Politik

Grüne warnen vor EU-Regulierung: „Meine Tomate darf nicht illegal werden“

Die österreichischen Grünen warnen vor einem erneuten Versuch der Saatgut-Industrie, die Vielfalt der Sorten für Obst und Gemüse in Europa einzuschränken. Nach dem Scheitern der ersten Regulierungs-Welle könnte ein heißer Herbst bevorstehen.
25.04.2014 01:02
Lesezeit: 2 min

Mein Paradeiser (österreichisch für Tomate) darf nicht illegal werden. Gegen die EU-Saatgutverordnung. Für Artenvielfalt.“ Mit diesem Spruch werben die österreichischen Grünen für Stimmen bei der kommenden EU-Wahl im Mai, überall in Österreich findet man das Plakat.

Damit kommt das umstrittene Saatgut-Thema wieder auf die politische Agenda: Erst im Vorjahr hatten die Bürger in Europa mit einem Proteststurm verhindert, dass die EU-Kommission den Anbau von Obst und Gemüse massiv reguliert (mehr hier).

Obwohl das EU-Parlament den Gesetzes-Entwurf zur Saatgut-Verordnung am 11. März zurückgewiesen hat, sprechen die Gegner des Saatgut-Verordnung nur von einem Etappensieg. Denn die Diskussion verlagert sich nun wieder in die Nationalstaaten sie ist mitnichten ausgestanden.

Eigentlich müsste die EU-Kommission jetzt einen neuen Vorschlag vorlegen. Doch der amtierende EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg hat dies bislang nicht veranlasst - wohl auch, weil er fürchtet, sich einen neuerlichen Protest einzuhandeln und das am Ende seiner Amtszeit nicht mehr riskieren wollte.

Aktuell liegt der Gesetzes-Entwurf, der den Landwirten und Kleinbetrieben in Zukunft die Verwendung von Einheits-Saatgut vorschreibt, wieder beim Rat der Agrarminister. Sollten die nationalen Landwirtschaftsminister sich auf Änderungen in dem Entwurf einigen, kommt dieser in die zweite Lesung ins EU-Parlament.

Ist dies nicht der Fall, dürften die Lobbyisten den EU-Gesundheitskommissar tatkräftig unterstützen, nach der EU-Wahl einen neuen Entwurf einzubringen. Das gibt der Industrie die Möglichkeit, am Gesetzes-Entwurf mitzuarbeiten. Denn ein solches Gesetz käme großen Herstellern wie Monsanto oder Syngenta entgegen, wie die österreichischen Grünen warnen.

„Die geplante Neuregelung der EU-Saatgutverordnung hätte es Landwirten und Kleingärtnern extrem erschwert, eigenes Pflanzenmaterial bzw. Saatgut zu erzeugen, zu verwenden oder auch zu tauschen. Der Vorschlag der EU-Kommission war weder im Sinne der Biodiversität, der Landwirte, der Züchter von Ökosaatgut noch im Sinne des Erhalts seltener Sorten. Stattdessen hätte die Vorlage der Kommission große Hersteller wie Monsanto in die Hände gespielt und die hohe Konzentrationen im Saatgutmarkt noch weiter befördert. So werden 95% der Saatguterzeugung im Gemüsesektor von lediglich fünf Unternehmen dominiert.

Wir Grüne fordern, genau den umgekehrten Weg zu gehen: Statt Konzentration und Vereinheitlichung brauchen wir ein Saatgutrecht, das Sortenvielfalt und Unabhängigkeit in den Vordergrund stellt. Bereits heute gibt es einen massiven Mangel an robusten, sowie an Klima, Boden und eine nachhaltige Bewirtschaftung angepassten Sorten. Darüber hinaus muss gelten: Saatgut ist ein öffentliches Gut: Herstellung, Zulassung, Kontrolle und Kennzeichnung müssen transparent und verständlich sein.

Wir haben im EU-Unterausschuss eine bindende Stellungnahme herbeigeführt, die die österreichische Position bindet: auch in Zukunft muss die große Vielfalt verschiedener Obst-, Gemüse- und anderer Pflanzensorten gesichert bleiben. Österreich muss den gegenständlichen Vorschlag in diesem Sinne kritisch auf seine Auswirkungen auf die klein- und mittelständischen Unternehmen, landwirtschaftlichen Betriebe sowie auf die Konsument prüfen. Für die klein- und mittelständischen Saatgut- und Pflanzenzuchtunternehmen darf es zu keiner höheren Kostenbelastung und zu keinem höheren bürokratischen Aufwand kommen.

Weiter muss Österreich dafür eintreten, dass vergleichbare Ausnahmen zum bestehenden österreichischen Saatgutrecht erhalten bleiben, um die genetische Vielfalt sicherzustellen. Außerdem soll es keine verpflichtende Zulassung bei allen samenfesten Pflanzen, die nicht durch geistige Eigentumsrechte geschützt sind, geben. Der Konsumentenschutz darf nicht aufgeweicht werden. Das Landwirteprivileg muss erhalten bleiben. Das bedeutet, dass der Sortenschutz nicht den Anbau von Erntegut einer geschützten Sorte durch Kleinlandwirte umfasst, wenn das Vermehrungsmaterial aus eigenem Anbau des Landwirtes stammt. Der Anwendungsbereich der Verordnung soll sich auf die kommerzielle Nutzung und oberhalb bestimmter Mengen beschränken“, so die Partei auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Auf die Frage, wie es nach der Ablehnung des Kommissionsvorschlags durch das Europaparlament jetzt weitergeht, hoffen die Grünen, dass der Rat seine Beratung beendet, „da ihm klar ist, dass es sich bei dem Vorschlag um einen hoch brisanten Vorschlag im Sinne der Biodiversität, der Rechte der Landwirte und der Hobbygärtner handelt. Damit müsste die Kommission einen neuen Entwurf vorlegen. Damit dieser dann wirklich besser ist, braucht es EU-Parlamentarier, die dafür sorgen, dass die neue Kommission das Saatgut nur im Sinne der Vielfalt und der Biodiversität zu regulieren versucht.“

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