Deutschland

Bundesbank genervt: Banken lassen sich nicht in die Karten schauen

Die Bundesbank fordert von den einzelnen Instituten mehr Mitarbeit beim EZB-Gesundheits-Check. Die Banken sollen sich als „Teil der Übung“ sehen. Allerdings sei es schwierig zu verhindern, dass brisante Informationen über einzelne Banken „nicht zur Unzeit publik“ werden.
05.04.2014 00:07
Lesezeit: 2 min

Die Bundesbank verlangt von der Finanzbranche mehr Bereitschaft zur Mitarbeit beim laufenden Gesundheitscheck durch die EZB. „Die Banken sollten nicht ihre Energie darin stecken, was man verhindern kann, sondern sich als Teil der Übung sehen. Da würde ich mir an der einen oder anderen Stelle von der Branche mehr Kooperationsbereitschaft wünschen“, sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel zu Reuters. „Die Banken sollten den Fitnesscheck als Chance wahrnehmen, den Finanzmärkten Ergebnisse zu liefern, die verdeutlichen, dass das Bankensystem gut aufgestellt ist.“

Viele Banken klagen derzeit über den hohen Arbeitsaufwand, den der dreistufige Test bei ihnen verursacht. Die Prüfung, die aus einer Risikoanalyse, einem Bilanzcheck und einem Stresstest besteht, soll im Oktober beendet sein. Ab November soll die Europäische Zentralbank (EZB) dann die Aufsicht über die Kreditinstitute übernehmen. Einige der 128 Großbanken, die bei dem Check unter die Lupe genommen werden, kritisieren, der Test sei zu teuer, überlaste das Personal und verlange die Preisgabe übertrieben vieler Daten. Versuche der Geldhäuser, die EZB zu Erleichterungen zu bewegen, blieben bislang nach deren Angaben ohne Erfolg.

Nagel betonte, es gebe ausreichend Gründe dafür, die Branche intensiv zu durchleuchten: „Die Regulierungsmaßnahmen sind ein logischer Reflex auf die Finanzkrise, vor allem im Hinblick auf die vom Finanzsektor produzierten Kosten, die zu großen Teilen vom Steuerzahler geschultert wurden.“ Im Vorstand der Bundesbank ist Nagel für die Bankenaufsicht zuständig, seit die dafür zuvor zuständige Kollegin Sabine Lautenschläger zu Jahresbeginn in das EZB-Direktorium wechselte.

Er äußerte Verständnis für die Bedenken vieler Banken, bei dem Test könnten sensible Daten an die Öffentlichkeit gelangen. Von Seiten der EZB und der nationalen Aufsichtsbehörden werde jedoch alles getan, damit es nicht zu Datenlecks kommt. So würden etwa Informationen über verschlüsselte Leitungen übermittelt. Nagel gab allerdings zu bedenken: „Die größte Gefahr für die Vertraulichkeit der Daten ist meistens der Mensch, nicht die Technik.“

Alle, die mit solchen Daten arbeiten, seien zu Verschwiegenheit verpflichtet. „Bei einem Prozess, bei dem so viele Menschen involviert sind und bei dem es um so heikle Informationen geht, kann man Probleme der Vertraulichkeit nie ausschließen“, sagte er. Aktuell wird darum gerungen, ob und wie Banken mögliche Kapitalmaßnahmen im Zusammenhang mit dem EZB-Test bekanntmachen müssen.

Schwieriger ist aus Nagels Sicht die Frage zu beantworten, wie verhindert werden kann, dass die Information, ob eine Bank die Tests bestanden hat oder ein Kapitalloch stopfen muss, nicht zur Unzeit publik wird. Hier seien Aufseher wie Banken in der Pflicht. „Ich würde die Zeit lieber relativ knapp halten, in der die Banken die Ergebnisse vorab bekommen.“ Vor allem während der Bilanzprüfung (Asset Quality Review - AQR) bekämen die Institute aber „recht früh eine Indikation, ob bei ihnen etwas im Argen liegt oder nicht“.

Die genauen Szenarien für den Stresstest wollen die Aufseher Ende April veröffentlichen. Bei Stresstests wird etwa ein Einbruch der Wirtschaftsleistung oder des Immobilienmarktes simuliert und dann geprüft, wie eine Bank dieses Szenario verkraftet.

Es sei wichtig, dass Aufsicht und Branche an einem Strang ziehen, mahnte Nagel. „Wir müssen aufpassen, dass wir keine sich selbst erfüllende Prophezeiung schaffen und am Ende nur Fragezeichen und Zweifel am Finanzsektor produzieren. Der Finanzsektor muss auch nach AQR und Stresstest seiner Rolle als Kreditgeber umfassend gerecht werden können - dies ist im gesamtwirtschaftlichen Interesse.“ Befürchtungen, der Fitnesscheck könne zu lax ausfallen und die gemeinsame Aufsicht unter dem Dach der EZB werde die Banken schonen, trat Nagel entgegen: „Durch die gemeinsame Aufsicht sehen wir die Banken durch eine einheitliche Brille, und die ist mit Sicherheit kein Kassengestell.“

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima: Deutsche Unternehmen trotzen globalen Risiken
24.04.2025

Während weltweit wirtschaftliche Sorgen zunehmen, überrascht der Ifo-Index mit einem leichten Plus. Doch der Aufschwung ist fragil: Zwar...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktive ETFs: Wie US-Finanzriesen Europa erobern und was das für Anleger heißt
24.04.2025

Amerikanische Vermögensverwalter drängen verstärkt auf den europäischen Markt für aktiv gemanagte ETFs, da hier im Vergleich zu den...

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warum irische Firmen im deutschen Green-Tech-Boom Milliardenwachstum anstreben
24.04.2025

Irlands Green-Tech-Firmen erobern den deutschen Markt – mit strategischem Fokus auf Energie, Infrastruktur und Digitalisierung.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Goldpreis fällt – Ist der Gipfel bereits überschritten?
24.04.2025

Nach einem historischen Rekordhoch hat der Goldpreis nun zum zweiten Mal in Folge deutlich nachgegeben – ein möglicher Wendepunkt am...

DWN
Politik
Politik USA und China: Handelsgespräche stehen still – Trump setzt weiter auf Eskalation
24.04.2025

Washington und Peking liefern sich einen erbitterten Handelskrieg – von Verhandlungen fehlt jede Spur. Trumps Strategie setzt weiter auf...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Trump glaubt an Deal mit Moskau – und kritisiert Selenskyj
24.04.2025

Donald Trump sieht eine Einigung mit Russland zum Greifen nah – und gibt Präsident Selenskyj die Schuld an der Fortdauer des Krieges....