Politik

Tibeter besitzen ideale Gene für Höhen-Lage

In Tibet haben die Einwohner Gene von einem ausgestorbenen Verwandten der Menschen. Tibeter sind deshalb besonders gut angepasst an große Höhenlagen. Das Gen sorgt dafür, dass der Blutsauerstoff konstant bleibt.
01.08.2014 02:04
Lesezeit: 2 min

Im chinesischen Shenzhen befindet sich das weltweit größte Labor für die Sequenzierung des Genoms. Dort wurde jetzt das Ergebnis einer Gen-Studie über Tibeter veröffentlicht: Die meisten Tibeter besitzen ein Gen, das sonst nur bei einer ausgestorbenen Menschenart zu finden ist. Das Gen soll dafür verantwortlich sein, warum diese Menschen ab 4.000 Meter Höhe überleben können.

Denn viele Menschen bekommen bei allzu viel Höhenluft Beschwerden. Das liegt am geringen Sauerstoffanteil in der Luft. Als Folge davon, wird bei Menschen das Blut dicker, je weiter entfernt sie sich vom Meeresspiegel befinden. Daraus ergibt sich ein Sauerstoffmangel, der zu Herz-Kreislauferkrankungen führen kann.

Danke dem Gen namens EPAS1 wird die Produktion von Hämoglobin geregelt. Das ist das Molekül, das dafür zuständig ist, den Sauerstoff im Blut zu transportieren. Logischerweise ist es für den Menschen lebenswichtig, dass die Hämoglobin-Produktion konstant ist – unabhängig von der Höhenlage. Doch diese Variante des Gens besitzen vermutlich nur noch die Tibeter, berichtet Nature.

Das hat geschichtliche Gründe. Nachdem die Menschen ursprünglich von Afrika ausgewandert sind, mussten sie sich an ganz unterschiedliche Temperaturen und Klimazonen anpassen. Vor allem die Extreme bei Temperaturen und Höhen hatten ein Einfluss auf ihre Entwicklung und Anpassung. Die natürliche Auslese kann dabei auch eine Rolle gespielt haben. Denn nur die angepassten Menschen hatten eine Chance auf Überleben.

In Tibet gibt es deshalb ein so spezielles Umfeld, weil die Menschen auf besonders großen Höhen leben und dort vor allem auch überleben. Das tibetische Hochland liegt im Bereich zwischen 4.000 und 5.500 Meter. Die höchsten Gipfel reichen bis 7.010 Meter. Natürlich gibt es höhere Berge auf der Welt, dennoch ist das Hochland von Tibet, das weltweit höchste Plateau.

Während also viele Menschen auf Grund der verringerten Produktion von Hämoglobin ab etwa 4.000 Meter Probleme bekommen, spüren die Tibeter keinen Unterschied. Verantwortlich dafür ist eine etwa 40.000 bis 50.000 Jahre alte Variante des EPAS1-Gens. Denn die einzigen, die in der Geschichte dieses Gen besaßen, sind die Denisova-Menschen. Sie lebten zur selben Zeit wie die Neandertaler, allerdings in höheren Lagen.

Das Besondere an diesem genetischen Fund ist, dass er beweist, wie Menschen sich anpassen können. Natürlich haben sich die Gene nicht von selber gebildet. Vielmehr mischten sich die zukünftigen Tibeter bei ihrer Ankunft mit den Menschen, die bereits dort lebten. Tragischerweise bekamen sie die wichtigen Gene von den Vorfahren, deren Aussterben sie später verursacht haben. Optimistisch betrachtet lebt durch das spezielle Höhen-Gen immer noch ein Teil der Spezies in den Tibetern.

Bei der chinesischen Studie wurde das Gen bei Tibetern und Han Chinesen untersucht. Das hat den Grund, weil beide die gleichen Vorfahren haben. Dennoch wurde bei den Chinesen nur in 9 % der Fälle die entsprechende Genvariante gefunden. Dagegen besitzen etwa 87 % der Tibeter die genetische Voraussetzung für ein Überlegen in Höhenlagen.

EPAS1 ist auch als „Superathleten-Gen“ bekannt. Denn es sorgt bei abfallenden Sauerstoff im Blut für eine höhere Hämoglobin-Produktion. Eine Variante davon verhilft Sportlern zu gesteigerter Ausdauer. Wird durch körperliche Leistung der Blut-Sauerstoff gesenkt, springt die Produktion des Moleküls an und versorgt den Menschen mit mehr Sauerstoff. Jedoch hat dies auch seine Schattenseite.

Auf großen Höhen werden nicht nur die Hämoglobin-Bildung angeregt, sondern auch dessen Transporter, die roten Blutzellen. Das führt wiederum dazu, dass das Blut zu dick wird und das Risiko für Herzinfarkt deutlich gesteigert wird. Außerdem ist die Sterberate von Babys und Kleinkindern dadurch ebenfalls erhöht. Das betrifft jedoch nur Menschen, die sich in Gebieten ab 4.000 Metern Höhe niederlassen.

Bei den Tibetern mit der seltenen EPAS1-Variante steigt die Hämoglobin-Produktion nur geringfügig an. Unter den negativen Effekten, die bei den meisten Menschen auftreten, hat diese Gruppe der Bevölkerung nicht zu leiden.

Zum Vergleich: Auf dem Hochland von Tibet ist der Luftsauerstoff etwa 40 Prozent geringer als auf Meeresebene. Kein Wunder also, wie wichtig diese Variante des EPAS1-Gens für die Einheimischen ist. Urlauber haben auf dieser Höhenlage bereits zu kämpfen. Einen Umzug in eine derart sauerstoffarme Region ist demnach ohne die Genvariante nicht zu empfehlen.

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