Finanzen

Buffetts Abgang, Zölle, Milliardenflucht: Steht der Markt vor einem Wendepunkt?

Turbulente Zeiten an der Wall Street: Während Großinvestoren Milliarden abziehen und Strategen vor dem Ende des Booms warnen, stürmen Kleinanleger an die Börse – angetrieben von Hoffnung, Spekulation und Unsicherheit. Was bedeutet das für den Markt? Und warum ausgerechnet jetzt Warren Buffett das Ruder abgibt.
13.05.2025 18:03
Lesezeit: 3 min
Buffetts Abgang, Zölle, Milliardenflucht: Steht der Markt vor einem Wendepunkt?
Wall Street im Ausnahmezustand: Stehen wir vor einem Boom oder sind das die letzten Atemzüge? (Foto: dpa) Foto: Frank Rumpenhorst

Kleinanleger setzen auf Rallye – Profis fliehen aus US-Aktien

Die Lage hat sich rasant gewendet. Noch vor wenigen Wochen war die Rede von einer drohenden Rezession und massiven Kursverlusten an den Börsen. Heute jedoch ist das Bild ein völlig anderes: Die wichtigsten Aktienindizes haben einen Großteil – teilweise sogar sämtliche – der durch den Handelskrieg verursachten Verluste wettgemacht. Der deutsche DAX erklomm ein neues Rekordhoch.

Angetrieben wurde die Erholung im vergangenen Monat vor allem von Kleinanlegern, wie das Portal Finance.si berichtet. Institutionelle Investoren hingegen haben sich angesichts zunehmender Sorgen über eine schwächelnde Konjunktur und die Unwägbarkeiten des Handelskonflikts von US-Aktien zurückgezogen. Nun diskutiert man an der Wall Street, ob – und wann – der Wiedereinstieg sinnvoll ist.

Viele Anleger suchten in der Krise Zuflucht in sicheren Häfen – darunter Aktien, die sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erfahrungsgemäß robuster zeigen. Doch vier Wochen später fragen sich einige, ob sie nicht zu früh reagiert haben. Denn die Indizes haben sich deutlich erholt. Der S&P 500 liegt seit Jahresbeginn zwar noch 3,7 Prozent im Minus, doch der Konsumgütersektor konnte bereits ein Plus von fünf Prozent verzeichnen.

Trotzdem bleibt die Unsicherheit groß. Analysten von State Street Global Markets beobachten, dass institutionelle Anleger in Bezug auf US-Aktien und Schlüsselwährungen weiterhin eine neutrale Haltung einnehmen.

Wöchentliche Indexveränderungen:

  • SBI TOP: +1,78 %
  • S&P 500: –0,5 %
  • Nasdaq: –0,3 %
  • Dow Jones: –0,2 %
  • MSCI World: +0,01 %
  • Eurostoxx 600: +0,33 %
  • Gold (pro Unze): +3,1 % (3.326 US-Dollar)
  • Bitcoin: +8,0 % (103.840 US-Dollar)

Michael Hartnett: „Die Zeit des Booms ist vorbei“

Die US-Aktien haben sich in den vergangenen Wochen deutlich erholt und die durch die US-Zölle Anfang April verursachten Verluste nahezu vollständig ausgeglichen. Da der S&P 500 wieder auf dem Stand vor dem 2. April notiert, rechnet Michael Hartnett von der Bank of America nicht mit weiterem Kursanstieg – selbst wenn es zu einem Handelsabkommen kommen sollte.

Zwar räumt er ein, dass die Kursgewinne aufgrund der Hoffnung auf eine Lockerung der Zölle gerechtfertigt waren, doch weiteres Potenzial sieht er nicht. „Investoren kaufen die Gerüchte und verkaufen die Fakten“, schreibt Hartnett in einem Bericht an Kunden, aus dem Bloomberg zitiert.

