Deutschland

Schulden-Staat: Keine Steuer-Entlastung, härtere Maßnahmen zur Eintreibung

Lesezeit: 3 min
09.05.2014 13:40
Trotz ständig steigender Steuereinnahmen wird es auf absehbare Zeit keine Steuersenkungen geben. Im Gegenteil: Die Bundesregierung zieht die verschärften Maßnahmen gegen Steuerflüchtlinge im Rekord-Tempo durch.
Schulden-Staat: Keine Steuer-Entlastung, härtere Maßnahmen zur Eintreibung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Steuer-Experten sagen dem deutschen Staat bis 2018 Mehreinnahmen von 19,3 Milliarden Euro mehr Einnahmen voraus als noch im November errechnet. Beim Bund reicht das aber noch nicht einmal aus, um die von Union und SPD vereinbarte Finanzplanung abzudecken. "Die Steuerschätzung eröffnet uns keine neuen finanziellen Spielräume", betonte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag umgehend. Priorität habe, dass der Bund ab dem kommenden Jahr ohne neue Schulden auskomme.

19,3 Milliarden Euro mehr - und der Finanzminister jammert, dass er keine Speilräume hat.

In jedem Unternehmen wären die Aktionäre empört.

Doch in diesem Fall sind die Sharholder die Wähler. Sie haben eine große Koalition gewählt. Weil die Oppositionsparteien im Bundestag lieber noch höhere Schulden und noch mehr Steuern hätten, hat das Wahlvolk schlechte Karten.

Denn auch die Länder und Kommunen sind pleite.

Daher sehen auch die Länderfinanzminister sehen keinen Spielraum für eine steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer bei der Einkommensteuer. Die Finanzminister von Bund und Ländern beschlossen auf ihrer Jahrestagung in Stralsund am Freitag ein finanzpolitisches Papier, in dem andere Schwerpunkte gesetzt werden. Die Länderfinanzminister Norbert Walter-Borjans (NRW, SPD), Thomas Schäfer (Hessen, CDU) und Heike Polzin (Mecklenburg-Vorpommern, SPD) betonten zudem übereinstimmend, sie sähen derzeit keinen Spielraum für eine Korrektur der sogenannten kalten Progression.

Die Bundesländer dringen vielmehr darauf, dass der Bund zunächst die zugesagten Finanzhilfen für Länder und Kommunen rasch leisten solle. Dazu zählten die Eingliederungshilfe für Behinderte, mehr Bundesgeld für Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen, außeruniversitäre Forschung, Verkehrsinfrastruktur und Städtebauförderung. "Ferner erinnern die Länder an ihre im Koalitionsvertrag vorgesehene Entlastung in Höhe eines Drittels der zusätzlich entstehenden finanziellen Spielräume des Bundes", heißt es in dem Papier der Finanzministerkonferenz.

Zugleich wird gefordert, dass Deutschland die im Rahmen des europäischen Fiskalpaktes noch erlaubte strukturelle Defizitquote von 0,5 Prozent als mittelfristiges Haushaltsziel nicht voll ausschöpfen solle. "Dies gilt insbesondere angesichts der Risiken, die der aktuell guten Haushaltslage gegenüberstehen", heißt es. Erinnert wird auch an den nach wie vor bestehenden möglichen Ausfall von Krediten an Partner in der Euro-Zone. Die Kosten müsste dann der Bund übernehmen.

Walter-Borjans betonte, dass nach der Steuerschätzung klar sei, dass es keinen Spielraum für eine Korrektur der kalten Progression gebe. Zudem habe auch die Bundesregierung betont, dass sie vorrangig andere Prioritäten habe, nämlich den Ausgleich des Haushalts und nötige zusätzliche Ausgaben für die Infrastruktur. Ohne eine Gegenfinanzierung etwa durch Steuererhöhungen an anderer Stelle sei eine Entlastung bei der kalten Progression nicht finanzierbar. Auch sein hessischer Kollege Schäfer betonte, die Steuerschätzung habe gezeigt, dass derzeit kein Spielraum bestehe. Die Debatte über die kalte Progression werde aber wiederkehren, wenn das Existenzminimum erneut angehoben werden müsse.

