Politik

Sanktionen gegen Russland: Staatschefs schicken EU-Technokraten vor

Die EU-Präsidenten Van Rompuy und Barroso haben feierlich angekündigt, dass es gegen Russland Sanktionen geben werde. Die Regierungschefs haben die beiden Bürokraten vorgeschickt. Sie wissen, dass die Sanktionen für ihre eigenen Bürger teuer werden. Und kein Land will es sich wirklich mit Putin verscherzen.
27.07.2014 00:11
Lesezeit: 2 min

Mit Kommissionspräsident Barroso und Ratspräsident Van Rompuy haben zwei Bürokraten der EU verkündet, dass die Nationalstaaten Sanktionen gegen Russland verhängen werden.

Es mag Demokraten seltsam vorkommen, dass zwei von niemandem gewählte Technokraten die Macht haben, über eindeutige wirtschaftliche Nachteile für die Nationalstaaten zu entscheiden - noch dazu in einer Phase, in der sich die Euro- und die Schuldenkrise zurückmelden.

Doch in diesem Fall dürfte es sich nicht um die Abgabe von Souveränität an Brüssel handeln, sondern eher darum, dass die EU-Staatschefs froh sind, dass andere die schlechte Nachricht überbringen müssen. Denn wenn die Sanktionen wirklich kommen, werden sie auch Europa schaden (mehr dazu hier).

Die Staats- und Regierungschefs wollen sich daher eine Hintertüre offenlassen, um mit Putin gegebenenfalls Sondervereinbarungen zu treffen.

Van Rompuy und Barroso sind beide "lame ducks". Sie treten in wenigen Monaten ab und haben sich aus Dankbarkeit für ihre fürstlichen Pensionen offenbar gerne bereit erklärt, einer umstrittenen politischen Entscheidung ihr Gesicht zu verleihen.

Van Rompuy wendet sich mit einem Brief an die nationalen Regierungen: Im Sanktionspaket, welches auf die Finanz-, Energie- und Rüstungsindustrie Russlands abzielt, sei „die richtige Balance“ getroffen worden. Er fordert die Staats-und Regierungschefs auf, den Maßnahmen am Dienstag ihre Zustimmung zu geben. Das gesamte Gasgeschäft wurde aus den Sanktionen ausgenommen (hier). Es ist das für die Russen wichtigste Geschäft.

„Ich glaube, dass dies ein effektiver, zielgerichteter und ausgewogenen Ansatz ist und uns die Flexibilität bietet, unsere Reaktion auf Veränderungen in der Welt anzupassen“, zitiert die FT Kommissionspräsident Barroso.

Sollten die Mitgliedsstaaten dem Antrag zustimmen, soll es jedem EU-Bürger verboten werden, Anleihen von russischen Banken zu erwerben, die sich zu mindestens 50 Prozent in den Händen des russischen Staats befinden.

Zudem bestehe die Möglichkeit eines Ausfuhr-Stopps für spezielle EU-Technologie, die bei der Förderung von Erdöl- oder Erdgasressourcen zum Einsatz kommt (mehr zu den geplanten Sanktionen hier).

Der Stopp für Rüstungsexporte soll nicht rückwirkend gelten, so Van Rompuy. Dieses Vorgehen kommt Frankreich entgegen, die ihren Milliardendeal mit Russland über zwei Kriegsschiffe nicht abgeschlossen haben (mehr dazu hier).

Im Energiesektor soll sich nur auf den russischen Ölsektor beschränken und die Gasindustrie ausnehmen, so Van Rompuy in seinem Brief, „mit Blick auf die Notwendigkeit, die Energiesicherheit der EU zu wahren“.

Nachdem bereits Einzelpersonen aus Putins Umfeld mit Sanktionen belegt wurden, läuten die neuen Maßnahmen die „Phase drei“ im EU-Sanktionsplan ein. Sie soll die gesamte russische Wirtschaft treffen.

„Meine Einschätzung ist, dass dieses Paket bezogen auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis die richtige Balance hat“ schreibt Van Rompuy. „Es sollte einen starken Einfluss auf die russische Wirtschaft haben, gleichzeitig aber eine moderate Auswirkung auf die Volkswirtschaften der EU.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...