Deutsche Wirtschaft wächst doppelt so stark wie erwartet
Unerwartete Dynamik trotz anhaltender Konjunkturschwäche: Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal mit 0,4 Prozent doppelt so stark gewachsen wie zunächst angenommen. Das teilte das Statistische Bundesamt mit. Sowohl gestiegene Ausfuhren als auch höhere Konsumausgaben der Verbraucher stärkten das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal. Experten hatten im Mittel mit einer Bestätigung der Erstmeldung gerechnet.
Die "unerwartet positive konjunkturelle Entwicklung im März" sei ausschlaggebend für das stärkere Wachstum gewesen, erklärte Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. Zunächst war ein Zuwachs von lediglich 0,2 Prozent prognostiziert worden. "Insbesondere die Fertigung im Verarbeitenden Gewerbe sowie der Außenhandel schnitten besser ab als ursprünglich vermutet", sagte Brand.
Exportstärke verleiht Impulse
Besonders die Ausfuhren, etwa von Fahrzeugen und Medikamenten, trugen zur Erholung der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal bei. "Vorzieheffekte im ungelösten Handelsstreit mit den USA dürften die positive Entwicklung begünstigt haben", hieß es vonseiten der Statistiker.
Zudem legten die privaten Konsumausgaben um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu. Angesichts sinkender Teuerungsraten und deutlich gestiegener Löhne in mehreren Branchen verfügten viele Haushalte über mehr Kaufkraft. Auch die Investitionen stiegen – sowohl im Bauwesen (plus 0,5 Prozent) als auch bei Ausrüstungen (plus 0,7 Prozent).
Ifo-Index steigt im Mai: Drittes Jahr ohne Wachstum möglich?
Jüngst häufen sich die positiven Signale für die deutsche Wirtschaft. In der Industrie führen höhere Auftragseingänge zu vorsichtigem Optimismus, und die wirtschaftliche Stimmung verbessert sich: Im Mai stieg der Ifo-Index zum fünften Mal in Folge. Laut Ifo-Präsident Clemens Fuest findet die deutsche Wirtschaft allmählich zurück in die Spur.
Den sanften Aufwärtstrend zu Jahresbeginn hatten viele Ökonomen erwartet. Doch mit der unvorhersehbaren Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump haben sich die Perspektiven für die exportorientierte deutsche Wirtschaft merklich verschlechtert. Trotz erster Lichtblicke droht für 2025 das dritte Jahr ohne Wirtschaftswachstum – ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Zwar wurden manche US-Zölle zunächst auf Eis gelegt. Doch der allgemeine Basiszoll von zehn Prozent bleibt bestehen, außerdem verteuerten die USA unter anderem Fahrzeug- und Stahleinfuhren.
Für 2025 nur Stillstand prognostiziert
Die aktuellen Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind zurückhaltend. Der Sachverständigenrat ("Wirtschaftsweise") rechnet 2025 lediglich mit einer Stagnation der heimischen Wirtschaft – ebenso wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die EU-Kommission. Auch dies zeigt, wie fragil die Konjunktur weiterhin ist.
Für 2026 erwarten Ökonomen wieder ein leichtes Wirtschaftswachstum: Der Sachverständigenrat prognostiziert ein Plus von 1,0 Prozent. Geplante milliardenschwere Investitionen des Bundes in Verteidigung und Infrastruktur könnten die deutsche Wirtschaft stimulieren.
Impulse durch Reformen und Zollkompromisse
Eine Entspannung im Zollkonflikt mit den USA sowie strukturelle Reformen könnten der deutschen Wirtschaft weiteren Schwung verleihen. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) zeigte sich nach Beratungen mit den G7-Partnern optimistisch hinsichtlich eines Fortschritts im Handelsstreit. Auch vonseiten der neuen Bundesregierung setzt die Wirtschaft auf Impulse. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) kündigte an, das Bundeskabinett werde bis Mitte Juli ein erstes Maßnahmenpaket zur Entlastung der Unternehmen beschließen. Geplant sind unter anderem eine Senkung der Stromsteuer und erste Reformschritte auf dem Arbeitsmarkt.