Die Europäische Zentralbank hat aktuell gut 1.600 Mitarbeiter. Die Aufgabe, alle 6.000 Banken in der Eurozone zu überwachen, würde die Behörde in seiner heutigen Form überfordern. Es müssten zusätzliche Beamte angestellt werden. Dies ist die übereinstimmende Einschätzung von Experten, wie der britische Guardian berichtet. Wenn tatsächliche alle Banken von der EZB kontrolliert werden müssten, würde in Frankfurt eine neue Mammutbehörde entstehen.
Erst diese Woche wurden die Pläne der EU-Kommission für die neue Bankenaufsicht bekannt. Künftig soll die EZB umfassende Rechte bekommen und bei Fragen der Regulierung innerhalb der Europäischen Bankenaufsicht mit einer einzigen Stimme sprechen. Die Vormachtstellung die die EZB damit einnehmen würde, kritisieren einige EU-Mitglieder außerhalb der Eurozone (mehr hier).
Doch die neue Bankenaufsicht würde nicht nur zu einem stärkeren Ungleichgewicht führen, sie könnte die EZB auch überfordern: „Wie bei jeder Aufsichtsmaßnahme muss man aufpassen, dass man tatsächlich die Mittel hat, um diese Verantwortung zu erfüllen. Das ist die Diskussion, die jetzt geführt werden muss“, sagte EZB-Ratsmitglied und Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny.
Dies wird schnell deutlich, wenn man die heutige Organisation der Aufsichtsbehörden in der Europa genauer betrachtet. Denn in den einzelnen Ländern sind mit der Bankenaufsicht teilweise jetzt schon mehr Mitarbeiter befasst, als die EZB hat.
Die deutsche Aufsichtsbehörde BaFin etwa beschäftigt 2.100 Menschen. Sie verfügt damit über 500 Mitarbeiter mehr als die EZB, ohne dass man ihr besonders herausragende Erfolge im Kampf gegen Spekulation, Misswirtschaft oder Marktabsprachen anrechnen kann.
In anderen Euroländern wird ebenfalls mit einem enormen Personalaufwand der Finanz- und Bankenmarkt überwacht. In Spanien übernimmt diese Aufgabe die Nationalbank. Sie hat 2.686 Mitarbeiter, die zwar nicht alle mit der Regulierung des Bankensektors beschäftigt sind. Doch dies wirft ein Problem auf: Wie soll die Bankenaufsicht aus den gewachsenen Strukturen gelöst werden?
Werden die Banken künftig zentral aus Brüssel überwacht? Dies wird wohl schon rein arbeitsrechtlich nicht gehen. Die wenigsten Aufsichtsbeamten sind mit prekären Arbeitsverträgen ausgestattet, die es zulassen würden, die Aufseher samt Familien durch halb Europa umsiedeln zu können.
Für die neue Superbehörde EZB, wie sie sich EU-Kommissar Michel Barnier wünscht (mehr hier), wäre wohl auch das Machtsymbol – der neue EZB-Bau in Frankfurt – zu klein. Insgesamt achten in der Eurozone nämlich ungefähr 9.500 Personen darauf, dass der Bankensektor nicht völlig nach Belieben agiert.
Selbst wenn nur ein Bruchteil davon nach Frankfurt übersiedeln müsste, würde dies zu Problemen führen. Dass aber durchaus ein gewisses Personalkontingent aufgestockt werden müsste, zeigt der Vergleich mit Großbritannien.
Der attraktive britische Finanzplatz macht 3.400 Aufseher nötig. In den USA sind es mit 3.800 noch einmal mehr.
Interessant sind die teilweise unverhältnismäßig ausgestatteten Aufsichten anderer Euroländer. So hat zum Beispiel Österreich mit 336 Mitarbeitern bei der FMA nur unwesentlich weniger Personal zur Verfügung wie Frankreich. Es gibt 403 französische Aufsichtsorgane für Banken. Dafür haben Schwergewichte wie die BNP Parisbas oder die Credit Agricole dort ihren Sitz.
Malta, die Insel mit 420.000 Einwohnern gerade mal so große wie eine mittlere deutsche Kleinstadt, leistet sich immerhin 175 Bankenkontrolleure.
Nationale Bankenaufsichten nach Mitarbeiterzahl:
Spanien 2.686 (BdE, 2011)
Deutschland 2.100 (BaFin, 2012)
Slowakei 1.079 (NBS, 2010)
Irland 622 (CboI, 2011)
Italien 575 (CONSOB, 2010)
Niederlande 495 (AFM, 2011)
Luxemburg 406 (CSSF, 2011 – Zahl der Mitarbeiter stieg von 2010 auf 2011 um 12%)
Frankreich 403 (AMF, 2010)
Österreich 336 (FMA, 2011)
Belgien 275 (FSMA, 2011 )
Finnland 207 (Fin-FSA, 2011)
Malta 178 (MFSA, 2011)
Estland 74 (EFSA, 2011)
Slowenien 49 (ATVP, 2011)
Zypern 43 (CYSEC, 2010)
Griechenland x
Portugal x
USA: 3.844 (2011, SEC – US Securities and Exchange Commission)
GB: 3.439 (2011, FSA – Financial Services Authority)