Technologie

Gesundheit wird Geschäft: Apple verkauft mit der Apple Watch Hoffnung – nicht nur Technologie

Die Apple Watch feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Doch unter dem glänzenden Aluminium-Gehäuse der meistverkauften Smartwatch der Welt verbirgt sich mehr als nur Hightech: ein milliardenschwerer Angriff auf die Gesundheitsbranche. Die Apple Watch führt einen leisen Krieg um die Hoheit über unsere Körperdaten.
27.04.2025 14:36
Lesezeit: 3 min
Gesundheit wird Geschäft: Apple verkauft mit der Apple Watch Hoffnung – nicht nur Technologie
Die Apple Watch - trojanisches Pferd oder potenzieller Lebensretter? (Foto: dpa) Foto: Tony Avelar

Appel Watch: ein Strategischer Hebel im größten Zukunftsmarkt

Was einst als stylisches Lifestyle-Gadget für technikaffine Millennials begann, hat sich zu einem strategischen Hebel im größten Zukunftsmarkt unserer Zeit entwickelt: der Gesundheitsvorsorge. Die Apple Watch, von CEO Tim Cook einst als „persönlichstes Produkt“ des Konzerns bezeichnet, ist heute ein potenter Sensorarm für den Milliardenmarkt Digital Health. Doch die Frage bleibt: Ist es ein Medizinprodukt oder doch nur eine Spielerei für Selbstvermessungs-Enthusiasten?

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Zehn Jahre nach dem Launch wurde die Apple Watch über 300 Millionen Mal verkauft – ein ökonomisches Schwergewicht, dessen Marktwert sich laut Analysten auf mehrere Hundert Milliarden Dollar beläuft, rechnet man die Folgedienste, App-Verkäufe und Service-Ökosysteme mit ein. Doch Apple will mehr: nicht nur Marktanteile – sondern medizinische Relevanz.

Gesundheit als Geschäftsmodell – ein stiller Paradigmenwechsel

Hinter dem Vorstoß in Richtung Gesundheit steckt kein Zufall. Mit der Ärztin und früheren Stanford-Professorin Dr. Sumbul Desai als Leiterin der Gesundheitsabteilung setzt Apple auf Fachkompetenz mit medizinischer Reputation. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Dr. Rajiv Kumar, ebenfalls aus Stanford abgeworben, entwickelt Desai tragbare Technologien, die klinisch relevante Daten in Echtzeit erfassen und auswerten sollen.

Dabei geht es längst nicht mehr nur um Herzfrequenz und Schritte: Vorhofflimmern, Ganginstabilität, Hörverlust – alles digital messbar. Im Herbst 2024 etwa stellte Apple neue Hörfunktionen in den AirPods vor, inklusive eines von der US-Gesundheitsbehörde FDA zertifizierten digitalen Hörtests.

Die Vision ist klar: Der Nutzer wird vom Patienten zum Datenlieferanten. Die Uhr – nicht mehr nur ein Accessoire, sondern ein Frühwarnsystem am Handgelenk. Die Kopfhörer – nicht mehr nur für Musik, sondern digitale Audiologen.

Datensouveränität oder Überwachung? Der Spagat des Silicon Valley

Doch der Preis dieser digitalen Gesundheitsversorgung ist hoch: Vertrauen. Denn obwohl Apple betont, dass sensible Gesundheitsdaten verschlüsselt und nur mit Zustimmung geteilt werden, bleibt die Debatte um die Kommerzialisierung von Körperdaten explosiv.

„Wenn man seine Daten teilt, muss die Antwort den Erwartungen entsprechen“, warnt Desai. Ein Versprechen, das in einer Ära globaler Datenschutzskandale keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

Europas Skepsis – ein Bremsklotz oder Schutzschild?

