HEERO Motors aus Bayern rüstet Sprinter von Diesel auf Elektro um
Ein Kleinbus, der sich zum Spottpreis quasi von selbst betankt, flüsterleise durch die Straßen flitzt und durch Software aus der Ferne gewartet wird – klingt ganz praktisch für den Fuhrpark, oder? Das dachte sich auch das Team von E-Works Mobility aus Ismaning am Rande Münchens vor acht Jahren – und entwickelte einen patentierten Antriebsstrang für leichte Nutzfahrzeuge, der mühelos für verschiedene Modelle angepasst werden kann. Seit vier Jahren firmieren sie unter der Marke HEERO Motors und rüsten mittlerweile vor allem Mercedes Sprinter von Diesel auf Elektro um.
Vorteile der Elektromobilität
Die Vorteile der Elektromobilität liegen für Jan Schreiter, Chief Revenue & Growth Officer, auf der Hand: "Physik lügt nicht. E-Antriebe benötigen weitaus weniger Wartung, setzen Energie effizienter um, arbeiten leiser und sind generell günstiger als Verbrenner." Nachhaltiger ist das Ganze natürlich auch. Doch das Argument für die Kunden ist meist nicht das gute Klima-Gewissen – sondern die nackten Zahlen. "Die meisten haben ja einen Fuhrpark, wo die Fahrzeuge stehen", sagt Schreiter, "und viele haben da eh schon Photovoltaik-Anlagen oder können sie kostengünstig mithilfe von Fördermitteln implementieren – da beraten wir auch gerne. Und das rechnet sich für unsere Kunden." Wenn der Sprinter auf dem Fuhrpark steht, wird er beispielsweise einfach an den Zwischenspeicher gestöpselt und saugt sich beim Parken mit Energie voll.
In der Regel amortisiere sich die Investition in eine E-Umrüstung nach etwa drei bis vier Jahren. "Im Schnitt zahlen unsere Kunden beim Laden 18 bis 22 Cent pro Kilowattstunde", erläutert Schreiter. "Aber oft ist es weniger, viele schaffen es für unter acht Cent."
Deutlich günstiger als Diesel
Das ist deutlich günstiger als Diesel – der noch immer der Standard für den Sprinter ist. HEERO Motors hat sich auf den Umbau leichter Nutzfahrzeuge spezialisiert, eine Nische mit gigantischem Marktpotenzial in den kommenden Jahren. Mit klarem Fokus und ausgeklügelter Software dürfte HEERO Motors hier eine wachsende Rolle auf dem europäischen Markt spielen und sich dafür in den vergangenen Jahren in eine optimale Position navigiert haben.
Wer elektrifizierte Fahrzeuge haben möchte oder muss (laut der EU-Clean-Vehicles-Directive) hat bei HEERO Motors verschiedene Möglichkeiten. Kunden können komplette Neufahrzeuge bei der Firma erwerben, umgerüstete Gebrauchtfahrzeuge. Oder sie können Fahrzeuge der eigenen Flotte umrüsten lassen. Diese werden dafür abgeholt und innerhalb von zehn Arbeitstagen per patentierter D2E-Conversion modernisiert, mit einer Endreichweite von mehr als Kilometern pro Standard-Schnellladung (DC mit bis zu 165 kW, was eine solide Ladung innerhalb von 30 Minuten ermöglicht). Ein gegebenenfalls vorhandener Spezialaufbau des Fahrzeugs bleibt dabei vollständig erhalten. Hier die wesentlichen Schritte:
- Fahrzeuginspektion: Detaillierte Prüfung des Basisfahrzeugs und des Aufbaus.
- Demontage: Fachgerechter Ausbau des Dieselmotors, des Getriebes und der Abgasanlage.
- Einbau der E-Komponenten: Integration unseres hocheffizienten E-Antriebsstrangs und der Batteriesysteme.
- Systemintegration: Anschluss an die bestehende Bordelektronik und Installation des neuen Fahrzeug-Steuergeräts.
- Qualitätssicherung: Umfassende Tests aller Systeme, inklusive Leistungs- und Reichweitenprüfung.
- TÜV-Abnahme: Offizielle Abnahme und Neuzulassung als vollwertiges Elektrofahrzeug.
