Selenskyj: Putin testet die Welt – folgen neue Sanktionen?
Nach der russischen Angriffswelle auf sein Land mit einer Rekordzahl von Drohnen verlangt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine klare Antwort der Weltgemeinschaft. Kremlchef Wladimir Putin stelle die Welt auf eine harte Probe und wolle sehen, ob sie solche Attacken hinnimmt und akzeptiert, erklärte Selenskyj am Abend. US-Präsident Donald Trump betonte, er sei bereit für weitere Russland-Sanktionen und kündigte ein weiteres Telefonat mit Putin in den kommenden Tagen an.
Heute ist ein Treffen in Washington angesetzt: Mehrere europäische Beamte unter Leitung des EU-Sanktionsbeauftragten David O'Sullivan sind im US-Finanzministerium zu Gast, um unterschiedliche Formen wirtschaftlichen Drucks gegen Russland zu erörtern – darunter auch zusätzliche Sanktionen, wie ein Sprecher der EU-Kommission der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.
Rekordangriff mit Drohnen auf ukrainische Städte
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als dreieinhalb Jahren mit westlicher Hilfe gegen die russische Invasion. In der Nacht zum Sonntag setzten die Angreifer laut Luftwaffe in Kiew über 800 Kampfdrohnen ein – ein Höchststand. Außerdem wurden Marschflugkörper und Raketen gegen ukrainische Ziele gestartet. Erstmals traf ein Angriff auch das Hauptregierungsgebäude in der Hauptstadt. Nach Behördenangaben kamen vier Menschen ums Leben, Dutzende wurden verletzt.
Selenskyj betonte, Russland wolle der Ukraine Leid zufügen und immer härtere Schläge austeilen. Darauf müsse mit "Sanktionen gegen Russland, gegen verbundene Personen und durch hohe Zölle sowie andere Handelseinschränkungen" reagiert werden. "Ihre Verluste müssen spürbar sein", erklärte der Präsident.
Diskussion über neue Sanktionen gegen Russland
Auf die Frage eines Reporters vor dem Weißen Haus, ob er bereit sei, die zweite Phase von Sanktionen gegen Moskau einzuleiten, sagte Trump: "Ja, das bin ich." Weitere Angaben machte der Republikaner nicht. Somit blieb offen, ob und wann tatsächlich neue Sanktionen umgesetzt werden. Trump hatte vor Tagen angedeutet, dass es neben den kürzlich verhängten US-Strafzöllen gegen Indien wegen Geschäften mit Russland weitere Maßnahmen geben könnte.
Die US-Regierung betrachtet Sanktionen als Hebel, um Putin unter Druck zu setzen und eine Lösung im Ukraine-Krieg zu erreichen. Doch bisher blieben Trumps Initiativen ohne greifbaren Erfolg. Putin wird vorgeworfen, ein direktes Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj hinauszuschieben. Trump erklärte vor Journalisten, er wolle "sehr bald" mit Putin sprechen, "in den nächsten Tagen". Er sei "nicht glücklich" über die Lage, betonte er mit Blick auf die andauernden Kämpfe und die Opferzahlen. Dennoch bekräftigte er mit Blick auf eine mögliche Friedenslösung: "Wir werden das hinbekommen."
Zölle gegen Indien wegen Ölhandel mit Moskau – US-Regierung fordert Unterstützung aus Europa
Trump hatte Mitte Juli mit Zöllen gegen Russlands Handelspartner von etwa 100 Prozent gedroht. In dieser Höhe kamen sie jedoch nicht: Auf Produkte aus Indien erheben die USA seit vergangener Woche wegen des Ölhandels des bevölkerungsreichsten Staates mit Russland zusätzliche Zölle in Höhe von 25 Prozent. Indien ist bisher der einzige Handelspartner Russlands, gegen den die USA im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg Strafzölle erlassen haben.
US-Finanzminister Scott Bessent sagte bei NBC News: "Wir sind bereit, den Druck auf Russland zu erhöhen, aber wir brauchen die Unterstützung unserer europäischen Partner." Wenn USA und EU weitere Sanktionen durchsetzten – also Zölle auf Länder verhängten, die russisches Öl beziehen –, werde die russische Wirtschaft völlig kollabieren. Das werde Putin zum Verhandlungstisch zwingen.
Trump soll europäischen Staaten zuletzt ihre Ölgeschäfte mit Russland vorgehalten haben. Der Republikaner habe in einem Telefonat gefordert, diese abzubrechen, weil sie Russlands Krieg gegen die Ukraine finanzierten – berichteten "Axios" und CNN unter Berufung auf das Weiße Haus. Außerdem habe Trump verlangt, Druck auf China auszuüben, das Russland im Ukraine-Krieg politisch stützt. Nach EU-Angaben haben sich Europas Ölgeschäfte mit Russland in den vergangenen Jahren zwar massiv reduziert. Ganz beendet wurden sie jedoch nicht. Die Pipeline Druschba liefert weiterhin Öl nach Ungarn und in die Slowakei. Die EU verhängte nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 weitgehende Importverbote für russische Energieträger wie Kohle und Öl. Diese erstrecken sich jedoch nicht auf Erdöl, das per Pipeline transportiert wird.

