Politik

Nach Drohnenabschuss in Polen: keine Beweise für russische Drohnen - Tusk beantragt Nato-Konsultationen

Nach dem Eindringen von mehreren Drohnen in den polnischen Luftraum hat die Regierung in Warschau Konsultationen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags mit den Verbündeten beantragt. Es wurden bisher allerdings keine Beweise vorgelegt, dass diese Drohnen russischen Ursprungs sind.
10.09.2025 13:38
Lesezeit: 2 min
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Nach Drohnenabschuss in Polen: keine Beweise für russische Drohnen - Tusk beantragt Nato-Konsultationen
Nach Drohnenabschuss: Regierungschef Donald Tusk im Parlament in Warschau. „Wir erwarten deutlich mehr Unterstützung bei der Verteidigung des polnischen Luftraums.“ (Foto: dpa) Foto: Radek Pietruszka

Polen beantragt nach Drohnenabschuss Nato-Konsultationen

Nach dem Eindringen von mehreren Drohnen in den polnischen Luftraum hat die Regierung in Warschau Konsultationen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags mit den Verbündeten beantragt. Das sagte Regierungschef Donald Tusk im Parlament in Warschau. „Wir erwarten deutlich mehr Unterstützung bei der Verteidigung des polnischen Luftraums“, betonte Tusk. Diese Provokation überschreite die bisherigen Grenzen.

Der Artikel 4 des Nato-Vertrags sieht Beratungen vor, wenn sich ein Nato-Staat von außen gefährdet sieht. Konkret heißt es darin: "Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist." Konkrete Konsequenzen müssen die Konsultation der Artikel-4-Beratungen nicht haben. Theoretisch könnte aber etwa in Folge die Luftraumüberwachung über die Nato verstärkt werden.

Der Artikel wurde seit Gründung des Bündnisses 1949 sieben Mal in Anspruch genommen - zuletzt am 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Beantragt wurde das damals von Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien und der Slowakei.

Dass Polen nach dem Vorfall um militärische Unterstützung der Allianz nach Artikel 5 bittet, galt als sehr unwahrscheinlich - auch weil dies ein erhebliches Eskalationsrisiko bergen würden. Artikel 5 des Nato-Vertrags regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird.

Drohnen kamen aus Richtung Belarus

In der Nacht auf Mittwoch waren während eines massiven russischen Angriffs auf die Ukraine mehrere Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen. Nach Angaben von Tusk handelte es sich um russische Drohnen. Insgesamt seien mindestens 19 Verletzungen des polnischen Luftraums in der Zeit zwischen 23.30 Uhr und 6.30 Uhr festgestellt worden. Drei Drohnen seien abgeschossen worden, möglicherweise auch eine vierte. Viele der unbemannten Flugobjekte seien direkt aus dem Nachbarland Belarus gekommen. Belarus ist ein enger Verbündeter Russlands im Ukraine-Krieg.

Bisher gibt es keine Berichte über Verletzte. Im ostpolnischen Dorf Wyriki wurde das Dach eines Wohnhauses von Trümmern einer abgeschossenen Drohne getroffen. Weitere Trümmerteile wurden in der Nähe des ostpolnischen Biala Podlaska gefunden. Polizei und Militär sind weiterhin auf der Suche nach Drohnen oder Drohnenteilen. Der Generalstab rief die Bevölkerung auf, sich gefundenen Trümmerteilen nicht zu nähern, sondern den Notruf zu wählen und die Polizei über den Fund zu informieren.

Russischer Diplomat dementiert Polens Drohnenvorwürfe

Ein russischer Diplomat hat den Vorwurf einer Luftraumverletzung Polens durch Drohnen seines Landes zurückgewiesen. „Wir halten die Vorwürfe für haltlos. Es wurden keine Beweise vorgelegt, dass diese Drohnen russischen Ursprungs sind“, sagte Andrej Ordasch, der Geschäftsträger der Botschaft Russlands in Warschau, der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti zufolge. Er verwies darauf, dass ein ähnlicher Vorwurf in der Vergangenheit sich am Ende als falsch herausgestellt habe.

Russland sei absolut nicht an einer Eskalation der Beziehungen zu Polen interessiert, sagte der Diplomat. Leider werde dies aufgrund der „russenfeindlichen Stimmung“ von der polnischen Regierung ignoriert, fügte er hinzu.

Der Vorfall, auf den sich Ordasch mit seiner Aussage über einen früher fälschlich erhobenen Vorwurf bezieht, liegt knapp drei Jahre zurück. Ende 2022 kamen in Polen nahe der Grenze zur Ukraine zwei Menschen durch den Einschlag einer Rakete ums Leben. Russland hatte zu der Zeit einen großen Luftangriff auf den Westen der Ukraine gestartet. Soweit bisher bekannt, war das in Polen abgestürzte Flugobjekt damals eine verirrte ukrainische Flugabwehrrakete.

Belarus hat „verirrte Drohnen“abgeschossen

Belarus hat nach eigenen Angaben Polen und Litauen in der Nacht über Drohnen informiert, die auf deren Hoheitsgebiete zufliegen. Während des nächtlichen „Austauschs von Drohnenschlägen zwischen Russland und der Ukraine“ habe Belarus Flugapparate, die vom Kurs abgekommen seien, verfolgt und teilweise zerstört, sagte der belarussische Generalstabschef Pawel Murawejko in einer bei Telegram verbreiteten Erklärung. Das habe Polen bei der Abwehr geholfen. Die Rede ist dabei von „verirrten Drohnen“, ohne ihre Herkunft zu nennen.

Die Situation in der Region ist auch angesichts bevorstehender Militärmanöver angespannt. Ende der Woche wollen Russland und Belarus gemeinsam das Manöver „Sapad-2025“ (Westen-2025) abhalten.

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