Historische Marktmechanismen stützen den Silberpreis
Der Silberpreis hat sich seit Jahresbeginn nahezu verdoppelt und damit die Entwicklung von Gold deutlich übertroffen. Gold gilt traditionell als sichere Anlage in Zeiten geopolitischer Spannungen, hoher Notenbankkäufe und der Erwartung sinkender FED Leitzinsen. In diesem Umfeld verteuerte sich Gold in diesem Jahr um etwa 60 Prozent. Silber legte allein im vergangenen Monat um mehr als 20 Prozent zu. Nach dem kräftigen Anstieg warnen Marktteilnehmer nun jedoch, dass der Preis stark überhitzt sei. Das berichten die DWN-Kollegen von Verslo žinios.
Silber gilt wegen seiner besseren Erschwinglichkeit häufig als das Gold der weniger zahlungskräftigen Anleger. Zwischen beiden Metallen bestehen historisch gewachsene Bewertungszusammenhänge. Händler beobachten daher besonders das Verhältnis beider Preise. Weil Silber zuletzt deutlich schneller stieg als Gold, fiel dieses Verhältnis in dieser Woche bis auf 72 und erreichte damit den niedrigsten Stand seit mehr als fünf Jahren. Silber wurde im Verhältnis zum Dollar so teuer wie seit mehreren Jahren nicht mehr. Gleichzeitig zeigt sich am Markt ein starker spekulativer Impuls. Der Rohstoffstratege Ole Hanssen vom Saxo Bank Konzern stellt fest, dass das Gold Silber Verhältnis unter 73 gefallen ist. Dieser Bereich habe seit 2021 wiederholt als Unterstützung für höhere Silberpreise gewirkt. Das spreche für weiteres Aufwärtspotenzial. Hanssen weist jedoch darauf hin, dass Silber traditionell hohe Kursschwankungen aufweist und nach technischen Indikatoren derzeit in einer überkauften Zone liegt.
Silberpreis-Rekordhoch: Angebotsengpässe treiben den globalen Silberpreis
Am Dienstag ist der Silberpreis erneut auf ein Rekordhoch geklettert. Bei 58,93 Dollar markierte das auch als Teufelmetall bezeichnete Edelmetall einen neuen historischen Höchststand. Gegenüber dem Schlusskurs des Vortages ist das ein Kursplus von mehr als 0,7 Prozent. Geht das so weiter?
Der erneut gestiegene Zufluss in Silber-ETF nach Abflüssen im Oktober zeigt das wachsende Anlegerinteresse. Die Entwicklung ist allerdings nicht nur auf die Aussicht niedrigerer amerikanischer Leitzinsen zurückzuführen, die auch Gold stützen. Entscheidend sind zusätzlich Faktoren der physischen Silberversorgung. Anleger sollten nun vorsichtig sein. Das Potenzial für den Silberkurs ist zwar weiterhin hoch, doch die globalen Rohstoffmärkte stehen aktuell vor besonderen Herausforderungen.
In London, einem der wichtigsten globalen Handelsplätze, sind die Lagerbestände deutlich gesunken. Die Knappheit entstand durch eine saisonal höhere Nachfrage aus Indien sowie durch verstärkte Käufe aus den Vereinigten Staaten. In den USA spielte die Handelspolitik eine zentrale Rolle. Die amerikanische Geologiebehörde stufte Silber wie Kupfer und Uran im November als kritisches Mineral ein. Die Regierung möchte die Versorgung strategischer Rohstoffe sichern. Dadurch rechnen Marktteilnehmer mit potenziellen Handelsbeschränkungen oder Zöllen. Viele Unternehmen wollten deshalb kein Silber mehr aus den Vereinigten Staaten exportieren. Laut Rhona O’Connell, Leiterin der Marktforschung bei Stone X, befürchteten Risikomanager, dass sie Silber später zu einem wesentlich höheren Preis, etwa fünfunddreißig Prozent teurer, zurückkaufen müssten. China reagierte mit einem außergewöhnlich starken Export nach Großbritannien. Die Liefermenge erreichte mit sechshundertsechzig Tonnen einen Rekordwert, um den Engpass in London zu mildern. Gleichzeitig sanken die Bestände der Shanghaier Metallbörse jedoch auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Marktteilnehmer erwarten, dass der globale Mangel ungefähr in zwei Monaten ausgeglichen sein dürfte.
Langfristige Entwicklungschancen und Bedeutung für Deutschland
Der Engpass fällt in eine Zeit strukturell steigender Nachfrage. Der Silbermarkt ist nur etwa ein Zehntel so groß wie der Goldmarkt, jedoch seit Jahren stark von industriellen Anwendungen geprägt. In den vergangenen acht Jahren stieg der weltweite Bedarf von einunddreißigtausend Tonnen auf sechsunddreißigtausend Tonnen. Wegen der sehr guten Leitfähigkeit wird Silber in wachsenden Bereichen der Energiewende eingesetzt, darunter Solarmodule, Batterien, Elektromobilität und Rechenzentren. Branchenvertreter erwarten dennoch kein dynamisches Nachfragewachstum, da die gesamtwirtschaftliche Unsicherheit und der Preisanstieg bremsen. Das Silver Institute prognostiziert für 2025 einen Rückgang des industriellen Silberbedarfs um zwei Prozent auf 665 Millionen Unzen. Die weltweite Gesamtnachfrage soll inklusive Schmuck und Investment um vier Prozent auf 1,12 Milliarden Unzen sinken. Das Institut verweist auf schwächere Industriekonjunktur, protektionistische Handelspolitik und die verstärkte Sparneigung angesichts hoher Preise. Zwar wird die globale Installation von Solarmodulen einen Rekord erreichen. Weil der Silberanteil pro Modul jedoch sinkt, dürfte der Bedarf dieses Sektors jährlich um etwa fünf Prozent fallen. Teilweise ausgeglichen wird dies durch höheren Bedarf aus Rechenzentren für künstliche Intelligenz Anwendungen sowie aus der Elektromobilität.
Für Deutschland spielt der Silberpreis eine wachsende Rolle, weil die Industrie aufgrund der starken Solarbranche, einer integrierten Automobilindustrie und der rasant steigenden Zahl großer Rechenzentren zunehmend auf stabile Lieferketten bei leitfähigen Metallen angewiesen ist.

