Politik

Ischinger verteidigt Ausschluss der Separatisten vom Runden Tisch

Lesezeit: 2 min
16.05.2014 17:56
Der OSZE-Vermittler und ehemalige Diplomat Wolfgang Ischinger zeigt Verständnis für den Ausschluss der pro-russischen Separatisten vom inner-ukrainischen Dialog. Leute mit Kalaschnikows, die für Entführungen und auch Tötungen verantwortlich sind, sollte man nicht durch Einladungen zu adeln, so Ischinger.
Ischinger verteidigt Ausschluss der Separatisten vom Runden Tisch

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der OSZE-Vermittler Wolfgang Ischinger hat Kritik an der Zusammensetzung des Runden Tisches in der Ukraine vehement zurückgewiesen. „Es nahmen auch Vertreter, Bürgermeister und Parlamentsabgeordnete aus dem Osten des Landes teil - darunter etwa auch der Bürgermeister von Donezk“, sagte Ischinger am Freitag im Reuters-Interview. Dabei handelt es sich um den von den prorussischen Separatisten für abgesetzt erklärten Bürgermeister. Einige andere Eingeladene hätten sich offenbar nicht getraut anzureisen, sagte Ischinger. Auch Russland sei eingeladen gewesen. „Deshalb ist die Behauptung absurd, dass der Osten nicht vertreten war. Er war vertreten, und es wurde auch kontrovers debattiert“, sagte der Co-Vorsitzende der Gesprächsrunde.

Er sei dafür, „bis an die Grenzen des politisch Zumutbaren zu gehen“, um möglichst viele gesellschaftliche Gruppen dabeizuhaben. Ausdrücklich verteidigte Ischinger die Haltung der ukrainischen Regierung, nicht die prorussischen Separatisten einzuladen, die die Kontrolle über die Stadt Slawjansk übernommen haben. „Man kann von der Regierung in Kiew nun wirklich nicht erwarten, Leute mit Kalaschnikows, die für Entführungen und auch Tötungen verantwortlich sind, durch Einladungen zu adeln“, sagte der frühere deutsche Diplomat. Ischinger ist von der OSZE beauftragt worden, zusammen mit zwei früheren ukrainischen Präsidenten einen innerukrainischen Dialog zu organisieren.

Ischinger betonte, dass die Sicherheit der Wahl am 25. Mai das vorrangige Ziel des innerukrainischen Dialoges sei: „Bis dahin wird der Runde Tisch sicher einer eher karawanenartigen Veranstaltung ähneln, die an verschiedenen Orten mit lokalen Vertretern redet.“ Man dürfe keine falschen Erwartungen hegen. „Wir sind kein Entscheidungsgremium, sondern ein offenes Forum.“ Nach der Wahl könne dann auch über weitere Ziele gesprochen werden, etwa nationale Versöhnung oder eine Verfassungsreform. Denkbar wären dann auch thematisch oder regional unterschiedliche Runde Tische.

„Wir planen die nächste Sitzung bereits für Samstag in der großen Stadt Charkiw im Osten, um zu zeigen, wie ernst das Thema Runder Tisch von allen Beteiligten genommen wird“, kündigte Ischinger an. Es habe zunächst Pläne gegeben, sich in Donezk zu treffen. Diese Idee habe man aber aus Sicherheitsgründen fallengelassen. „Ich erwarte schon, dass auch Russland durch Präsenz bei den kommenden Treffen konstruktives Interesse zeigt.“ Immerhin habe die russische Führung bei der Genfer Konferenz das Prinzip des nationalen Dialogs gebilligt.

„Die Frage der Deeskalation hat zwei Facetten. Es kann nicht so sein, dass wir immer nur etwas von der ukrainischen Regierungsseite verlangen“, sagte Ischinger. „Auch an die 'Separatisten' und natürlich auch an Moskau gibt es Erwartungen.“ Es gebe etwa in vielen russischen Medien eine stark anti-ukrainische Kampagne. „Diese müsste enden, um das Klima im Osten weniger zu polarisieren.“ Man dürfe nicht vergessen, dass es in der Ostukraine in einigen Gebieten nicht mehr möglich sei, ukrainisches Fernsehen zu sehen, sondern die Menschen nur noch russische Sender sehen könnten. „Die Deeskalation hat also, wie alles im Leben, zwei Seiten.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionsschreck Deutschland: Internationale Investoren meiden deutsche Projekte
07.05.2024

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr immer weniger in Deutschland investiert. Die Anzahl der Projekte ausländischer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nachlassende Nachfrage: Deutsche Industrie verzeichnet erneut weniger Aufträge
07.05.2024

Trotz einer vielversprechenden Entwicklung im März kämpfen Deutschlands Exporteure nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten.

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...