Technologie

Thüringen: SPD stellt Weichen für ersten linken Ministerpräsidenten

Lesezeit: 2 min
20.10.2014 22:02
Der Vorstand der SPD in Thüringen hat entschieden, mit Bodo Ramelow den ersten linken Ministerpräsidenten in Deutschland zu wählen. Demnach käme 25 Jahre nach der Wiedervereinigung ein Kandidat der Linkspartei an die Macht, die zuvor als PDS die Nachfolge der SED angetreten hatte. Thüringen könnte auch als Modell für den Bund gelten, wo sich Sigmar Gabriel alle Optionen offen halten möchte.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

25 Jahre nach dem Fall der Mauer könnte es in Deutschland erstmals einen Ministerpräsidenten der Linkspartei geben: So lange hat die SED- und PDS-Nachfolgerin gebraucht, um vom politischen Establishment, vor allem aber von der SPD, für salonfähig gehalten zu werden. In anderen Bundesländern regiert die Partei schon lange mit, wenngleich sie nirgends den Ministerpräsidenten stellt. Thüringens SPD-Führung strebt einen Regierungswechsel zu einem rot-rot-grünen Bündnis unter dem Linken Bodo Ramelow an. Fünf Wochen nach der Landtagswahl empfahl der Landesvorstand der Sozialdemokraten am Montagabend einstimmig das neue Koalitionsmodell. Dem muss aber noch die Parteibasis in einer Mitgliederbefragung zustimmen.

«Wir gehen ein Experiment ein. Es ist ein Projekt, das es auf Bundesländerebene so noch nicht gab», sagte der designierte SPD-Vorsitzende Andreas Bausewein in Erfurt. Ramelow, der aus Niedersachsen stammt, sei für ihn kein typischer Linker.

Der SPD-Vorstand entschied sich damit gegen die Fortsetzung der seit 2009 bestehenden CDU/SPD-Koalition mit der CDU von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, die die Landtagswahl gewonnen hatte.

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) hat an die SPD-Mitglieder im Land appelliert, Rot-Rot-Grün noch zu verhindern. «Sie haben es nun in der Hand, der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen und zu verhindern, dass Thüringen sich durch eine von der Linken geführte Regierung ins Abseits manövriert und die erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre abreißt», erklärte Lieberknecht am Montagabend.

Zuvor hatte der SPD-Landesvorstand nach mehreren Sondierungsrunden sowohl mit der CDU als auch mit Linken und Grünen gegen eine Fortsetzung der Koalition mit den Christdemokraten votiert. Dazu werden nun noch die Mitglieder befragt. «CDU und SPD haben in den vergangen fünf Jahren belegt, dass sie gemeinsam für Thüringen mehr erreichen können», erklärte Lieberknecht. Auch für die kommenden fünf Jahre seien die Voraussetzungen dafür vereinbart. «Die Mitglieder der SPD können sich darauf verlassen, dass die CDU und ich persönlich an diesen Vereinbarungen festhalten und für eine stabile Regierung bereitstehen.»

Ausschlaggebend für die Koalitionsempfehlung seien die größere inhaltliche Übereinstimmung mit Linken und Grünen sowie die Erwartung auf mehr Stabilität dieser Koalition gewesen, erklärte Bausewein. Allerdings haben beide Koalitionsvarianten jeweils nur eine Stimme Mehrheit im Landtag. Bausewein informierte nach eigenen Worten Lieberknecht über das Votum.

In der SPD gab es in den vergangenen Wochen kontroverse Debatten, ob die Partei 25 Jahre nach dem Fall der Mauer als Juniorpartner für eine Regierung mit der Linken an der Spitze zur Verfügung stellen sollte. Die Linke war ihren möglichen Partnern weit entgegengekommen. Ihr Vorstand akzeptierte eine Erklärung, in der die DDR als Unrechtsstaat klassifiziert wird - gegen den Widerstand von Teilen der Mitgliedschaft. Auf der Erklärung hatten Grüne und SPD, die beide Wurzeln in der DDR-Bürgerrechtsbewegung haben, bestanden.

Die Entscheidung, mit wem im November förmliche Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden, fällt endgültig erst in der SPD-Mitgliederbefragung. Sie soll nach Angaben von Landesgeschäftsführer René Lindenberg an diesem Dienstag starten und voraussichtlich am 4. November ausgezählt werden. Zudem ist am Dienstag eine SPD-Basis-Konferenz in Weimar geplant, in der den Mitgliedern das Vorstandsvotum erklärt werden soll.

Die Sozialdemokraten hatten zwar bei der Landtagswahl am 14. September stark verloren und wurden nur knapp drittstärkste Partei. Ohne sie ist aber keine Regierungsbildung in Thüringen möglich. Kommt es zu Rot-Rot-Grün geht eine Ära zu Ende: 24 Jahre lang, seit der Wiedervereinigung, stellte die CDU in Thüringen den Regierungschef.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Die Grunderwerbssteuer: Was Sie unbedingt wissen sollten!
05.05.2024

Jeder, der in Deutschland ein Grundstück erwerben will, zahlt darauf Steuern. Vorne mit dabei: Die Grund- und Grunderwerbssteuer. Doch was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eli Lilly, Merck und Biontech: Deutschland behauptet sich als Pharma-Standort
05.05.2024

Mehr als 250.000 Beschäftigte sind in Deutschland allein in der Pharma-Industrie beschäftigt. Dass die Branche auch in naher Zukunft...

DWN
Finanzen
Finanzen Dispozinsen: Wie sie funktionieren und wie man sie vermeidet
05.05.2024

Dispozinsen können eine teure Überraschung für Bankkunden sein, die ihr Konto überziehen. Dieser Artikel erklärt, wie Dispozinsen...

DWN
Technologie
Technologie EU-China-Beziehung: Droht ein Handelskrieg um Elektroautos?
05.05.2024

Vor Xi Jinpings Besuch in Paris bekräftigt Deutschland seine Haltung im EU-China-Streit um E-Autos. Doch wie wird die EU reagieren?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Europameisterschaft 2024 am Arbeitsplatz streamen: Wie weit geht Arbeitgeber-Toleranz?
05.05.2024

Die Spiele der Europameisterschaft 2024 finden zu Zeiten statt, die nicht ideal für Arbeitnehmer sind. Einige Spiele starten bereits um 15...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handwerksbetriebe in Not: Geschäftslage trübt sich ein
05.05.2024

Die aktuelle Lage im Handwerk bleibt düster, mit einer spürbaren Verschlechterung der Geschäftslage im ersten Quartal 2024 aufgrund...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...