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Versichern im Zeitalter der KI: Chancen und Grenzen digitaler Risikoanalyse

Künstliche Intelligenz revolutioniert nicht den persönlichen und beruflichen Alltag, KI verändert auch die Versicherungsbranche – von der Risikoanalyse bis zur Schadenbewertung. Doch wo Daten Präzision versprechen, drohen neue Unsicherheiten: Transparenz, Ethik und Verantwortung werden zur Bewährungsprobe. Wie gelingt der Spagat zwischen digitaler Effizienz und menschlichem Vertrauen?
16.10.2025 17:50
Lesezeit: 3 min
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Versichern im Zeitalter der KI: Chancen und Grenzen digitaler Risikoanalyse
(Foto: iStockphoto.com/Chainarong Prasertthai) Foto: Chainarong Prasertthai

KI-Versicherung: Künstliche Intelligenz als Motor für Effizienz und Präzision

Künstliche Intelligenz und datengetriebene Modelle verändern gerade das Fundament der Versicherungsbranche. Risikoanalysen, Preisfindung und Schadenbewertung werden zunehmend automatisiert – doch das birgt auch Fallstricke. Wie viel KI verträgt das Versicherungsmodell? Und welche Grenzen gilt es zu beachten?

Versicherer weltweit investieren kräftig in KI-Initiativen: Laut dem EY-Report zu GenAI erklären bereits viele Versicherer, dass sie gezielt KI-Projekte in Underwriting, Risikobewertung und Kundendialog vorantreiben. Mehr als 50 Prozent der Anbieter priorisieren prädiktive Risikoanalyse und verbesserte Underwritingprozesse. Auch KPMG betont, dass das Potenzial von KI immens sei, aber viele Projekte an der operativen Transformation scheitern – gute Ideen, doch Implementierung ist oft der schwierige Teil. Im Tech Trend Radar 2025 von ERGO und Munich Re werden KI-Agenten, Deepfake-Defense sowie „Data & AI“ als Schlüsselfelder für Innovation hervorgehoben. Versicherer sehen KI nicht mehr als Zusatz, sondern als strategische Kernkompetenz. Diese Technologie eröffnet verschiedene konkrete Möglichkeiten:

  • Automatisiertes Underwriting: KI-gestützte Algorithmen gewichten Daten, Muster und externe Faktoren in Echtzeit.
  • Dynamisches Pricing: Prämien passen sich kontinuierlich an veränderte Risiken an (z. B. bei Umweltrisiken oder Nutzungsmustern).
  • Echtzeit-Schadenbewertung: Sensoren, Bilderkennung oder Drohnen liefern Daten unmittelbar, KI verarbeitet sie und leitet Entscheidungen ein.
  • Personalisierte Produkte: KI hilft, Versicherungen exakt auf Kundenanforderungen zuzuschneiden – von Policen bis Services.
  • Prozessautomatisierung: Routineaufgaben in Verwaltung und Regulierung entfallen, Personal kann sich auf komplexe Fälle konzentrieren.

Die Vorteile für Mittelstand und Versicherer liegen auf der Hand: höhere Geschwindigkeit, Reduktion manueller Fehler und Skaleneffekte, die Kosten senken und Margen schützen können.

Grenzen und Risiken: Was KI nicht (oder noch nicht) leisten kann

Künstliche Intelligenz ist nicht nur ein Megatrend, KI ist eine disruptive Innovation, die unser privates Leben und unser Arbeitsleben deutlich verändern wird. KI wird bestehende Produkte und Geschäftsmodelle verdrängen, ganze Branchen werden durch diese bahnbrechende Technologie verändert werden. Künstliche Intelligenz hat riesiges Potenzial, aber KI ist kein Allheilmittel – und in seiner derzeitigen Entwicklungsstufe (noch) nicht reif für die Zukunft. Zahlreiche Herausforderungen sind nicht zu übersehen:

Modellrisiken und Erklärbarkeit

KI-Modelle, insbesondere komplexe Deep-Learning-Modelle, sind oft wenig transparent. In der Regulierung, zum Beispiel dem europäischen AI-Gesetz, bringt die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen hohe Anforderungen mit sich. Generative KI (GenAI) bringt neue Risiken: Falschausgaben, unerwartetes Verhalten oder fehlerhafte Entscheidungen – Versicherer müssen Modellrisiken systematisch managen.

