Politik

Angst vor dem Euro: Bulgarien will nationale Währung behalten

Seit geraumer Zeit plant Bulgarien den Euro einzuführen, doch aufgrund der Schuldenkrise verschiebt das Land den Beitritt nun auf unbestimmte Zeit. Derzeit gebe es keine Vorteile bei einem Eintreten in die gemeinsame Währung, nur Kosten, so der bulgarische Finanzminister. Es sei zu riskant.
05.09.2012 10:27
Lesezeit: 1 min

Aktuell: Nächster Bailout: Zypern braucht 16 Milliarden Euro

Bulgarien ist das ärmste Land der EU und dennoch gehört es zu den am geringsten verschuldeten Mitgliedsländern und ist bekannt für seine Haushaltsdiszplin. Eigentlich gute Voraussetzungen für den schon lang gehegten Wunsch, der gemeinsamen Währung beizutreten. Aber die Begeisterung für den Euro ist in Bulgarien plötzlich abgeebbt. 2013 wollte das Land dem Euro beitreten und trotz der Verschlechterung der Schuldenkrise hatte der bulgarische Premier an einem Beitritt festgehalten, man sei verpflichtet, hieß es noch im Sommer. Nun scheint diese Verpflichtung alles andere als aktuell zu sein.

Die sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen in der Eurozone, die Unsicherheit über die wirklichen Vorteile der Gemeinschaft und die sich zunehmend gegen den Euro stellende öffentliche Meinung hätten dazu geführt, dass die bulgarische Regierung nun ihre Euro-Pläne verschiebt. „Gerade jetzt sehe ich keinen Vorteil bezüglich eines Beitrittts zur Eurozone, nur die Kosten", sagte der bulgarische Finanzminister, Simeon Djankow, in einem Interview mit dem WSJ. „Die Öffentlichkeit will zu Recht wissen, wen wir helfen müssten, wenn wir beitreten würden." Auch wisse man nicht, wie die derzeitigen Regeln seien und wie diese beispielsweise in ein oder zwei Jahren sind.

Ähnlich sieht es auch der bulgarische Premier. Undurchsichtig seien vor allem die wachsenden Unstimmigkeiten zwischen den Mitgliedsländern, etwa zwischen Haushaltsdisziplin und expansiver Politik. „Ich bin mir sicher, dass wir auf jeden Fall jetzt eine sich vertiefende Kluft in Europa sehen werden", so Premierminister Boyko Borisov im Interview mit dem WSJ. „Weil viele Regierungen nicht bereits sind, die schwierigen Entscheidungen, die sie zu treffen haben, auch umzusetzen." Das ist als wenn ein „verwöhntes Kind nicht zum Zahnarzt gehen will, um etwas gegen seine schlechten Zähne zu tun, obwohl eine Operation notwendig ist", fügte Borisov hinzu. Aber genau jetzt sei der entscheidende Moment für die Eurozone und die EU.

Bulgariens Wirtschaft werde in diesem Jahr voraussichtlich um 1,5 Prozent wachsen, während in vielen Ländern der Eurozone eine Rezession vorherrscht. Doch wie lang es dauert, bis auch Bulgarien die Auswirkungen der Krise stärker spürt, weiß auch der bulgarische Finanzminister, Simeon Djankow, nicht. „Bulgarien sollte in diesem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt haben, aber überall sonst, wo wir hinschauen, gibt es wirtschaftliche Probleme", so Djankov. „Das wirkt sich auch auf uns aus, ganz gleich, wie hart wir arbeiten."

Weitere Themen

Hollande: EZB muss Staatsanleihen kaufen

Krise in Spanien: Faule Kredite bei verstaatlichten Banken steigen

Trotz Soli: Ostdeutschland braucht weitere Milliarden Euro

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik YouGov-Wahlumfrage: AfD und SPD gleichauf - CDU rutscht ab
22.01.2025

In der neuesten Wahlumfrage von YouGov kann die SPD deutlich zulegen. Die AfD verliert dagegen. Beide Parteien liegen nun gleichauf. Auch...

DWN
Technologie
Technologie Projekt "Stargate" - OpenAI und Trump setzen auf KI-Rechenzentren für die Zukunft
22.01.2025

OpenAI und bedeutende Technologie-Partner investieren 500 Milliarden Dollar in neue Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI). Das...

DWN
Politik
Politik China-Importe: Deutschlands Handel, Verbraucher und Zollbeamte fordern Regierung zu Regeln auf
22.01.2025

Täglich werden Hunderttausende Pakete mit Waren aus China auf den europäischen Markt geschwemmt, die China-Importe umgehen trickreich die...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Prognose 2025 mit mehr Potential als Risiko - Nvidia-Aktie Kursziel überzeugt
22.01.2025

Die Nvidia-Aktie gehört zu den Lieblingspapieren sowohl der institutionellen Investoren als auch der privaten Anleger. Der US-Chipkonzern...

DWN
Politik
Politik Rüstungsexporte steigen auf Rekordwert, mehr als die Hälfte geht an die Ukraine
22.01.2025

Die Regierung von Kanzler Scholz hatte sich ursprünglich vorgenommen, Rüstungsexporte mit einem Kontrollgesetz einzudämmen. Dann kam die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schuhhändler Görtz erneut in die Insolvenz gerutscht
22.01.2025

Einst gab es in fast jeder Fußgängerzone eine Görtz-Schuhfiliale. Doch das Traditionsunternehmen, das 1875 gegründet wurde, ist erneut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IWF-Prognose Weltwirtschaft: USA im Aufwind - Deutschland abgeschlagen
22.01.2025

Die neue IWF-Konjunkturprognose für die Weltwirtschaft zeichnet ein differenziertes Bild für das Wachstum der Industrienationen....

DWN
Finanzen
Finanzen Apple-Aktie rutscht ab: Jefferies-Analyst senkt Kursziel – jetzt Apple-Aktie kaufen?
21.01.2025

Die Apple-Aktie steht am Dienstag mächtig unter Druck. Ein skeptischer Analystenkommentar sowie schwächere Verkaufszahlen in China sorgen...