Während in den USA Kooperationen zwischen Big Tech und Kliniken zunehmend Realität werden, bleibt Europa vorsichtig. In Schweden, einem der technologisch fortschrittlichsten Länder, wird der Einsatz von Wearables im öffentlichen Gesundheitswesen skeptisch beäugt. Zu viele offene Fragen, zu viele ungelöste Datenschutzprobleme, sagt Daniel Forslund, Digitalisierungschef bei Vårdföretagarna.

Sein nüchternes Fazit: „Ärzte lieben Maschinen, die Millionen kosten – aber misstrauen Armbändern für 300 Euro.“

Die Revolution begann in Schweden – und ging an Apple

Ironischerweise begann vieles in Schweden: Mutewatch, ein Stockholmer Startup, entwickelte schon 2007 die Idee eines vibrierenden Armbands, das sich per Handgelenksbewegung aktivieren lässt – Jahre bevor Apple seine „Raise to Wake“-Funktion präsentierte.

Doch Patente, Kapital und Schutz fehlten. Die Idee wanderte in die Hände globaler Giganten. Heute leuchtet das Handgelenk – aber das schwedische Original ist Geschichte.

Die Apple Watch ist nicht mehr nur ein Produkt. Sie ist ein Trojanisches Pferd in das Gesundheitswesen, ein Werkzeug für Datensammlung, Risikoprognosen – und ein Testlauf für ein System, das Patienten zu Plattformnutzern macht.

Ob dies den Patienten nutzt – oder sie in eine neue Form der digitalen Abhängigkeit führt – wird sich erst zeigen. Sicher ist: Die Schlacht um die Zukunft der Medizin wird längst nicht mehr in Kliniken geführt. Sondern auf unseren Handgelenken.

DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik NATO-Chef erwartet Doppelangriff: China greift Taiwan an, Russland die NATO
08.07.2025

Ein gleichzeitiger Angriff Chinas auf Taiwan und Russlands auf die NATO – ausgerechnet NATO-Chef Mark Rutte hält dieses...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zeit statt Geld: Arbeitszeitguthaben in Deutschland auf Rekordniveau
08.07.2025

Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland nutzen Arbeitszeitkonten, um Überstunden flexibel auszugleichen. Laut einer aktuellen Studie des...

DWN
Panorama
Panorama Elterngeld im Ungleichgewicht: Väter oft mit Höchstsatz, Mütter länger in Elternzeit
08.07.2025

Das Elterngeld bleibt ungleich verteilt: Während rund ein Drittel der Väter den Höchstsatz beziehen, nehmen Mütter deutlich häufiger...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsencrash, Blase oder Börsenrally? So brisant wird das zweite Halbjahr an den Aktienmärkten
08.07.2025

Zins-Chaos, Trump-Drohungen und eine Blase bei Rüstungsaktien: Drei Top-Strategen warnen vor einem explosiven Börsenhalbjahr – mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Exportflaute durch Handelsstreit: Unsicherheit belastet deutsche Firmen
08.07.2025

Trotz einer weiteren Fristverlängerung im Zollkonflikt mit den USA bleibt die Lage für deutsche Exportunternehmen angespannt. Die...

DWN
Politik
Politik Bundestag stimmt über Verfassungsrichter ab – Politische Debatte um Mehrheiten
08.07.2025

Im Bundestag steht eine wichtige Entscheidung an: Drei Kandidatinnen und Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht sollen gewählt...

DWN
Technologie
Technologie Wettlauf der Supermächte: Wer gewinnt das Milliarden-Quantenrennen?
08.07.2025

Quantencomputer gelten als Schlüsseltechnologie der Zukunft – und könnten bestehende Sicherheitsstrukturen weltweit aushebeln. Der...

DWN
Politik
Politik Recht auf Schutz: Gericht bestätigt Anspruch afghanischer Familie auf Visa
08.07.2025

Trotz der Einstellung des Bundesaufnahmeprogramms für gefährdete Afghanen hat das Verwaltungsgericht Berlin eine klare Entscheidung...