Fokus auf Minibusse
Der Claim: "Ob Bestandsflotte oder Neufahrzeug mit Sonderaufbau – wir elektrifizieren jede Sprinter-Variante und liefern dabei technische Benchmark-Leistung, spürbare Kostenvorteile und echte Kreislaufwirtschaft." Besonders fokussieren HEERO Motors sich auf elektrische Minibusse, die man dort auch in Form individuell konfigurierter Neufahrzeuge beziehen kann – ob als Schulbus, Heck- oder Mittelniederflurvariante.
Folgende beispielhafte Fahrzeugtypen bietet HEERO Motors an:
- HEERO eSonderfahrzeuge: Bis zu 425 km Reichweite, abhängig von Sonderaufbauten wie Kipper, Kühlkoffer oder Einbauten für Speziallogistik.
- HEERO ePritsche DOKA oder Einzelkabine: Bis zu 380 km Reichweite mit Anhängelast bis zu 3,5t. Ideal für Baugewerbe, Infrastruktur, etc.
- HEERO Mittelniederflur-Bus: Über 300 km Reichweite, ausgestattet mit einer 137/115 kWh Batterie und einer DC-Ladeleistung von bis zu 165 kW. Natürlich mit barrierefreiem Einstieg für den kommunalen Nahverkehr.
Rundum-Sorglos-Paket für Kunden
"Wir machen alles", sagt Schreiter. Von der Umrüstung über das Batteriemanagement, die Kühlung, die Software, die Steuerung bis zur Wartung – mithilfe von Datenübertragung und einem Team von "Flying HEEROs", die im Fall eines Falles auch persönlich eingreifen, falls es mit dem Laden mal nicht klappen sollte oder eine Batteriezelle ausfällt.
Für Verschleißteile stehen freie Werkstätten sowie Mercedes-Partner zur Verfügung, ebenso werden hochspezialisierte Service-Spots aufgebaut, die sich um die den elektrischen Antriebsstrang kümmern können – die HEERO Hubs. Doch auch Schulungen für die Kunden für die eigene Wartung sind Teil des Rundum-Sorglos-Paketes, mit dem HEERO Motors in den Markt drückt.
Kleine Firma, große Ambitionen
Die Firma ist klein, schlank und effizient – weniger als 40 Mitarbeiter arbeiten bei HEERO Motors. "Wir arbeiten agil – und unser größtes Team entwickelt die Software", sagt Schreiter. "Das sind vorrangig Experten aus der Automobilbranche mit Spezialwissen. Und die glauben an unsere Mission." Dabei spielt Künstliche Intelligenz eine zunehmende Rolle. "Wir haben schon heute einen KI-automatisierten Vertriebsprozess und nutzen KI auch intensiv im Hardware- und Softwarebereich." Es sei schon erstaunlich, wie man die Organisationsstärke mithilfe von KI hebeln könne, sagt Schreiter. Vor fünf Jahren sei das so nicht denkbar gewesen.
Kunden, Cloud und Wachstum
Schreiter selbst engagiert sich im Aufbau von HEERO Motors seit 2021. Er stammt ursprünglich von Mercedes-Benz, wurde also in einem etablierten, konservativen Konzern sozialisiert – und freut sich jetzt, neue Wege gehen zu können. "Bei HEERO kann man sich nicht auf den großen Namen im Rücken verlassen. Hier mussten wir uns unser jetziges Standing im Markt von Null erarbeiten. Das heißt: Du bist nur so gut, wie es der Kunde und der Markt attestieren. Das macht richtig Spaß mit unserem Team."
Offenbar kommt HEERO gut an. Bald sind es 100 Fahrzeuge, die sie elektrifiziert haben. "Kunden wie Würth und zahlreiche deutsche Kommunen wie Stuttgart schätzen unsere Performance, Flexibilität und den Service, der im Nutzfahrzeugbereich oft wichtiger ist als das Produkt selbst. Gerade unsere HEERO Cloud, die 24/7 detaillierteste Fahrzeugdaten übermittelt, macht 'Predictive Maintenance' zur Realität und hilft, Fehler zu erkennen, bevor sie auftreten", sagt Schreiter.
