Politik

Belgischer Arzt verweigert Jüdin medizinische Hilfe: „Schickt sie nach Gaza!“

Lesezeit: 2 min
04.08.2014 00:27
Ein belgischer Arzt verweigerte einer 90-jährigen jüdischen Frau die Erstversorgung nach einem Rippenbruch. Um ihre Schmerzen loszuwerden, soll sie für „ein paar Stunden in den Gaza-Streifen geschickt werden“, so der Arzt. Der Fall zeigt, welch krasse Folgen der neue Antisemitismus in Europa zeitigt.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Ein belgischer Arzt weigerte sich, eine 90-jährige jüdische Frau zu behandeln. Der Sohn rief den Arzt an, nachdem sich seine Mutter die Rippe gebrochen hatte und unter starken Schmerzen litt.

„Schicken Sie sie in den Gazastreifen für ein paar Stunden, dann wird sie ihre Schmerzen loszuwerden“, soll der Arzt dem Sohn gesagt haben. „Ich komme nicht“ fügte er hinzu, und legte auf. Das berichtet die belgische Zeitung Joods Actueel.

Der Zeitung zufolge soll der Arzt wegen des jüdischen Namens sofort gewusst haben, dass er die Patientin nicht behandeln wolle.

Der Sohn, ein amerikanischer Staatsbürger, rief seinen Freund Samuel Markowitz an, der Stadtrat von Antwerpen und ein freiwilliger Sanitäter ist. Markowitz kontaktierte den Arzt und zeichnete das Gespräch auf. Der Enkel der Frau legte bei der Polizei eine Beschwerde wegen Diskriminierung ein.

Es erinnert mich an das, was vor 70 Jahren in Europa passiert ist“, so der Enkel. „Ich hätte nie gedacht, diese Tage würden sich noch einmal wiederholen.“

Joods Actueel erreichte der Arzt ebenfalls. Er leugnete den Anruf nicht und bestätigte den antisemitischen Kommentar und die Verweigerung der Behandlung. Allerdings sei es eine „emotionale Reaktion“ gewesen.

Der Chefredakteur von Joods Actueel, Michael Freilich, spricht von einem alarmierenden Vorfall, da sich ähnliche Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit abgespielt haben:

„Dies ist ein weiterer Vorfall in einer kurzen Zeitspanne. Ein Laden in Antwerpen weigerte sich eine Frau zu bedienen, weil sie Jüdin war, ein Café in Lüttich hat ein Schild aufgehängt mit der Spruch ,Hunde willkommen, Juden nicht‘, und in Brüssel werden bei Demonstrationen Slogans wie ,Tod den Juden‘ gerufen. Bei Facebook sehen wir jeden Tag den Hass gegen das jüdische Volk“, so Freilich.

Vor kurzem wurde ein Ehepaar aus Israel bei einer Anti-Israel-Demo in Berlin attackiert, weil der Mann eine Kippa trug. In Paris musste die Polizei trotz massiver antisemitsicher Ausschreitungen dem Druck der Öffentlichkeit weichen und erneut eine Demo genehmigen. Der Nahost-Konflikt wird zum Problem für die Juden in Europa (mehr dazu hier).

Bereits im Juni warnte Efraim Zuroff vom Simon-Wiesenthal-Center vor den politischen Folgen der Finanzkrise in Europa: Rechtsextreme Klischees und radikale Islamisten könnten zu einem Aufflackern des Antisemitismus in Europa führen. Er fordert eine Allianz von Juden und Muslimen gegen den Extremismus (mehr dazu hier).

In Brüssel sehen sich die Juden seit längerem wegen der starken Einwanderung aus arabischen Ländern besonders kritisch. Die Juden haben das Zentrum der Stadt verlassen und sind in die Vororte Brüssels gezogen. An die Stelle der Juden wanderten in die Innenstadt Brüssels vor allem muslimische Immigranten ein. Insbesondere der Gaza-Konflikt habe hier verstärkt zu Antisemitismus geführt (mehr dazu hier).


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schock für Beschäftigte: Brillenhersteller Rodenstock verlagert heimische Stellen ins Ausland
09.09.2024

Stellenabbau und Abwanderung: Das Münchner Traditionsunternehmen Rodenstock, weltweit bekannt für Brillengläser höchster Qualität,...

DWN
Technologie
Technologie Magnesium neu gedacht: Salzwasser und kräftig Sonne ergibt das Metall der Zukunft
09.09.2024

Die meisten Menschen dosieren Magnesium üblicherweise nur in Pillengröße als tägliches Nahrungsergänzungsmittel. Für so manchen wirkt...

DWN
Finanzen
Finanzen Fed-Zinspolitik, Goldpreis und Nvidia-Aktie: Wie geht es an den US-Börsen weiter?
09.09.2024

An der Wall Street wird über die Wirtschaftsprogramme der US-Präsidentschaftskandidaten gesprochen und die größte Angst - die...

DWN
Politik
Politik Debatte um begrenzte Migration: Regierung prüft „vertraulich“
09.09.2024

Mehr Zurückweisungen? Können bald mehr Nicht-EU-Ausländer an der deutschen Grenze abgewiesen werden? Das fordert die Union. Wie weit die...

DWN
Panorama
Panorama Nahostkonflikt: Sorge vor militärischer Eskalation zwischen Israel und Hisbollah
09.09.2024

Israel will, dass sich die Hisbollah von seiner Nordgrenze zurückzieht. Grund ist der fortwährende Beschuss des israelischen Nordens...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsplatz Rheinmetall: Rüstungsbranche boomt!
09.09.2024

Früher Tabu, heute Boombranche: Die Rüstungsbranche erlebt seit Beginn des Ukraine-Krieges eine Wiederbelebung. Es läuft die größte...

DWN
Politik
Politik Fachkräftemangel: Arbeit im Alter soll mit Renten-Prämie belohnt werden
09.09.2024

Weiterbeschäftigung statt Rente: Wer das Renteneintrittsalter erreicht hat, aber dennoch länger arbeitet, soll das künftig finanziell...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automobilindustrie: Krise der Autobauer alarmiert EU
09.09.2024

Trägt die EU mit überzogenen Vorgaben zur Krise der europäischen Autoindustrie bei? Ist der Wettbewerb mit hochsubventionierten...