geringere Kosten – doch eine unbedachte Einführung kann...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitszeitgesetz: Arbeitgeber pochen auf wöchentliche Höchstgrenze
30.07.2025

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger will das Arbeitszeitgesetz reformieren – und stößt auf Widerstand. Während die Regierung eine...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt 2026: Wer profitiert – und wer verzichten muss
30.07.2025

Milliardenausgaben für die Rente, Rekordmittel für die Bundeswehr – und trotzdem fehlen dem Staat absehbar über 170 Milliarden Euro....

DWN
Politik
Politik Handelsabkommen mit Zähnen: Die EU zahlt für den Frieden
30.07.2025

Das neue Handelsabkommen zwischen der EU und den USA soll eine Eskalation verhindern – doch der Preis ist hoch. Trotz vermeintlicher...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zölle USA: Deutsche Wirtschaft rutscht in neue Rezession
30.07.2025

Noch bevor die neuen US-Zölle voll greifen, verliert die deutsche Wirtschaft an Schwung. Die Exporte schwächeln, Investitionen sinken –...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis von Kursrutsch erholt: Lohnt sich jetzt der Einstieg? Wie Anleger vom Goldpreis profitieren
30.07.2025

Der Goldpreis hat sich vom Kursrutsch erholt und zeigt sich derzeit stabil. Obwohl die Kursrally vorerst abgeflacht ist, tendiert der...