Der gelöschte Absatz kritisiert Schulz für die Verzögerung der Arbeit des Haushalts-Kontrollausschusses der EU. Dass der Parlamentspräsident so eine Abstimmung verhindert, sei in dieser Form noch nie vorgekommen, so der belgische Abgeordnete Bart Staes.
Der Sprecher von Martin Schulz bezeichnet den Vorgang als „Standardverfahren“. Der Präsident habe den Absatz für unzulässig erklärt, weil er im „Widerspruch zu gesetzlichen Verpflichtungen betreffend der Vorschriften zur Vertraulichkeit“ gestanden habe. Auf die Frage, ob das jemals zuvor passiert wäre, antwortete der Sprecher: „Ich weiß nicht, ob es das erste Mal war, wahrscheinlich nicht.“ Eine genauere Definition von „rechtlichen Verpflichtungen“ und „Vertraulichkeit“ wollte er nicht geben, berichtet der EUObserver.
Schulz forderte den Vorsitzenden des Ausschusses für Haushaltskontrolle, Michael Theurer, in einem Brief auf, den betreffenden Absatz zu löschen. Dieser lehnte ab. Dennoch ließ Schulz den Abschnitt zensieren. „Das ist ein Skandal“, so die deutsche Europaabgeordnete Ingeborg Gräßle. Dazu gebe es keine rechtliche Grundlage in der Geschäftsordnung.
Der von Schulz zensierte Absatz enthält die Nachricht, dass Mitglieder des Ausschusses von einem belgischen Gericht vorgeladen waren. Sie sollten in einem Verfahren als Zeugen gegen den früheren maltesischen Gesundheitskommissar John Dalli aussagen. Dieser hatte wegen einem Tabak-Lobbying-Skandal zurücktreten müssen (mehr hier).
Schulz hielt diese Aufforderung allerdings zwei Monate zurück. Er verschob auch Anhörungen des Ausschusses, die Vorwürfe gegen hochrangige Beamte der Kommission behandelten.
Schon zuvor warfen EU-Parlamentarier Schulz Amtsmissbrauch vor. So solle er auf Kosten des EU-Parlaments Wahlkampf für sein angestrebten als Kommissions-Präsident machen (hier).
Anfang des Jahres änderte er etwa das Twitter-Profil des Parlaments-Präsidenten in sein persönliches Profil. Somit hatte er automatisch 60.000 Follower für seinen Wahlkampf.
Der Haushalts-Kontrollausschuss der EU erhebt ebenfalls schwere Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen Martin Schulz. Er soll seine engsten Mitarbeiter mit lukrativen Beamten-Posten versorgt haben (hier).