Finanzen

Das Tagesgeld hat ausgedient: Draghi schneidet deutschen Sparern Fluchtweg ab

Die finanzielle Repression führt zu einer weiteren Enteignung der deutschen Sparer: Das Tagesgeld wird so unattraktiv, dass den Sparer auch dieser Fluchtweg abgeschnitten ist. Mario Draghi plant, auch über 2016 EZB-Chef zu bleiben: Er will einen Crash in Italien verhindern und lässt die deutschen Sparer dafür zahlen.
16.08.2014 00:04
Lesezeit: 2 min

Nicht erst seit der Leitzinssenkung der EZB im Juni auf 0,15 Prozent verlieren die Sparer – davor waren es noch 0,25 Prozent, mit dem sich die Banken frisches Geld aus der Notenpresse von der EZB leihen können.

Infolge dessen fiel die Sparquote der Deutschen Ende 2013 auf 10 Prozent. 2008 sparten die Menschen hierzulande noch 11,5 Prozent ihres Einkommens.

Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, sagte dazu, die Sparer seien zutiefst verunsichert, ob sich das Sparen noch lohne. Sinke die Sparquote noch weiter, sei die Altersvorsorge der Deutschen in Gefahr.

Ein Festgeld-Vergleich bei einer Laufzeit von drei Jahren ergibt einen Zinssatz von 0,25 bis 2,1 Prozent, jeweils unterschiedlich in Relation zur Höhe der Einlage.

Nach einer Auswertung des Verbraucher-Vergleichsportals Verivox zahlen mittlerweile 198 von 635 Instituten in Deutschland keinen Zins mehr auf Tagesgeldkonten. Die Bundesbank gibt den durchschnittlichen Effektivzinssatz für den Monat Mai - also noch vor der jüngsten Leitzinssenkung im Juni - mit 0,36 Prozent an. Die Inflationsrate lag in diesem Monat mit 0,9 Prozent deutlich höher.

Dies kommt einer faktischen Enteignung der Sparer gleich. Wenn sich diese Entwicklung so fortsetzt, wird das Vermögen vieler Sparer und Anleger unter dem Strich am Ende deutlich weniger wert sein.

Doch Mario Draghi drückte es bei der Pressekonferenz im Juni nach der Frage einer Enteignung der Sparer folgendermaßen aus: „Die Behauptung, wir wollten Sparer enteignen, ist völlig falsch.“ Man wolle genau das Gegenteil: das Wachstum unterstützen. Dann werde auch das Zinsniveau wieder anziehen. Die Weitergabe der Zinsen an die Sparer entscheide ja auch nicht die EZB, sondern die Banken.

Und EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger sagt Anfang Juli der FAZ: Von Enteignung zu sprechen sei übertrieben. Die EZB verfolge mit dem niedrigen Zinssatz ihr Mandat, für Preisstabilität zu sorgen. Daher dürften sich die Sparer nicht über niedrige Zinsen beschweren.

Indessen wurde eine Studie der Allianz bekannt, wonach die Zinsverluste deutscher Haushalte allein im letzten Jahr 5,4 Milliarden Euro betrugen. Umgerechnet sind das 67,62 Euro pro Einwohner. In 2014 werden die Zinsverluste voraussichtlich 5,8 Milliarden Euro betragen. Insgesamt betragen die Zinsverluste im Zeitraum 2009 bis 2014 laut Berechnungen der Allianz 21 Milliarden Euro, pro Bundesbürger demnach 259,28 Euro, wie die Wirtschaftswoche berichtet.

De facto haben sich zwischen 2012 und 2013 die Zinsverluste deutscher Haushalte fast verdoppelt.

Das Geldvermögen der privaten Haushalte in Deutschland ist nach Quellen des Statistischen Bundesamts auf 4.939 Milliarden Euro angewachsen, davon betragen 41 Prozent Bargeld und Einlagen bei den Banken, das sind etwa 2.025 Milliarden, also rund zwei Billionen Euro.

Dieses Geld will angelegt sein. Verständlich ist, dass die deutschen Sparer im Grunde die Aktienmärkte scheuen, da diese kein sicherer Hort ist für ihre Ersparnisse sind, selbst wenn die deutsche Bundesbank eine „gewisse Risiko-Aversion“ sieht.

Doch längst ist bekannt, dass Aktien- und auch Anleihemärkte durch die Bildung von Spekulationsblasen gefährdet sind.

Auch hier hat Draghi bereits verbal vorgesorgt: Die EZB sei nicht zuständig, Blasen zu verhindern. Selbst wenn die EZB eine Blase erkennen sollte, würde sie weiter Geld in den Markt pumpen - weil ihre Aufgabe seiner Ansicht nach in der bedingungslosen Stabilisierung der Euro-Zone besteht und nicht im Schutz von Investoren (mehr dazu hier).

Die Sparquote sei bisher zwar nicht ins Bodenlose gefallen, ihre sinkende Tendenz sei aber eine Gefahr für die finanzielle Altersversorgung, betont das Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Andreas Martin: Eigentlich müsse die Quote sogar steigen, sonst erhöhe sich die Risiken von Altersarmut in Deutschland.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...

DWN
Politik
Politik Kanada knickt ein: Handelsgespräche mit den USA nach Steuer-Rückzug wieder aufgenommen
30.06.2025

Die Regierung von Premierminister Mark Carney muss einlenken: Kanada streicht die Digitalsteuer für US-Konzerne – sonst drohen massive...