KI-Versicherung? Datenqualität und Bias entscheidend

KI ist immer nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert wird. Schlechte oder verzerrte Daten führen zu Fehlbewertungen, unfairer Risikoeinordnung oder Diskriminierung. Auch Adversarial Attacks (gezielte Störungen, um KI-Modelle zu täuschen) sind eine reale Bedrohung, insbesondere in sensiblen Anwendungsfeldern.

Regulatorik und Compliance: Verantwortung für KI-Einsatz liegt bei den Unternehmen

Das neue AI-Gesetz der EU fordert Versicherer auf, KI-Systeme zu klassifizieren, Konformitätsbewertungen durchzuführen und fortlaufend zu überprüfen. Beim Vorlesungstag des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig äußerte sich Julia Wiens, Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, zur Frage, was der Einsatz Künstlicher Intelligenz aus Perspektive der Versicherungsaufsicht bedeutet. Wiens führte aus, dass Versicherer KI-Anwendungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette nutzen möchten. Sie benannte in diesem Zusammenhang mögliche Risiken, die mit dem Einsatz von KI einhergehen können. Letztlich zieht Wiens ein klares Fazit: „Die Verantwortung für den redlichen und ordnungsgemäßen Einsatz von KI, die liegt bei den Unternehmen.“

Technische Integration und Legacy-Systeme

Viele Versicherer betreiben Altsysteme, die schwer mit KI-Architekturen zu verbinden sind. Der Transformationsaufwand ist hoch – und ohne ein modernes Backend laufen KI-Projekte Gefahr, in der Pilotphase stecken zu bleiben. Zudem braucht es datentechnische Infrastruktur (Cloud, APIs, Datenpipelines) und Governance.

Vertrauen, Privatsphäre und Akzeptanz

Kunden und Unternehmen könnten KI-Entscheidungen misstrauen, insbesondere in Bereichen mit sensiblen Daten. Forschung zeigt: Sichtbar eingesetzte KI senkt das Vertrauen, während versteckte KI weniger Bedenken hervorruft.

Wie Versicherer und Unternehmen KI erfolgreich einsetzen können

Wie gelingt es, dass eine KI-Versicherung nicht nur ein interessantes Projekt bleibt, sondern Kernelement des Geschäfts wird? Hier ein methodischer Fahrplan:

  1. Use Cases klar definieren: Beginnen mit Fokusfeldern wie Underwriting oder Schadenregulierung – Use Cases mit klarer Zielsetzung und Messbarkeit.
  2. Pilotphase und Skalierung: Pilotprojekte zuerst kontrolliert testen, dann mit erprobten Modellen schrittweise ausrollen.
  3. Modell-Governance einrichten: Regelmäßige Validierung, Monitoring, Backtesting, Dokumentation und Risiko-Kontrollen sind Pflicht.
  4. Datenarchitektur gestalten: Einheitliche Datenplattformen, APIs und Datenpipelines sichern Modellqualität und Kontinuität.
  5. Mensch und Maschine koppeln: KI unterstützt Entscheidungen, Menschen bleiben finaler Entscheidungsträger – gerade bei Grenzfällen.
  6. Transparenz und Kommunikation: Entscheidungen müssen erklärt werden – intern und extern. Erklärbare KI (XAI) wird wichtig.
  7. Compliance und Zertifizierung:KI-Systeme müssen mit aufsichtsrechtlichen Anforderungen (z. B. EU-AI-Gesetz) vereinbar sein.
  8. Fortlaufende Anpassung: KI-Modelle müssen regelmäßig neu trainiert, aktualisiert und weiterentwickelt werden – kein statisches System.
  9. Ökosystem und Partnernetzwerke nutzen: Kooperation mit Insurtechs, Datenanbietern, Technologieplattformen oder Universitäten kann Innovation beschleunigen.

Im Zeitalter der KI verändert sich die Versicherung von innen heraus – Risikoanalyse, Underwriting, Schadenmanagement und Kundenkommunikation werden intelligenter, schneller und datenbasierter. Doch Erfolg hängt davon ab, dass KI nicht als isolierte Technologie gesehen wird, sondern als Bestandteil eines ganzheitlichen Risikokonzepts. Für Unternehmen und Versicherer heißt das: Mut zur Technologie, aber mit Respekt vor den Grenzen – und klarer Verantwortung in Governance, Transparenz und Akzeptanz.


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