Politik

Wegen Russland: Obama lässt US-Atomwaffen erneuern

Die USA haben eine umfassende Modernisierung ihrer Atomwaffen-Bestände begonnen. Begründet wird dies damit, dass Russland und China auf dem Kriegspfad sind und eine Abrüstung nicht zulassen. Die amerikanischen Steuerzahler müssen Kosten von bis zu einer Billion Dollar schultern.
24.09.2014 00:15
Lesezeit: 3 min

Das USA verfolgen die Modernisierung der alternden Bestände an Atomwaffen, die sie mittels Raketen, Bombern oder U-Booten abfeuern können. Einer aktuellen Studie der US-Regierung zufolge liegen die Kosten über die kommenden drei Jahrzehnte bei bis zu einer Billion Dollar.

Die Pläne beinhalten unter anderem eine neue Generation von Waffenträgern. Sie kommen von einem Präsidenten, der mit einer „nuklearwaffenfreien Welt“ Wahlkampf machte. Zudem erklärte Friedensnobelpreisträger Barack Obama die Abrüstung einst zu einem Hauptziel seiner Verteidigungspolitik.

Ein Artikel in der New York Times vom Montag macht Russland, China und Pakistan dafür verantwortlich, dass Obama seine einstigen Abrüstungspläne nicht umsetzen kann. Russland sei „auf dem Kriegspfad“, China strebe territoriale Veränderungen an und Pakistan baue sein Atomwaffenarsenal aus.

Die grundlegende Veränderung ist Putins Invasion der Ukraine“, sagte Gary Samore, Obamas führender Berater in Nuklearfragen während der ersten Amtszeit. „Das hat jede Maßnahme zur einseitigen Reduzierung der Bestände politisch unmöglich gemacht.“

Die Obama-Regierung sagt, dass die Verbesserungen wichtig seien. Denn das Nukleararsenal des Landes müsse kleiner, flexibler und effektiver werden, um Obamas ursprüngliche Vision umzusetzen.

Die ursprüngliche Idee hinter dem Umbau des Nukleararsenals war eine bescheidene Erneuerung, welche die Verlässlichkeit der Waffen erhöhen sollte. So sollte der Weg für neue Abkommen bereitet werden, in denen die Reduzierung der Zahl der Waffen vereinbart wird.

Doch stattdessen betreibt die Obama-Regierung einen umfassenden Umbau des Atomwaffenarsenals, wobei aber die Bestände kaum reduziert werden. Befürworter von Rüstungsbeschränkungen sowie einige von Präsident Obamas engsten Beratern sagen, ihre einstigen Hoffnungen seien enttäuscht worden.

Im Rahmen dieses Programms wurde vergangenen Monat in Kansas City eine neue Fabrik mit dem Namen National Security Campus eingeweiht. Mit 2.700 Arbeitern und größer als das Pentagon produziert sie die mechanischen und elektrischen Teile für Amerikas Atomsprengköpfe.

Im Jahr 2008, als Obama im Wahlkampf zur Präsidentschaft war, wollte eine Friedensgruppe gerichtlich durchsetzen, dass die Arbeiten an dem Atomwaffenwerk gestoppt werden. Die Aktivisten begründeten dies damit, dass ein Präsident Obama das Projekt voraussichtlich auf Eis legen werde. Doch die Fabrik wurde auch unter dem neuen Präsidenten weiter gebaut.

„Viel davon ist schwer zu erklären“, sagt der frühere US-Senator Sam Nunn, dessen Schriften zur nuklearen Entwaffnung Obama einst stark beeinflussten. „Die Vision des Präsidenten war eine bedeutende Richtungsänderung. Doch der Prozess hat den Status Quo bewahrt.“

Ex-Senator Nunn sagt, dass das Weiße Haus aber auch Fortschritte gemacht hat. So habe Obama zu einer verbesserten weltweiten nuklearen Sicherheit beigetragen, indem er andere Staatsführer dazu bewegt habe, Nuklearmaterialien besser vor Terroristen zu schützen.

Die Kostengrenze für die Fabrik in Kansas City von 700 Millionen Dollar wurde eingehalten. Doch andere geplante Erneuerungen sind begleitet von Verzögerungen und Kostenexplosionen. Hinter den öffentlichen Ausgaben stecken vor allem massive finanzielle Interessen, die eine größere Rolle spielen, als die Philosophie der Abrüstung.

Im April 2009 einigten sich die USA und Russland auf die schnelle Umsetzung des Abrüstungsabkommen New Start. Die Länder verpflichteten sich, ihre Bestände an strategischen Nuklearwaffen innerhalb von sieben Jahren um rund 30 Prozent zu senken. Russland hat diese Verpflichtung schon heute erfüllt.

Um aber die Zustimmung des Senats zu diesem Abrüstungsvertrag zu erhalten, verhandelte Obama im Jahr 2010 einen Deal mit den Republikanern, der die nuklearen Pläne der USA über die kommenden Jahrzehnte festlegt.

Die Budget-Behörde des US-Kongress schätzt die Kosten der nuklearen Erneuerung über die nächste Dekade auf 355 Milliarden Dollar. Doch das ist erst der Anfang. In zehn Jahren werden die Kosten explodieren. Denn dann erreichen viele Raketen, Bomber und U-Boote, die im vergangenen Jahrhundert gebaut wurden, das Ende ihrer Nutzungsdauer und müssen ersetzt werden.

„Dort ist all das wirklich große Geld“, sagte der frühere stellvertretende US-Verteidigungsminister Ashton B. Carter im vergangenen Jahr. „Im Vergleich dazu ist alles, was wir jetzt machen, billig.“

Vor dem Hintergrund der katastrophalen Haushaltslage der USA sind die Pläne zur Erneuerung des Atomwaffenarsenals ambitioniert. Ein überparteiliches Expertenteam sagte im Juli, dass man sich eine neue Generation von Raketen, Bombern und U-Booten nicht leisten könne.

Die zehn Experten, darunter der frühere Verteidigungsminister William J. Perrey, schätzten die Kosten auf bis zu 1 Billion Dollar. Diese Investitionen „würden wahrscheinlich zu Lasten der nötigen Verbesserungen der konventionellen Streitkräfte gehen“.

Eine Studie von General a.D. James Cartwright, einem ehemaligen Vorsitzenden des Vereinigten Generalstabs der USA, schlägt vor, die meisten der rund 3.500 amerikanischen Atomwaffen zu zerstören und nur etwa 900 Sprengköpfe zu behalten. Die aktuelle Militärplanung der USA halte nukleare Waffenbestände, „die viel größer sind, als zur Abschreckung heute nötig wäre“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...