Er empfiehlt für das laufende Jahr Anleihen statt Aktien – und innerhalb des Aktienmarkts Investments außerhalb der USA. Die USA seien in der Spätphase eines strukturellen Bärenmarkts, so Hartnett. Laut EPFR Global haben Investoren in den vergangenen vier Wochen rund 24,8 Milliarden US-Dollar aus US-Aktien abgezogen.

Goldman Sachs: Das ist typisch für Bärenmärkte

Auch bei Goldman Sachs sieht man im jüngsten Kursaufschwung ein klassisches Muster für Bärenmärkte. „Solche starken Erholungen sind eher die Regel als die Ausnahme“, so Peter Oppenheimer, Chefstratege bei Goldman Sachs. Sollte der Handelskonflikt ohne größere Schäden gelöst werden, seien die Abwärtsrisiken begrenzt. Doch angesichts der aktuellen Bewertungen sei auch das Aufwärtspotenzial limitiert.

Der größte Unsicherheitsfaktor bleibe bestehen: Die Märkte schwanken zwischen Hoffnungen auf eine Erholung und der Angst vor einem nachhaltigen Einbruch. Oppenheimer betont: „Selbst wenn die Zölle reduziert werden, ist das wirtschaftliche Schadenpotenzial enorm.“

Buffetts Abgang – kommt jetzt die Dividende bei Berkshire Hathaway?

Ein weiteres Gesprächsthema an der Wall Street ist der angekündigte Rückzug von Warren Buffett. Der legendäre Value-Investor übergibt zum Jahresende die Leitung von Berkshire Hathaway an Greg Abel – und hinterlässt einen Konzern mit fast 400.000 Mitarbeitern und einem Barvermögen von knapp 350 Milliarden US-Dollar.

Historisch hat Berkshire Hathaway nur einmal Dividenden ausgeschüttet, ansonsten bevorzugte Buffett Aktienrückkäufe, wenn die Papiere unterbewertet erschienen. Doch nach Buffetts Rückzug könnte sich das ändern, meint Bill Ackman von Pershing Square Capital. „Ich glaube, sie werden Kapital an die Aktionäre zurückgeben“, so Ackman.

Er setzt auf die Fähigkeiten Greg Abels, den Konzern erfolgreich weiterzuführen: „Ich würde nicht gegen Berkshire wetten.“

Paul Tudor Jones: Die Märkte werden neue Tiefs testen

Der Hedgefonds-Milliardär Paul Tudor Jones warnt: Trotz der jüngsten Erholung steuern die Aktienmärkte auf neue Tiefststände zu – selbst wenn die US-Zölle auf China halbiert werden.

„Wir haben Trump, der Zölle liebt, und eine Fed, die nicht bereit ist, die Zinsen zu senken. Das ist kein gutes Umfeld für Aktien“, sagte Jones bei CNBC. Nach dem letzten Handelsstreit setzte Trump Zölle von 145 % auf chinesische Produkte fest – China konterte mit 125 %.

„Selbst eine Senkung auf 50 oder 40 Prozent wäre das größte Steuererhöhungsprogramm seit den 1960er Jahren“, so Jones. „Damit löschen Sie zwei bis drei Prozentpunkte Wirtschaftswachstum aus.“

Jones ist bekannt dafür, den Börsencrash von 1987 erfolgreich vorhergesagt zu haben.

Christopher Harvey: Die Hausse ist noch nicht vorbei

Einer der wenigen verbleibenden Optimisten an der Wall Street ist Christopher Harvey von Wells Fargo Securities. Er hält an seiner Prognose fest, dass der S&P 500 das Jahr bei 7.007 Punkten beenden wird – rund 24 % über dem aktuellen Niveau.

Harvey setzt auf eine gemäßigtere Rhetorik der US-Regierung im Handelsstreit: „Wenn wir von der Peitsche zur Karotte übergehen, ändert sich das Marktumfeld völlig.“ Zudem glaubt er, dass die Federal Reserve im zweiten Halbjahr die Zinsen senken wird.

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