Amerikanische Vorwürfe gegen Dänemark
„Dänemark macht seinen Job nicht – und ist kein guter Verbündeter.“ Mit diesen Worten griff US-Vizepräsident J.D. Vance im März 2025 Dänemark scharf an. Ort der Ansage war ausgerechnet die Pituffik Space Base auf grönländischem Boden – ein Signal mit Symbolwert.
Der Vorwurf: Kopenhagen habe es versäumt, in ausreichendem Maße in militärische Überwachungskapazitäten in der Arktis zu investieren. In einer Region, die zunehmend von geopolitischer Großmachtrivalität geprägt ist, ist das für Washington inakzeptabel.
Ein neuer geopolitischer Konfliktherd: Dänemark zwischen Passivität und Versäumnis
Schon 2019 hatte Trump angekündigt, Grönland kaufen zu wollen – und damit internationales Aufsehen erregt. Dänemark versprach daraufhin Investitionen in Höhe von 200 Millionen Euro für militärische Kapazitäten in der Arktis. Doch bis 2025 war davon wenig umgesetzt, wie interne Berichte zeigen. Auch die Instandhaltung ehemaliger US-Militärbasen wurde vernachlässigt.
Dabei ist die eigentliche Debatte komplexer: Jahrzehntelang überließen die USA sich selbst die Überwachung der Region. Die DEW-Linie – ein Kettensystem aus Radarstationen über Grönland – wurde 1991 stillgelegt, weil die USA es damals nicht mehr für nötig hielten. Auch Aufgaben wie die Jagd auf atomar bestückte U-Boote blieben stets in US-Verantwortung. Dänemark gewährte den USA bislang lediglich Zugang – eine Rolle, die Washington jahrzehntelang akzeptierte. Doch diese Logik wird nun auf den Kopf gestellt. Heute fordert die US-Regierung, dass Dänemark selbst aktiv wird – und die strategische Lücke mit eigenen Mitteln schließt.
Das Grönland-Kalkül: Mehr als bloße Symbolik
Grönland ist in Wahrheit keine Laune Trumps, sondern ein kalkulierter Hebel. Denn die dortige militärische Präsenz dient primär US-Interessen – der Frühwarnung vor Raketen, Flugzeugen und U-Booten, die vom russischen Festland in Richtung nordamerikanisches Territorium aufbrechen könnten. Das „Grönland-Kartenspiel“, wie es diplomatisch gerne genannt wird, verdeutlicht einen Wandel: Die USA wollen sich nicht mehr auf bloßen Zugang verlassen, sondern verlangen echte Kooperationsleistung – finanziell wie militärisch.
Hinter Trumps Grönland-Forderung steckt eine tiefergehende Erzählung: Europa – so die Sichtweise der Trump-Regierung – hat sich über Jahrzehnte auf den amerikanischen Sicherheitsgaranten verlassen, ohne angemessen beizutragen. Diese „Ausnutzung“ solle nun „mit Zinsen zurückgezahlt“ werden. Der Fall Grönland ist daher nur ein Mosaikstein in einer größeren geopolitischen Erzählung, in der die USA ihren europäischen Verbündeten zunehmend misstrauen. Der Ton ist rauer, die Ansprüche klarer, die Geduld kürzer.
Relevanz für Deutschland: Druck auf europäische Verteidigung wächst
Auch Deutschland ist indirekt betroffen. Der amerikanische Unmut über mangelnde militärische Beiträge richtet sich nicht nur an Dänemark, sondern an das gesamte europäische Sicherheitssystem. Die Forderung nach „Lastenteilung“ in der NATO wird nun mit strategischen Einzelthemen wie der Arktis verknüpft.
Das Beispiel Grönland könnte Schule machen – und auch Deutschland zwingen, sich verstärkt an bisher von den USA dominierten Überwachungs- und Aufklärungsoperationen zu beteiligen. Damit rückt die Frage in den Vordergrund, wie weit Europa bereit ist, geopolitische Eigenverantwortung zu übernehmen.
Grönland als Testfall für das neue transatlantische Machtgefüge
Die harsche US-Kritik an Dänemark ist kein Nebenschauplatz, sondern ein geopolitisches Signal. Grönland steht symbolisch für den Bruch alter Gewissheiten: Die USA wollen nicht länger zahlen und schützen – sie verlangen Leistung. Europa, und mit ihm Deutschland, steht vor einer strategischen Reifeprüfung. Wer sich dieser Entwicklung verweigert, könnte schnell als „schlechter Verbündeter“ gebrandmarkt werden.