Statt den Bürgern mehr Geld in die Hand zu geben, beschleunigt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Verschärfung bei der Eintreibung von Steuergeldern: Das Bundesfinanzministerium hat angekündigt, noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf für eine verschärfte Regelung für die straffreie Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung vorzulegen. Die Finanzminister von Bund und Ländern einigten sich bei ihrem Jahrestreffen in Stralsund am Freitag darauf, dass die Strafaufschläge drastisch angehoben, die Verjährungsfristen verlängert und die Grenzbeträge gesenkt werden, ab der eine Steuerhinterziehung geahndet wird. Das Gesetz solle am 1. Januar 2015 in Kraft treten, kündigte der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Johannes Geismann, nach der Sitzung der Finanzminister an.

Mit der beschlossenen Neuregelung sei sichergestellt, dass Steuerflüchtlinge nach einer Selbstanzeige nicht besser gestellt würden als ehrliche Steuerzahler, sagte der nordrhein-westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Sein hessischer Kollege Thomas Schäfer (CDU) lobte die Einigkeit, das Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige beizubehalten. Dies habe dem Staat seit 2010 Einnahmen von mehr als drei Milliarden Euro in die Kassen gespült. Walter-Borjans betonte, Grund für die steigende Zahl an Selbstanzeigen sei aber vor allem der Ankauf von CDs mit den Namen von Steuerhinterziehern gewesen.

Die Grenze für die Straffreiheit wird von 50.000 auf 25.000 Euro zu zahlender Steuer gesenkt. Laut Walter-Borjans bedeutete die bisherige Schwelle, dass man damit im Ausland Kapital von rund zehn Millionen Euro straffrei habe verstecken könne. "Wir reden nicht von Kleinigkeiten", sagte er. Die Verjährungsfrist für alle Fälle der Steuerhinterziehung wird auf zehn Jahre ausgedehnt. Um Straffreiheit zu erhalten, muss der hinterzogene Betrag mit einem Hinterziehungszins-Aufschlag von sechs Prozent pro Jahr sofort entrichtet werden. Bei hinterzogenen Steuern von bis zu 100.000 Euro wird zudem ein Zuschlag von zehn Prozent der Summe fällig. Ab einer Million Euro steigt der Zuschlag auf 20 Prozent.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Finanzen
Finanzen Wirtschaftsstandort in der Kritik: Deutsche Ökonomen fordern Reformen
03.05.2024

Deutschlands Wirtschaftskraft schwächelt: Volkswirte geben alarmierend schlechte Noten. Erfahren Sie, welche Reformen jetzt dringend...

DWN
Politik
Politik Rheinmetall-Chef: Deutschland muss Militärausgaben um 30 Milliarden Euro erhöhen
03.05.2024

Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, drängt darauf, dass Deutschland seine Militärausgaben um mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Indische Arbeitskräfte im Fokus: Deutschland öffnet die Türen für Fachkräfte
03.05.2024

Die Bundesregierung strebt an, einen bedeutenden Anteil der indischen Bevölkerung nach Deutschland zu holen, um hier zu arbeiten. Viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Wie lege ich mein Geld an – wichtige Tipps für Anfänger
03.05.2024

Die Tipps zur Geldanlage können wirklich spannend sein, besonders wenn es darum geht, die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen und eine...

DWN
Politik
Politik Die Bundesregierung macht Russland für den Cyberangriff auf SPD verantwortlich
03.05.2024

Im Januar des Vorjahres wurden die E-Mail-Konten der SPD von Hackern attackiert. Die Bundesregierung gibt nun "eindeutig" Russland die...

DWN
Finanzen
Finanzen Der komplette Guide zur Bankvollmacht: Sicherheit und Flexibilität im Finanzmanagement
03.05.2024

Eine Bankvollmacht kann entscheidend dafür sein, Sicherheit und Flexibilität in Ihren finanziellen Angelegenheiten zu gewährleisten....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fleischersatz auf dem Vormarsch: Deutschland erlebt Produktionsboom
03.05.2024

Vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte gewinnen in Deutschland an Beliebtheit: Produktion verdoppelt sich seit 2019. Fleischkonsum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...