Drei Wochen nach dem Referendum zur Abspaltung der Krim rufen pro-russische Demonstranten zur Unabhängigkeit der Region Donezk von der Ukraine auf. Sie fordern ein Referendum über die Unabhängigkeit der ostukrainischen Industrieregion. Die Demonstranten besetzten Regierungsgebäude in Donezk, Charkiw und Luhansk und errichteten Barrikaden. Die Regierung in Kiew bezeichnet die Vorgänge als gezielte Provokation, um einen Einmarsch russischer Truppen zu rechtfertigen.
Etwa 200 maskierte Männer der Gruppe „Russischer Sektor“ nutzten Blendgranaten, um sich Zugang zum Regierungsgebäude von Donezk zu verschaffen. Daraufhin errichten sie Barrikaden vor dem Gebäude, wie der EUObserver berichtet. Sie forderten die Abspaltung der Region Donezk von der Ukraine. Spätestens am 11. Mai solle eine Volksabstimmung über die Gründung einer Volksrepublik Donezk anberaumt werden, forderte einer der Anführer der pro-russischen Truppen.
Am Sonntag waren ebenfalls Regierungsgebäude in Charkiw und Luhansk besetzt worden. Auch hier sprachen sich die Demonstranten für eine Angliederung an Russland aus. In Luhansk war die Lage auch am Montag angespannt. Nach Polizeiangaben haben die Besetzer des Regierungsgebäudes Waffen erbeutet. Die Zufahrtsstraßen zur Stadt seien abgeriegelt worden. In Charkiw haben dagegen Sicherheitskräfte nach Angaben von Innenminister Arsen Awakow die Demonstranten aus dem Regierungsgebäude vertrieben.
Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk erklärte in Kiew, Russland bereite eine Invasion vor. Die Regierung in Kiew fürchtet, mit den Protesten in Donezk, Charkiw und Luhansk solle der Einmarsch ausländischer Truppen provoziert werden. Die Abspaltung der Krim solle in den östlichen Landesteilen wiederholt werden, so Jazenjuk.
Zwar hätten die Unruhen im vergangenen Monat etwas nachgelassen, es blieben aber rund 1500 „Radikale“ in jeder Region. Diese sprächen eindeutig mit russischem Akzent und würden von ausländischen Geheimdiensten dirigiert. Jazenjuk verwies darauf, dass russische Truppen 30 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt stünden. Die Ukraine werde nicht zulassen, dass ausländische Truppen ukrainisches Gebiet besetzten, betonte er (mehr hier).
Befeuert werden die Befürchtungen der Regierung in Kiew durch den Wunsch Russlands, die Ukraine möge sich eine föderale Verfassung geben mit möglichst großer Autonomie der einzelnen Regionen. Der gestürzte und nach Russland geflohene Präsident Viktor Janukowitsch hatte Ende März gefordert, in den Regionen Volksabstimmungen über ihren Status abzuhalten. Die Regierung in Kiew lehnt dies mit der Begründung ab, es würde zur Zerschlagung der staatlichen Einheit führen.
Auf der Krim kam es unterdessen zum zweiten tödlichen Zwischenfall seit Ausbruch der Krise. Ein russischer Soldat erschoss am Sonntagabend nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums einen ukrainischen Marineoffizier (hier). Dieser habe sich auf den Abzug vorbereitet. Warum der russische Soldat das Feuer eröffnete, war zunächst unklar.
EU-Währungskommissar Olli Rehn warnte Russland vor den wirtschaftlichen Folgen. „Sollte sich die Krise verschärfen, fällt Russland in diesem und im nächsten Jahr in die Rezession“ (hier). Wie Merkel schloss auch Rehn Wirtschaftssanktionen nicht aus. Der russische Gazprom-Konzern sieht sich gegen solche Aktionen in seinem Geschäftsfeld gut gerüstet. Dann würde die Öl-Tochter Gazprom Neft neue Geschäftschancen in Asien suchen, sagte deren Chef Alexander Djukow. Außerdem baue man auf den heimischen Markt.