Größte unternehmerische Herausforderung
"Unsere größte Herausforderung war, in einem von Platzhirschen dominierten Markt eine neue Automobilmarke sichtbar zu machen", sagt Schreiter. Heute steht HEERO Motors beispielsweise beim Suchbegriff "elektrischer Minibus" vor den Marktführern – die Elektromobilität lange übersehen haben. Und wie geht es weiter? Aufgrund dieser Sichtbarkeit gibt es nun offenbar zunehmend Interesse von internationalen Kunden und Partnern, mit HEERO Motors zusammenzuarbeiten.
"Wir wollen im Minibussegment und anderen Sprinter-Spezialsegmenten Europas Nummer eins werden", sagt Schreiter. Er freut sich besonders auf die ersten Auslieferungen des neuen Mittelniederflurbusses, dessen barrierefreier Zugang zwischen den Achsen durchaus zu Herausforderungen geführt hat – denn dort, wo der Einstieg ist, wäre normalerweise die Batterie. Das Team hat es nun geschafft, durch eine kluge Verteilung der Zellen 137 kWh im Fahrzeug zu verbauen, was laut Schreiter in Kombination mit einem sehr effizienten Direct-Drive-Antrieb zu Benchmark-Reichweiten führt und vermutlich besonders für Kommunen von Interesse sein dürfte.
Deutschland und die Elektromobilität
Dass die Deutschen noch etwas mit der neuen Antriebstechnologie fremdeln, kann er verstehen. "Dafür gibt es viele Gründe, aber vermutlich vor allem den, dass wir eine Auto-Nation sind. Unsere Großväter und Väter haben diese Industrie aufgebaut, sie hat uns großen Wohlstand gebracht und steht jetzt unter Beschuss." Doch lasse sich der Status quo so nicht aufrechterhalten. Ein Umdenken sei nötig – und möglich.
"Deutschland redet sich schlecht, wir stehen auch in der Elektromobilität gar nicht so übel da", sagt Schreiter. Was beispielsweise die Ladesäulen angeht, habe Deutschland etwa 160.000 und befände sich in Europa damit knapp hinter den Niederlanden. Auf der Autobahn gebe es an fast jeder Raststätte Ladesäulen fürs Schnellladen. "Das geht so schnell, da trinkt man einen Kaffee, holt sich einen Snack und weiter geht’s.
Elektrifizierung: Fehlende Strategie in Europa
Von Subventionen, um die Elektrifizierung den Kunden schmackhafter zu machen, hält Schreiter wenig. "Ich halte das für Marktverzerrung. Anbieter setzen dann meist einfach den Preis entsprechend hoch. Ich glaube, das setzt sich von selbst durch, weil es einfach besser ist." Den Schuss haben allerdings noch nicht alle gehört. Und damit droht Deutschland ein Verlust an Einfluss und an Wohlstand.
Denn die Wertschöpfung bei Verbrennern findet zwar noch in Europa statt, mit den unzähligen Einzelteilen für den Antrieb, die verschiedene Zulieferer herstellen. Bei E-Autos sieht das ganz anders aus. "Hier ist Deutschland leider noch sehr schlecht aufgestellt, und für die Industrie wäre es von Vorteil, wenn man sich einigen könnte, wie denn die Zukunft aussehen soll, damit hier Klarheit für Investitionen herrscht", sagt Schreiter.
Deutschland und Europa fehle es an einer klaren Mobilitätsstrategie, während China mit Fokus und Tempo vorangehe. "Wir müssen aufpassen, dass wir in Deutschland und Europa die Wertschöpfung bei der Herstellung von Fahrzeugen nicht zu sehr aus der Hand geben. Diese Wertschöpfung steckt künftig insbesondere in Batterie und Software. Aber wo ist denn die große Batteriefabrik in Europa?" Die Vormachtstellung Chinas bei den seltenen Erden und das gigantische Produktionsvolumen macht diese Herausforderung nicht leichter. Auch HEERO Motors nutzen für ihre Batterien Zellen führender Anbieter aus Fernost, sofern vorhanden mit europäischer Endmontage. "Da gibt es aktuell leider wenig Alternativen", klagt Schreiter.
Immerhin scheinen die Kunden bei Nutzfahrzeugen immer hellhöriger zu werden, wenn es um die Elektrifizierung geht. "In dem Bereich sind die Leute emotionsloser", sagt Schreiter, "beim privaten Sportwagen will man den Motorsound – das gehört zum Feeling dazu. Beim Kleinbus sind die Fahrer froh, wenn der leise und unauffällig seine Arbeit verrichtet."