Politik

Skandal in Polen: Zentralbank-Chef erzwingt Rauswurf des Finanzministers

Lesezeit: 1 min
17.06.2014 00:07
In Polen erleben wir ein weiteres Beispiel, dass es mit der angeblichen Unabhängigkeit der Zentralbanken von der Politik nicht weit her ist: Der Gouverneur der Notenbank hatte eine kleine nationale Geldschwemme vom Rauswurf des Finanzministers abhängig gemacht - mit Erfolg. Die Staatsanwaltschaft sieht das nicht als Straftat an.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In Europa wird die Unabhängigkeit der Zentralbanken gerne als heilige Kuh verkauft. Damit soll den Bürgern das Gefühl gegeben werden, die Zentralbanken seien eine unangreifbare, über jeden politischen Kuhhandel erhabene Institution.

In Griechenland wurden wir dieser Tage eines Besseren belehrt: Der ehemalige Finanzminister und enge Vertraute von Premier Samaras, Yannis Stournaras, wechselt direkt vom Finanzministerium an die Spitze der Zentralbank (mehr dazu hier).

Doch auch weiter im Norden sind die Sitten nicht minder rau.

Das jüngste Beispiel liefert Polen.

Ministerpräsident Donald Tusk hat Rücktrittsforderungen wegen der Absprache von Ministerposten mit der Notenbank zurückgewiesen. Er habe nicht die Absicht, sein Kabinett zu entlassen, sagte Tusk am Montag. Ob Notenbankchef Belka seinen Hut nehmen solle, habe er nicht zu beurteilen, fügte Tusk an.

Einem polnischen Medienbericht zufolge hatte Notenbank-Gouverneur Marek Belka dem Innenminister Bartlomiej Sienkiewicz Konjunkturhilfen angeboten und dafür die Ablösung des Finanzministers verlangt. Der damalige Finanzminister Jacek Rostowski hatte kurz darauf im Zuge einer Kabinettsumbildung seinen Posten aufgegeben. Ministerpräsident Donald Tusk begründete die Änderungen seinerzeit mit der Absicht, der Regierung neue Impulse zu geben.

Das Nachrichtenmagazin „Wprost“ berief sich bei dem Bericht auf einen Mitschnitt einer Unterhaltung in einem Warschauer Restaurant im vergangenen Juli, den es in Auszügen auf seiner Internetseite veröffentlichte.

Der Skandal um verfängliche Aussagen des polnischen Notenbankchefs hat die Währung des Landes am Montag auf Talfahrt geschickt. Dollar und Euro verteuerten sich um jeweils ein knappes Prozent auf 3,06 Zloty beziehungsweise 4,14 Zloty. Ausländische Investoren wüssten nicht, wie sie den Vorgang bewerten sollten und verkauften daher sicherheitshalber erst einmal Zloty, sagte ein Börsianer.

Der polnische Generalstaatsanwalt Andrzej Seremet erklärte, aus dem Mitschnitt des Gesprächs zwischen dem Notenbankchef und dem Minister ergebe sich kein Hinweis auf eine Straftat.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...