Der Polizeichef von Reikiavik wurde als Vorsitzender einer Auswahl-Kommission mit der Auswahl des nächsten Zentralbankchefs in Island betraut. Dem aktuellen Chef der Zentralbank, Guðmundsson, teilte das Finanzministerium mit, er werde diesmal nicht einfach für eine zweite Amtszeit ernannt, sondern müsse sich in einem offenen Verfahren darum bewerben.
Bis 27. Juni konnte sich jeder Isländer auf den Posten bewerben, jetzt hat das Finanzministerium eine Liste von 10 möglichen Kandidaten veröffentlicht, darunter auch Guðmundsson. Das Auswahl-Komittee um den Polizeichef bewertet nun alle Kandidaten und spricht dann eine Empfehlung an den Premierminister aus. Entscheiden will das Komitee allerdings erst Ende dieses Jahres, die Amtszeit Guðmundssons endet jedoch bereits im September. Die Zukunft seines Nachfolgers ist also zunächst ungewiss.
Das ausgerechnet Polizeichef Eiríksson zum Vorsitzenden des dreiköpfigen Auswahl-Kommitees wurde, löste Besorgnis in der Finanz-Community in Reykjavik aus. Eiríksson ist ein Jurist, der in einer Reihe von Regierungsausschüssen tätig war: Allerdings zu finanzfernen Themen wie Polizei, Verteidigung oder europäische Freizügigkeit nach dem Schengen-System. Er ist weder Wirtschaftswissenschaftler noch Finanzexperte.
Ebenso wenig wie das zweite Ausschussmitglied, Ólöf Nordal, bis zum vergangenen Jahr Mitglied des Parlaments und stellvertretende Vorsitzende der Unabhängigkeitspartei. Dennoch sitzt Nordal auch im Aufsichtsgremium der Notenbank und leitet den Ausschuss zu ihrer Umstrukturierung. Der einzige Ökonom im Auswahl-Komitee zur Bewertung der Kandidaten ist Gudmundur Magnusson, ehemaliger Rektor der Universität von Island und seit 2008 im Ruhestand.
Der Auswahlprozess und insbesondere die Zusammensetzung des Podiums könne die Glaubwürdigkeit und die Moral der Zentralbank treffen, sorgt sich Gudrun Johnsen, Assistenzprofessor für Finanzen an der Universität von Island und Autorin des Buches: Bringing Down the Banking System: Lehren aus Island.
„Es gibt so viele offensichtlichere Kandidaten für die Leitung dieses Auswahl-Komitees, sowohl innerhalb des Landes als auch im Ausland“ so Johnsen. „Diese Wahl ist einfach sehr bizarr. Und ich bin sicher, es senkt die Moral in der Notenbank, wo doch so viele Spezialisten sitzen.“
Dass ein wenig Abstand zu den Verflechtungen in Islands Finanzsektor gar nicht so schlecht sein könnte, zeigt ein weiterer Name auf der Kandidatenliste: Friðrik Már Baldursson, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Reykjavik. Baldursson wurde durch eine bedeutende Fehleinschätzung bekannt: Im Jahr 2007 veröffentlichte er ein Papier, das dem isländische Bankensektor bescheinigte, er sei „sehr robust“ und eine „bemerkenswerten Erfolgsgeschichte“. Kurz darauf brach das Banken-System Islands im Zuge der weltweiten Finanzkrise komplett zusammen.