Wirtschaft

Putins Geldreserven schmelzen dahin – Russlands Ölpreis unter Druck wie selten zuvor

Russlands Finanzpolster bröckelt. Der Preis für Ural-Öl, jahrzehntelang eine der tragenden Säulen der russischen Wirtschaft, ist auf den niedrigsten Stand seit fast zwei Jahren gefallen – mitten in einem geopolitisch heiklen Moment für den Kreml. In Verbindung mit den umfassenden EU-Plänen, sich endgültig von russischer Energie unabhängig zu machen, steht Wladimir Putin unter wachsendem innen- wie außenpolitischem Druck.
06.05.2025 16:03
Lesezeit: 2 min

Einnahmeerwartungen für den Ölpreis brechen ein

Experten schlagen Alarm: Die Einnahmen aus dem Energieexport könnten weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. Laut der russischen Nachrichtenseite The Bell basiert der russische Staatshaushalt für 2025 auf einem Ural-Ölpreis von 70 Dollar pro Barrel. Tatsächlich liegt der Marktpreis derzeit bei kaum über 55 Dollar. Zugleich notiert der Rubel mit etwa 83 Rubel pro US-Dollar deutlich unter dem angenommenen Kurs von 96,5. Das Ergebnis: ein riesiges Loch in der Kriegskasse Moskaus.

Nationaler Vermögensfonds fast leer

Normalerweise hätte der Kreml in solchen Zeiten auf Rücklagen aus dem Nationalen Vermögensfonds zurückgegriffen. Doch dieser ist mittlerweile auf ein historisches Tief geschrumpft. Die liquiden Mittel reichen kaum noch aus, um größere Ausgaben abzufedern. Die Folge: Erste Steuererhöhungen und Kürzungen staatlicher Programme deuten an, wohin die Reise geht.

„Wenn das Geld ausgeht, muss man die Steuern erhöhen oder die Ausgaben kürzen“, so Emil Wannheden vom schwedischen Verteidigungsforschungsinstitut FOI. „Damit haben sie bereits begonnen.“

Spaltung im Kreml: Verhandeln oder eskalieren?

Laut Berichten der Washington Post wachsen zudem die Spannungen innerhalb der russischen Führungsschicht. Während ein Teil der Elite auf Verhandlungen mit den USA drängt, will ein anderer Flügel weitere ukrainische Gebiete einnehmen – bevor Europa seine militärische Rolle gegenüber den USA stärken kann.

Putins riskantes Spiel mit Trump

Auch strategische Beobachter im Westen sehen eine gefährliche Dynamik: Professor Phillips O’Brien von der Universität St. Andrews warnt, Putin habe sich mit der Ablehnung eines Friedensangebots unter der Trump-Regierung verkalkuliert. „Er ging davon aus, dass Washington ihm letztlich wohlgesonnen bleibt – eine Fehleinschätzung mit weitreichenden Folgen.“

USA senden gemischte Signale

Parallel dazu senden die USA deutliche Signale: Ein neues Mineralienabkommen mit der Ukraine sowie die Zusage weiterer Militärhilfen deuten auf ein wiedererwachtes Interesse Washingtons an einem strategischen Gegengewicht zu Moskau. Noch zeigt sich das US-Engagement begrenzt – etwa bei der Lieferung fortschrittlicher Luftabwehrsysteme wie Patriot – doch Beobachter sehen eine langsame Kurskorrektur.

Langfristige Chancen für die Ukraine – wenn der Westen standhaft bleibt

Langfristig, so Analysten, könnte die Ukraine davon profitieren – vorausgesetzt, die USA halten an ihren Sanktionen fest und lassen Europa nicht mit der Last der Unterstützung allein.

Letzte Offensive? Russland könnte Zeitfenster nutzen

Torbjörn Becker von der Stockholm School of Economics warnt jedoch: Bis zum Inkrafttreten eines vollständigen EU-Verbots russischer Gasimporte – voraussichtlich bis 2027 – könnte der Kreml militärisch noch einmal versuchen, entscheidende Fakten zu schaffen. „Russland wird in dieser Übergangsphase versuchen, auf dem Schlachtfeld eine stärkere Verhandlungsposition zu erzwingen.“

Fazit: Wirtschaftlicher Absturz trifft strategische Schwäche

Die kommenden Monate könnten entscheidend werden – für die Ukraine, für Europa, aber auch für ein Russland, dessen ökonomische Grundlagen ins Wanken geraten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Kuka weitet Stellenabbau in Augsburg aus – 560 Jobs betroffen
16.11.2025

Der Roboterhersteller Kuka plant an seinem Stammsitz in Augsburg einen größeren Stellenabbau als zunächst angekündigt. Statt der...

DWN
Immobilien
Immobilien PV-Anlagen für Unternehmen: Wie Betriebe mit Steuerbonus und Eigenstrom doppelt punkten
16.11.2025

Gewerbliche Photovoltaikanlagen gewinnen für den Mittelstand zunehmend an Bedeutung. Durch den Investitionsabzugsbetrag und die...

DWN
Politik
Politik Europa im Wandel: Populismus und Spannungen in Deutschland, England und Frankreich
16.11.2025

Europa steht vor politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, während der Zusammenhalt innerhalb der EU zunehmend brüchig wird....

DWN
Politik
Politik Von der Leyen unter Druck: Zwei Billionen Euro und kein Plan für Europas Bauern
16.11.2025

Der Streit um Agrarsubventionen spaltet die Europäische Union. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den EU-Haushalt...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzskandal bei privaten Krediten: HPS und BNP Paribas verlieren hunderte Millionen
16.11.2025

Der Markt für private Kredite außerhalb regulierter Banken erlebt ein rasantes Wachstum, das zunehmend systemische Risiken birgt. Wie...

DWN
Politik
Politik TNT-Produktion in Europa: NATO-Staaten planen neue Fabriken zur Versorgungssicherung
16.11.2025

Europa verfügt derzeit über nur eine Produktionsstätte für NATO‑Standard‑TNT, während mehrere Länder neue Fabriken planen. Wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...